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Im Schatten der Mitternachtssonne

Im Schatten der Mitternachtssonne

Titel: Im Schatten der Mitternachtssonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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    Magnus schüttelte Cyras Hand ab. Er wußte, wenn er sie anfaßte, würde er sie wahrscheinlich umbringen. Er trug Zarabeth in die dunkle Kammer und legte sie auf den Bauch. Behutsam befreite er sie von dem zerfetzten Gewand und löste die roten Haarsträhnen, die an den geschwollenen nässenden Striemen auf ihrem Rücken festklebten. Lotti stand leise wimmernd an der Tür, die kleine Faust in den Mund gesteckt, hatte Angst, näherzukommen.
    »Komm Lotti, und setz dich neben sie. Wenn sie aufwacht ...« Sie verstand nicht, was er meinte. Er hob die Kleine hoch und setzte sie neben ihre Schwester aufs Bett.
    Dann nahm er ihr Gesicht in seine Hände und sagte langsam: »Bleib bei ihr, und sei lieb zu ihr, wenn sie aufwacht. Hast du verstanden?«
    Lotti schluckte und nickte langsam. Ihr Gesicht war immer noch angstverzerrt. Magnus drehte Zarabeth behutsam zur Seite. Ein Peitschenhieb hatte knapp unter ihren Brüsten einen blutunterlaufenen Streifen hinterlassen. Er holte tief Luft und legte sie wieder auf den Bauch.
    Eldrid betrat die Kammer. Hinter ihr trug eine Sklavin ein Binsenlicht, das sie an einen Haken an der Wand hängte.
    Magnus wusch Zarabeths Rücken. Ohne seine Tante anzusehen, sagte er: »Berichte, was passiert ist.«
    »Ich bin zu alt für diesen Unsinn, Neffe«, sagte Eldrid. »Ich unterrichte das kleine Mädchen, wie du es mir aufgetragen hast. Aber die Schwester, das ist mir zu viel, Magnus. Ingunn haßt sie und möchte sie loswerden — oder sie tot sehen. Was sollte ich tun? Das Kind versuchte, der Schwester zu helfen, und Ingunn ließ ihre Wut an ihr aus. Was sollte ich tun?«
    Magnus wusch schweigend ihren wunden Rücken. »Hast du eine deiner Kräuterarzneien, um ihre Schmerzen zu lindern?«
    Eldrid schüttelte den Kopf. »Wacholderbeerensaft würde ihr guttun. Aber der ist aufgebraucht. Erst im Herbst kann ich wieder welchen machen. Sie ist jung, sie wird es überstehen.«
    Er haßte Eldrid in diesem Moment. Sie und seine Mutter Helgi konnten einander nicht ausstehen, deshalb war Eldrid vor fünf Jahren zu ihm gekommen. Sie hatte keinem Sohn das Leben geschenkt, der sich um ihr Wohlergehen sorgen konnte. Das Leben hatte sie bitter und hart gemacht. Nur Kinder vermochten ihr Herz zu erwärmen. Aber Lotti hatte sie nicht beschützt. Vielleicht hatte sie es versucht, aber sie war eine alte Frau, von Ingunn ebenso abhängig wie von ihm. Und Ingunn mußte sich wie ein Berserker aufgeführt haben. Behutsam tupfte er einen blutigen Peitschenstriemen an ihrer Hüfte ab. Dann fluchte er leise und anhaltend in sich hinein.
    Lotti starrte ihn an.
    »Zarabeth«, sagte Lotti und legte eine kleine Hand auf die Schulter ihrer Schwester.
    Magnus sagte langsam: »Sie wird bald wieder gesund, Lotti. Ich versprech es dir.«
    Kurze Zeit später kam Leben in Zarabeth. Wieso lag sie auf dem Bauch? Und im nächsten Augenblick spürte sie das Brennen auf ihrem Rücken. Dann fühlte sie seine Hand auf ihrem Arm, hörte seine Stimme an ihrem Gesicht. »Bleib ruhig liegen. Ich kann leider nichts gegen deine Schmerzen tun. Halt dich still und atme langsam und tief durch.«
    Ohne die Augen zu öffnen, sagte sie: »Lotti. Geht es ihr gut? Ingunn wollte sie auspeitschen, und ich . . . ich konnte sie nicht davon abhalten. Ich konnte mich nicht bewegen, um sie aufzuhalten.«
    »Ich habe Ingunn daran gehindert. Lotti geht es gut. Sie schläft hier neben dir.«
    »Danke.«
    »Du wirst keine Narben zurückbehalten.«
    Sie öffnete die Augen. »Ich hätte deine Schwester getötet, aber ich kam nicht vom Fleck. Sie hob die Peitsche gegen Lotti, und sie lachte wie eine Irre. Und dann ...« Sie schauderte.
    »Versuch zu schlafen.«
    »Ich habe Hunger. Damit hat alles angefangen. Ich hatte Hunger und wollte eine Schale Haferbrei essen.«
    »Ich bring dir zu essen.« Er erhob sich. Sie lag zerschunden auf dem Bauch, das Gesicht totenblaß und schmal, selbst ihr Haar schien seine Leuchtkraft eingebüßt zu haben.
    Er trat an die Kochstelle, über der glattgeschliffene Holzbretter an der Wand befestigt waren, auf denen Holzschalen, Becher, Löffel und Messer lagen. Er war sich der bangen Stille im Raum bewußt. Seine Männer starrten ihn an, die Frauen ebenso. Nur die Kinder lärmten unbeirrt im Hintergrund. Egill forderte gerade laut schreiend einen anderen Jungen zum Zweikampf auf.
    Ingunn stand hinter ihm und redete zischelnd auf ihn ein: »Glaub ihr nicht, Magnus. Sie lügt, ich weiß es. Sie hat sich mir widersetzt, hat die

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