Im Schatten der Tosca
wurde auch die Madrider Affäre wieder aufgewärmt, mit Fotos, auf denen Carlos keine gute Figur machte.
In Elias Hotel trafen jeden Tag wohlmeinende Briefe ein,Trostworte, Glückwünsche, Ratschläge aller Art. Und Blumen, Blumen, Blumen, Jens Arnes Rosensträuße verschwanden dahinter fast. Wunderlich und rührend, fand Elia, die Opernnarren nahmen ihr also die Trennung von ihrem Idol nicht übel.
Zum Glück tat auch diesmal der Bühnenzauber seine Wirkung, dem Singen schienen private Querelen nichts anhaben zu können. So empfand es auch das Publikum und dankte mit herzlichem Applaus. Nach dem fünfzehnten Vorhang kniete Carlos spontan vor Elia nieder, die eine Hand schuldbewusst vor der Brust, die andere nach ihrer Hand ausstreckend, die sie ihm dann auch lachend zum Handkuss überließ. Da kannte der Jubel kein Ende mehr.
Am nächsten Tag erschien in der Boulevardpresse ein Foto dieses Kniefalls mit der Unterschrift: »Versöhnung doch möglich? Wir hoffen weiter!« Auch Elia hoffte, nämlich dass Jens Arne diesen Schwachsinn niemals zu Gesicht bekommen möge. Sie war zwar unschuldig an all den schillernden Spekulationen, doch bei den Männern mit ihren verschrobenen Ehrbegriffen konnte man nie wissen, ein Südländer hätte wohl bereits den Dolch gewetzt. Wie es in Jens Arne, dem Schweden, der sich betont britisch-zurückhaltend gab, wirklich aussah, davon hatte Elia keine Ahnung, dafür kannte sie ihn noch zu wenig. Und doch schon gut genug, um bereits den Verdacht zu hegen, dass sich das womöglich niemals ändern würde.
Falls sie bis zum nächsten Engagement noch Zeit hatte, flog Elia normalerweise von Spanien nach Rom oder Neapel. Jetzt reiste sie von Barcelona über Madrid nach London weiter, in ihr neues Heim. Der Chauffeur holte sie mit dem Rolls-Royce am Flughafen ab, eine gewohnte Szene inzwischen, und doch war Elia enttäuscht, als er ihr erklärte: »Maestro Holsteen lässt sich tausendmal entschuldigen, er hat noch Probe, wird aber zum Abendessen anwesend sein.« Zwar hatte Elia Verständnis, aber irgendwie hatte sie sich vorgestellt, wie JensArne sie erwartete, ihr zuwinkte, am Ende gar mit einer prächtigen Rose, warum sollte es nicht auch einmal kitschig zugehen, wenn der Gatte seine Gattin nach der ersten Trennung abholen kam?
Elia ließ sich Zeit mit dem Auspacken, das lichte Umkleidezimmer mit den geräumigen Schränken und dem anschließenden großen Bad gefiel ihr von ihren Räumen am besten. Sie zog sich ein schlichtes, flaschengrünes langes Kleid an, das sie besonders liebte, und ging hinüber ins Speisezimmer. Jens Arne kam im gleichen Augenblick durch eine andere Tür herein und eilte auf sie zu: »Darling, es tut mir so leid, dass ich dich nicht abholen konnte, aber übermorgen ist das Konzert, und ich bin noch nicht ganz zufrieden. Ich hätte die Probe gerne verlegt, aber so was kannst du vergessen: die Gewerkschaften. Alles tanzt hier nur nach ihrer Pfeife, ich hab überhaupt nichts zu sagen!«
Elia lachte: »Du Ärmster, das muss ja schrecklich für dich sein!«
Er nickte heftig: »Ja, das ist es, schrecklich, ganz schrecklich. Aber wie ist es dir gegangen? Ich habe eine gute Kritik gelesen, du musst mir beim Essen alles genau erzählen.«
Auch wenn sie nur zu zweit waren, aßen sie in dem herrschaftlich eingerichteten, düsteren Speisesaal, allerdings saßen sie sich am oberen Kopfende des Tisches gegenüber und nicht, wie auf den Karikaturen von würdevoll erstarrten Schlossbesitzern, an den beiden meterweit voneinander entfernten Tischenden.
»Wunderschön siehst du aus, das Grün steht dir prächtig«, lobte Jens Arne, um dann rasch wieder auf die Konzertproben und die verhassten Gewerkschaften zu kommen, untermischt mit »Aber dir ist Spanien offenbar bestens bekommen« oder »Jetzt solltest du aber eine Weile dableiben, Darling« und ganz kurz »Wie ging es denn mit Carlos? Was treibt er so? Ist er immer noch so schön?«. Was sollte Elia dazu sagen, zumal Jens Arne bereits über die kommenden Tage weitersprach:»Morgen bin ich den ganzen Tag außer Haus, ich muss dich sogar am Abend alleine lassen. Und übermorgen ist das Konzert, mach dich so schön, wie du kannst, ganz London soll mich um dich beneiden. Lord Peter und Lady Jane werden neben dir sitzen und sich deiner annehmen, reizende Leute, du kennst sie ja schon. Anschließend ist ein kleiner Empfang, Prinzessin Margaret wird wohl auch kommen.«
Du lieber Gott, das hatte Elia noch gar nicht bedacht! Nach ihren
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