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Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition)

Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition)

Titel: Im Schatten der Lüge: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Marwood
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Mal in die Kantine geht. Harte, abschätzige Blicke richten sich auf den berühmt-berüchtigten Neuankömmling. Officer Hills stößt sie erbarmungslos am Arm vor sich her.
    Sie erreichen den Scheitelpunkt der ersten Steigung. Zwischen ihr und den Schienen ist nichts außer Luft, bevor es abwärts geht. Das Gefährt kriecht voran, gewinnt an Dynamik und kommt mit einem dumpfen Geräusch ungestüm zum Stillstand. Sie wird nach vorn in die Halterungen geworfen und hängt mit dem Gesicht nach unten über dem fünfunddreißig Meter tiefen Abgrund. Ihr Magen rebelliert. Die Frau neben ihr kichert nervös.
    Wach liegen. Es war in Blackdown Hills, wo sie lernte, nicht zu schlafen. Nachdem die Lichter gelöscht waren, begann die Jagdsaison: Mädchenbanden schlichen durch die Flure, und Außenseiter weinten vor Angst. Bel Oldacre, die wach im Dunkeln lag, bereit, sich durchzuboxen, horchte auf das Klicken und Kratzen von Metall, wenn sich irgendwer am Schloss zu ihrer abgesperrten Tür zu schaffen machte. Manchmal durchdrangen ein erstickter Schrei oder die Geräusche einer Verfolgungsjagd die Dunkelheit. Sie wussten, wer sie war. Natürlich. Wie viele zwölfjährige Mädchen gab es schon in staatlichen Anstalten, die sprachen wie die Queen?
    Ich kann da nicht wieder hin. Es würde mich umbringen.
    Der Wagon setzt sich wieder in Bewegung. Ihr Herz scheint den Brustkorb zu sprengen, und die Frau neben ihr stößt ein Heulen der Wonne und des Entsetzens aus. Der Nieselregen durchdringt die Luft wie eine Million Nadelstiche. Sie merkt, dass sie aus Angst die Zähne gefletscht hat. Die Schienen vor ihr verschwimmen, alles, was sie sieht, ist Leere und dann erscheinen– zunächst unglaublich weit entfernt, aber dann bei zunehmender Geschwindigkeit immer deutlicher– die unzähligen Steine am Strand von Whitmouth.
    Amber schreit.
    Als der Wagon am Ziel ankommt, ist sie ganz grün im Gesicht und fühlt sich schwach. Ihre Glieder sind weich wie Watte. Ihre Mitfahrer lachen, genießen den Kick und rufen: Klasse! Außergewöhnlich! Scheiße! Noch mal! Wenn ihr irgendwer befehlen würde, noch einmal einzusteigen, würde sie auf der Stelle tot umfallen, so viel weiß sie.
    Wieder fragt sie sich, was Jade wohl macht. Sie hatte doch einen Abgabetermin einzuhalten, und jetzt ist es fast schon dunkel; eigentlich müsste sie ihren Text jetzt also schon abgeschickt haben. Denkt sie an mich? Oder hat sie mich einfach vergessen? Mich als kleine Unannehmlichkeit am Rande abgeschrieben, um wieder in ihr geordnetes Leben zurückzukehren? Ihre Hände zittern. Langsam hört sie nicht mehr nur das Blut in ihren Ohren rauschen und registriert die Anfangstakte von » Could It Be Magic«. Demnach musste es schon fast halb acht sein.
    Wenn ich mich irgendwo auf einen Kaffee hinsetze, denkt sie, treffe ich vielleicht jemanden zum Plaudern. Um mich mit etwas Vertrautem zu beruhigen. Zumindest würde ich mich dann nicht mehr so mies fühlen und versuchen, auf Beinen zu stehen, die mich eigentlich gar nicht tragen wollen.
    Die anderen Fahrgäste sind schon verschwunden, sie ist die einzige auf der Plattform. Sie tastet sich an der Wand entlang, bis sie auf die Treppe stößt, und wankt hinunter, das Geländer fest umklammert.
    Ihr Weg zum Café führt sie am Schießstand, an der Geisterbahn, am trotz der Uhrzeit immer noch besetzten Kinderkarussell und am Autoscooter vorbei. Fast rechnet sie damit, Vic dort zu sehen, doch dann fällt ihr ein, dass er und Dave heute Abend zur Abwechslung ihren Dienst getauscht haben und an der Walzerbahn arbeiten. Stattdessen trifft sie auf Suzanne Oddie, die, so gut sie es mit ihrem Botoxgesicht vermag, die Stirn runzelt, als hielte sie angestrengt nach jemand Ausschau. Drei Schritte hinter ihr stehen drei Polizisten sowie ein weiterer Beamter, dessen Uniform ihn als ranghöheren Beamten ausweist.
    » Ah!«, ruft Suzanne, als sie Amber entdeckt. » Sie werden es wissen.«
    Amber erkennt den ranghöheren Polizisten wieder. Er war derjenige, der mit ihr und Jackie in der Nacht, als sie Hannah Hardy fand, zum Revier fuhr– ihnen Geleit gab, korrigiert sie in Polizeijargon und lächelt zum ersten Mal an diesem Tag. Er lächelt ebenfalls und begrüßt sie mit ihrem Namen. Suzanne wirkt überrascht, dann misstrauisch, dann quasselt sie weiter.
    » Ms Gordon kennt jeden«, erklärt sie.
    » Ja«, erwidert er, » das habe ich bemerkt.«
    » Suchen Sie jemand Bestimmten?«, fragt Amber.
    » Ja«, sagt Suzanne. » Victor Cantrell.

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