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Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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an dieselbe Stelle. Ein Junge, der nicht älter als sechzehn war, die Soldatenkappe fest auf den kleinen Kopf gedrückt, rollte eine Südstaatenflagge an einer hölzernen Stange auf und hielt sie in den Wind, wo sie zu flattern begann.
    Dann sah ich im Norden, wo der Himmel immer noch blau und nicht von Sturmwolken zugedeckt war, schwarze Rauchwolken aufsteigen wie Vögel mit gezausten Flügeln, und ich hörte den Widerhall von Donner in den Bäumen und zwischen den Holzhäusern auf der anderen Straßenseite.
    »Was ist das?«
fragte ich ihn.
    »Haben Sie das noch nie gehört, diese Stromschläge?«
    »Das sind Luftdetonationen, stimmt’s?«
    »Das ist die Artillerie von General Banks. Allerdings nimmt er das falsche Areal unter Beschuß. Die Granaten werden ein Dorf treffen, wo lauter Farbige leben. Haben Sie in Ihrem Krieg auch solche Dinge miterlebt?«
    »Ja, am Mekong. Dorfbewohner versuchten dem Sperrfeuer zu entkommen. In den Reisfeldern gerieten sie voll in die Schußlinie. Als wir sie begruben, sahen die Gesichter alle aus, als seien sie einem schrecklichen Wind zum Opfer gefallen.«
    »Dann wissen Sie also, daß es die Unschuldigen sind, um die wir uns am meisten sorgen müssen?«
    Bevor ich darauf antworten konnte, sah ich Cholo und den Mann ohne Hemd. Sie starrten herunter auf meinen Körper, die Gesichter von Regentropfen gerahmt. Julie zog den Beutel mit den Bällen fest zu und schwang ihn über die Schulter.
    »Einsteigen, Jungs«, sagte er.
    »Was ist passiert, Julie?« sagte Cholo. Er trug Tennisschuhe an den bloßen Füßen, ein gebatiktes Unterhemd und eine uringelbe Minibadehose, unter der sich hauteng die Genitalien abzeichneten. Darunter wucherte Haar, das wie kleine Stummel von Kupferdraht aussah.
    »Er stand dem Ball im Weg«, sagte Julie.
    »Der Typ hat echt ’ne schwere Beule im Haar«, sagte der Mann ohne Hemd. »Vielleicht sollten wir ihn ins Krankenhaus bringen oder so.«
    »Laß ihn da liegen«, sagte Julie.
    »Wir sollen ihn einfach hier liegen lassen?« sagte Cholo.
    »Es sei denn, du willst hier im Regen rumsitzen und warten«, sagte Julie.
    »Hey, komm schon, Feet«, sagte Cholo.
    »Wo ist das Problem?« sagte Julie.
    »Er ist kein so schlechter Kerl für einen Cop. Ihr kennt euch doch schon ewig, stimmt’s?«
    »Sein Mund hat Durchfall. Vielleicht hat er ja diesmal seine Lektion gelernt«, sagte Julie.
    »Yeah, aber das muß trotzdem nicht heißen, daß wir ihn nicht im Spital abladen können. Ich meine, ich find’s einfach nicht richtig, ihn hier in dem Scheißregen einfach so liegen zu lassen, Julie.«
    »Willst du vielleicht lieber auf eigene Rechnung arbeiten? Ist es das, was du mir zu sagen versuchst, Cholo?«
    »Nein, das hab ich nicht gesagt. Ich hab nur versucht, vernünftig zu bleiben. Das ist es doch, was du immer sagst. Warum sollen wir die Leute hier gegen uns aufbringen?«
    »Wir bringen hier niemand gegen uns auf. Selbst sein eigenes Department hält ihn für einen Saufkopf und eine Nervensäge. Er hat das bekommen, was er verdient hat. Kommt ihr jetzt oder nicht?« sagte Julie.
    Er öffnete den Kofferraum der purpurnen Cadillac-Limousine und warf den Beutel mit den Bällen mit lautem Schlag hinein. Der Pornodarsteller folgte ihm und wischte sich die Brust und das attraktive Gesicht mit seinem zusammengeknüllten T-Shirt. Cholo zögerte, starrte ihnen hinterher, dann löste er die mit Haken befestigte Markierung am ersten Mal und platzierte sie so vor meinem Gesicht, daß sie mich vorm Regen schützen sollte. Dann rannte er hinter den anderen her.
    Der blaue Himmelsstreifen im Norden war jetzt voller Rauchfetzen. Mit jeder Granate, die über dem Baumhorizont in der Ferne detonierte, konnte ich einen lauten Knall hören.
    »Was wollten Sie mir gerade sagen?«
sagte ich zum General.
    »Daß es die Unschuldigen sind, um die wir uns sorgen müssen. Und wenn es drum geht, sie zu schützen, sollten wir nicht zögern, auch wenn wir es unter schwarzer Flagge tun müssen.«
    »Ich versteh nicht recht.«
    »Ich habe das Gefühl, daß ich Sie vielleicht getäuscht habe.«
    »Inwiefern?«
    »Vielleicht haben Sie aus meinen Worten geschlossen, daß man Sie als eine Art Ritter auserwählt hat.«
    »Auf den Gedanken wäre ich nicht gekommen, General.«
    Sorge stand in seinem Gesicht, als verfüge er nicht über das rechte Vokabular, um seine Gedanken klar auszudrücken. Dann blickte er hinaus in den Regen, und ein melancholischer Ausdruck zog über seine Augen.
    »Mein wahrer

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