Im Schatten der Mitternachtssonne
und Gold, bis die Stimme des Weibes sie aus ihren Träumen riß. Ach da hinter dir ... Da ist sie, und sie sieht aus wie ein zänkischer, bösartiger Weibsteufel. Wie häßlich sie ist . . .«
Zarabeth fuhr herum und sah niemand. Magnus begann glucksend zu lachen. Sie spürte seine Hand leicht auf ihrer Schulter.
Seine Stimme wurde tiefer und ernst. »Du bist unbesonnen, Zarabeth. Das ist eine gefährliche Eigenschaft, aber ich werde dich diesmal nicht dafür schelten, obwohl ich erzürnt bin, daß du alleine zu mir kommst. Komm und laß dich ansehen.«
Lächelnd trat sie an ihn heran, lehnte sich an seine Brust und hob ihr Gesicht zu ihm hoch. »Ich wollte dich sehen. Ich hatte Sehnsucht nach deinem Gesicht.«
Seine Hände umfaßten ihre Oberarme. »Und deshalb kommst du allein und ohne Schutz zum Hafen und schreist meinen Namen? Was wäre, wenn ein anderer Mann deinen Ruf beantwortet hätte?«
Diese Möglichkeit wollte sie erst gar nicht in Betracht ziehen und sagte einfach: »Ich wußte, das ist dein Schiff. Es ist das schönste und größte. Es paßt zu dir, Magnus, mächtig und wild. Ich war nicht in Gefahr.«
»Deine Rede erstaunt mich und gefällt mir. Findest du mich wirklich wild?«
»Nein, ich meine grausam. Das klingt seltsam, aber es stimmt. Dein Schiff wirkt grausam in seiner Schönheit, wie du, sein Eigentümer, sein Herr.«
»Ich habe versprochen, dich nicht zu schelten, denn du gibst mir das Gefühl, ein Mann über anderen Männern zu sein. Du mußt wissen, Zarabeth, daß die Grausamkeit in meinem Wesen sich nie gegen dich richten wird. Wenn du mich erzürnst, werde ich dich einfach küssen.« Und er schlang seine Arme um sie, sein Umhang hüllte sie beide ein, und er zog sie an seine Brust. Sein Mund war warm und fest, und als sie ihm ihre Lippen nicht öffnete, strich seine Zunge sanft über ihre Unterlippe, zärtlich und fordernd, bis sie begriff, was er wollte und ihren Mund ein wenig öffnete. Es war ein wunderbares Gefühl, seine Zunge auf ihrer zu spüren, die Wärme seines Körpers an ihrem Körper. Seine großen Hände hielten sie eng an sich gepreßt. Sie spürte seine Schenkel an ihren, spürte die Härte seines Fleisches an ihrem Bauch.
»Magnus«, sagte sie in seinen offenen Mund und spürte, wie er erschauerte. Sie wunderte sich über die Macht, die sie auf ihn ausübte. Plötzlich glitten seine Hände zu ihren Hinterbacken. Er hob sie hoch, preßte sie hart gegen sich. Sie spannte sich bei seinem Übergriff, und er ließ sie los. Langsam glitt sie an seinem Körper nach unten, ganz langsam, bis ihre Füße den Boden unter sich berührten.
Er hob ihren Kopf und sah sie an. »Du atmest schwer, Liebes. Das gefällt mir. Und du hast recht. Alle meine Männer, und alle Männer auf den anderen Schiffen beobachten uns hinter den Dollborden. Jetzt träumen sie nicht mehr vom Plündern, sondern von schönen Frauen, die sie verführen. Morgen werde ich ihnen verkünden, daß du mir gehörst, und dann ist Schluß mit ihrem gierigen Blick und ihren losen Reden.«
Sie senkte den Blick. »Das ist freundlich von dir, Magnus. Eigentlich bin ich gekommen, um dich besser kennenzulernen. Ich habe Olav versprochen, ihm meine Entscheidung in drei Tagen wissen zu lassen. Er sorgt sich um mich und möchte nicht, daß ich vorschnell handle.« Sie machte eine Pause, bevor sie kichernd fortfuhr: »Er fürchtet, deine Männlichkeit raubt mir den Verstand, obwohl er das nicht direkt ausgesprochen hat. Ich hätte ihm sagen müssen, daß er recht hat.« Jetzt wurde sie wieder ernst. »Ich wollte dich sehen, Magnus, ob du wirklich der Mann bist, der mir den ganzen Tag im Kopf herumspukte.«
»Und bin ich es, Zarabeth?«
Sie lächelte, trat einen kleinen Schritt zurück, immer noch in seiner losen Umarmung und sah zu ihm hoch. Im fahlen Mondschein konnte sie seine Gesichtszüge deutlich erkennen. Sie studierte ihn ernsthaft, den Kopf zur Seite geneigt. »Du bist, wie du sein sollst, und für mich ist das vollkommen.« Ihre Fingerspitzen berührten sanft das Grübchen an seinem Kinn. »Auch das gefällt mir.«
Er hob eine dichte Augenbraue. »Ein Mädchen hat mir einmal gesagt, daß Odin mir den Daumen auf mein Kinn gedrückt hat, um mir seine Mißbilligung zu zeigen.«
»Hast du dem Mädchen weh getan, daß sie so böse Dinge sagen konnte?«
»Ja, das habe ich.« Seine Stimme wurde leise in der Erinnerung. »Sie hatte mich verführt. Sie war älter als ich, aber jünger als du jetzt bist, und ich war
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