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Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Im Schatten der Mangroven (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Nacht.«
    Er holte Luft, dann machte er einen saugenden Laut mit den Lippen.
    »Nun, Sie waren nicht betrunken, und Sie sind nicht verrückt, also habe ich eine Theorie«, sagte er. »Als ich damals in den sechziger Jahren als Arzt im Charity Hospital in New Orleans begonnen habe, da habe ich Jugendliche behandelt, die haben sich aufgeführt, als ob ihnen jemand mit einer Lötlampe das Hirn geröstet hätte. Ich rede hier von LSD, Dave. Halten Sie es für möglich, daß eine dieser Hollywoodgestalten draußen am Spanish Lake Ihnen was in Ihr Dr. Pepper gejubelt hat?«
    »Weiß nicht. Vielleicht.«
    »Aus den Bluttests war nichts abzulesen, aber das ist nicht ungewöhnlich. Um LSD im Labor mit Sicherheit nachzuweisen, braucht man einen Gaschromatographen. Nicht viele Krankenhäuser haben so ein Ding. Wir jedenfalls nicht. Ist Ihnen schon mal etwas Vergleichbares widerfahren?«
    »Als meine Frau getötet wurde, fing ich wieder an zu trinken und hatte eine Zeitlang mit Halluzinationen zu tun.«
    »Das behalten wir aber lieber für uns.«
    »Machen Gerüchte über mich die Runde, Doc?«
    Er klappte seine schwarze Tasche zu und stand auf, um zu gehen.
    »Seit wann machen Sie sich denn Gedanken darüber, was andere Leute sagen?« sagte er. »Hören Sie zu, ich will, daß Sie noch ein paar Tage hierbleiben.«
    »Warum?«
    »Weil es bei Ihnen nicht graduell gewirkt hat, sondern wie ein Keulenschlag. Für mich ein beunruhigendes Indiz. Vielleicht hat Ihnen jemand eine wirklich satte Dosis verpaßt. Die Konsequenzen, die chemische Rückstände von solchen Drogen mit sich bringen können, Dave, machen mir etwas Sorgen. Ein verzögertes Streßsyndrom wäre durchaus möglich.«
    »Ich muß wieder an die Arbeit.«
    »Nein, das müssen Sie nicht.«
    »Ich werde mit dem Sheriff reden. Eigentlich bin ich überrascht, daß er noch nicht hier war.«
    Dr. Landry strich sich über das dichte Haar an seinem Unterarm und blickte auf den Wasserkrug und das Glas auf meinem Nachttisch.
    »Was ist?« sagte ich.
    »Ich habe ihn gerade vorher gesehen. Er hat gesagt, er hätte heute morgen eine halbe Stunde mit Ihnen geredet.«
    Ich starrte aus dem Fenster in den grauen Himmel und den Regen, der in die Bäume fiel. Vom Süden her donnerte es dröhnend, gefolgt von Echos. Die Fensterscheibe wackelte, und aus irgendeinem Grund sah ich vor meinem geistigen Auge regentriefende Soldaten, die im Schlamm um eine Geschützstellung herumglitschten. Sie reinigten mit einem Kanonenwischer den rauchenden Lauf, um anschließend eine neue Ladung von Ketten und verdrehten Hufeisen hineinzustopfen.
    In dieser Nacht konnte ich nicht schlafen, und am nächsten Morgen verließ ich das Krankenhaus und ging nach Hause. Der Arzt hatte mich gefragt, wie ich mich fühlte. Meine Antwort war nicht ganz wahrheitsgemäß gewesen. Ich fühlte mich leer, innerlich wie ausgespült, die Haut gummiartig und tot, und in meinen Augen flackerte ein gebrochenes Licht, das keine richtige Quelle zu haben schien. Ich fühlte mich, als hätte ich drei Tage lang Sour Mash getrunken und wäre mit einem Schlag völlig losgelöst von all den Feuern in mir, die ich genährt und angefacht hatte und von denen ich mit der religiösen Inbrunst eines Meßdieners abhängig war. Da war kein Schmerz, keine zerbrochenen Rasierklingen, die in meinem Gewissen herumfuhrwerkten; da war nur ein taubes Gefühl, als ob der Wind und die Schäfchenwolken und die Regenschauer, die über die Zuckerrohrfelder zogen, Teil eines merkwürdigen sommerlichen Phänomens wären, das ich von einem schalldichten Ort hinter einer Glaswand aus beobachtete.
    Ich trank Salzwasser, damit ich mich übergeben konnte, aß Händevoll von Vitaminpillen, bereitete mir Milchshakes mit Erdbeeren und Bananen, machte hinter dem Haus Dutzende von Liegestützen und Bauchpressen und rannte im Abendlicht der Dämmerung zahllose kurze Sprints, bis meine Brust nach Atem keuchte und meine Sporthosen schweißnaß an meiner Haut klebten.
    Ich duschte mit heißem Wasser, bis keines mehr im Tank war, hielt dann meinen Kopf für weitere fünf Minuten unter kaltes Wasser. Dann schlüpfte ich in ein frisches Paar Khakis und ein Jeanshemd und ging im herannahenden Abend draußen unter den Pecanbäumen spazieren. Die Marsch jenseits der Straße war von purpurnem Dunst überzogen, überall glommen Leuchtkäfer. Ein schwarzer Jugendlicher in einem Einbaum fischte mit einem Stock als Rute am Rand der Seerosen im Bayou. Das verschwindende rote Licht der

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