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Im Schatten der Tosca

Im Schatten der Tosca

Titel: Im Schatten der Tosca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kaiser
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einen interessanten Fall. Elia stampfte zornig mit dem Fuß auf: »Das gibt es doch nicht! Das funktioniert wie eine Hundepfeife, da kommt diese Tonabfolge, und zack, schon heule ich los!«
    »Oder wie ein Code, der etwas knackt«, gab Jens Arne zu bedenken.
    »Ja, genau«, schnaubte Elia, »aber was kann ich dagegen tun, ich pass ja schon höllisch auf?«
    Jens Arne wiegte den Kopf: »Mhm, todtraurig ist die Stelle schon, aber das ist sicher nicht der Punkt, Sie sind es ja gewohnt, als Opernheldin zu verzweifeln. Manche denken bei solchen Knackstellen an etwas besonders Lächerliches, ihren verhassten Lehrer in Unterhosen oder an etwas anderes Trauriges, fallende Aktienkurse oder so. Vielleicht sollten Sie Ihrem Unterbewusstsein auch etwas zum Knabbern geben, das es vom todesträchtigen g-Moll und dem absteigenden chromatischen Tetrachord ablenkt.«
    »Und was soll das sein?«, rief Elia verzweifelt. »Natürlich ist diese Stelle unerträglich traurig, aber sie berührt nichts Persönliches in mir, da bin ich mir sicher, dagegen könnte ich mich irgendwie wappnen, wie damals bei der Tosca.«
    »Ich werde mir etwas einfallen lassen«, meinte Jens Arne.
    An diesem Abend fuhr der Groom bei der Kutschfahrt mit. Elia war immer noch ganz durcheinander. Jens Arne hingegen wirkte sehr aufgeräumt, er schnalzte kurz mit der Peitsche und trieb die Pferde an zum Galopp. An einem idyllischen Plätzchen, das Elia noch nicht kannte, machte er Halt. Unter einer Trauerweide, die sich zu einem Bach hinabneigte, breitete der Diener das Picknick aus, diesmal güldene Becher und eine mit Eisstücken gefüllte Schüssel, auf der Kaviar thronte. Das Arrangement tat seine Wirkung, Elia beruhigte sich, und nach einigen Gläschen Champagner wurde sie richtig vergnügt: »Ach, es wird schon irgendwie schiefgehen! Vielleicht fällt Ihnen irgendein Zauberwort ein.«
    Jens Arne füllte die Gläser noch einmal nach: »Vielleicht wirkt es ja. Aber vorher sollten wir ex trinken.«
    Auf dem Grund ihres Bechers entdeckte Elia einen Goldring mit einem Smaragd. Verwirrt fischte sie den Ring aus dem Becher: »Fast hätte ich ihn verschluckt!«
    Jens Arne schaute Elia tief in die Augen, noch nie hatte er das getan, und nach einer bedeutungsschweren Pause sagte er: »Elia, wollen Sie meine Frau werden?«
    Elia blieb vor Überraschung der Mund offen stehen, sie kniff ein paarmal die Augen zusammen, blinzelte, das Einzige, was sie überhaupt denken konnte war: »Verdammt, ich habe zu viel getrunken!«
    Jens Arne schaute sie immer noch unverwandt an, schließlich sagte er mit einem entschuldigenden Lächeln: »Es tut mir leid, ich fürchte, ich habe Sie erschreckt, mein Antrag kommt etwas abrupt. Zumindest für Sie, ich hätte ihn gerne schon letztes Jahr gestellt, aber das wäre doch etwas geschmacklos gewesen, oder?«
    Elia hielt es nicht mehr aus auf ihrem Kissen. Sie sprang auf, schlug die Hand an die Brust und atmete heftig aus. Dann schleuderte sie mit einem »Scusi, ich muss mich bewegen« die Schuhe von den Füßen, lief barfuß zum Bach, wo sie sich hastig ihre weiten Leinenhosen hochkrempelte und ins Wasser stakste. Eine Weile blieb sie dort stehen, dann bückte sie sich und schwappte sich ein paar Handvoll Wasser ins Gesicht. Einigermaßen nüchtern war sie jetzt wieder, aber klar denken konnte sie immer noch nicht.
    Jens Arne kam auf sie zu und half ihr ans Ufer: »Sie sind schön wie eine heidnische Göttin. Diana muss ausgesehen haben wie Sie.«
    Sie ließen sich wieder am Picknickplatz nieder, der Ring lag noch neben dem Becher. Jens Arne hob ihn auf und ergriff Elias Hand: »Was für feste kleine Hände Sie haben! Jetzt ist dieser Ring ein Freundschaftsring. Es liegt ganz bei Ihnen, ihm noch eine andere Bedeutung zu geben.« Mit diesen Worten steckte er Elia den Ring an den linken Ringfinger, wundervoll strahlte der Smaragd auf der gebräunten Haut.
    Elia drehte langsam die Hand hin und her: »Ein Smaragd, mein Lieblingsstein. Wie haben Sie das erraten?«
    »Ich sah ihn und fand, er gehört zu Ihnen«, erklärte Jens Arne ruhig.
    Er wollte Elia nachgießen, doch sie hielt die Hand über den Becher. In ihrem Kopf herrschte immer noch Konfusion, aber irgendetwas musste sie jetzt wohl sagen, und so fing sie an zu stammeln: »Maestro, wissen Sie . . .«
    Jens Arne winkte lächelnd ab: »Liebste Elia, Sie müssen meine Frage jetzt nicht beantworten, ich wollte sie nur ganz egoistisch einmal loswerden, aber Sie um Gottes willen nicht damit unter

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