Im Schatten der Tosca
mehr der gehobenen Mode gemäß.
Hier bewährte sich wieder einmal die Marquise, die Elia bereits bei einem Pariser Aufenthalt in die heiligen Hallen der Coco Chanel eingeführt hatte, auf die sie unverdrossen schwor. Bei der nächsten Gelegenheit arrangierte sie dort eine kleine Privatvorführung und riet Jens Arne, auch mitzukommen. Der konnte mit dem Ergebnis höchst zufrieden sein, und Elia fand sich im Besitz diverser Kleidungsstücke wieder, gegen die sie im Grunde nichts einzuwenden hatte, außer dasssie selbst sie sich nie ausgesucht hätte. Gutes Material, kluge Schnitte, die Kostümchen waren sogar bequem, aber doch so etwas wie eine Uniform, samt den Blüschen, den ewig gleichen Pumps mit der hellen Kappe, dem gesteppten Täschchen, den vielen langen Ketten, das alles gehörte ja auch noch dazu. Da die Sachen nun einmal da waren, zog sie sie auch an, eher wie ein Theaterkostüm, und Jens Arne machte ihr Komplimente. Immer mehr passte sich Elia den Damen seiner feinen Entourage an.
Aber sie war nun doch neugierig geworden und besuchte jetzt auf eigene Faust in Paris Modeschauen, ohne Marquise und nicht bei Chanel. Da sie das Kühne, Originelle, Schwungvolle liebte, klare Farben, verfiel sie rasch dem Zauber von Yves Saint Laurent. Sie wurden einander vorgestellt und fanden sich auf Anhieb sympathisch, hier hatten sich zwei verwandte Künstlerseelen gefunden, scheu und zugleich wagemutig. Er bewunderte Maler wie Picasso, Braque und Matisse und übertrug Teile aus ihren Bildern – Vögel, Gitarren, Gesichter – auf seine Kreationen und schuf so neue Kunstwerke, die beim Tragen in der Bewegung wie lebendig erschienen. Für Elia war es der Coup de foudre, spontan erstand sie eines dieser Traumkleider und dazu noch einen Abendsmoking und einen rassigen, schmalen Mantel. Schon die erste Kollektion hatte Elia, sie, die modisch immer Unbekümmerte, modesüchtig gemacht! Mit dem ihr eigenen Perfektionismus stürzte sie sich in ihre neue Leidenschaft, und da die schönen Roben eine rundum makellose Erscheinung verlangten, hatte sie plötzlich nichts mehr dagegen, ihre widerborstigen Haare dem Willen des gestrengen Maître Alexandre zu unterwerfen.
Eigentlich hätte Jens Arne jubeln müssen, denn Elia entsprach nun endlich seinem Frauenideal. Aber ganz so einfach war es nicht, womöglich hatte Professor Higgins zu gute Arbeit getan. Elias ausgesuchte und doch selbstverständlich wirkende Eleganz verunsicherte Jens Arne, war ihm nicht geheuer: Solche Frauen stellten Ansprüche, gehorchten nichtmehr den bewährten Spielregeln des Patriarchats. Instinktiv schien ihm sogar, Elias lässig zusammengestellte, unkonventionelle Kombinationen hätten ihr doch sehr gut gestanden, ja, letzten Endes besser zu ihr gepasst.
Elia war mit dem, was sie im Spiegel zu sehen bekam, durchaus zufrieden. Manches konnte noch verbessert und ergänzt werden, sie brauchte Handschuhe, neue Handtaschen, Schuhe. Also machte sie sich auch in anderen Modehäusern wie Balenciaga und Ungaro auf die Suche. Obwohl sie überlegt und wählerisch blieb und nicht in einen Kaufrausch geriet, füllte sich ihr großes Ankleidezimmer zusehends. Warum kniete sich Elia in diese Äußerlichkeiten so hinein, mit so viel Inbrunst und Eifer, warum, für wen?
Als Jens Arne ihr ankündigte, sie seien auf eine Kreuzfahrt durch die griechische Inselwelt eingeladen, galt ihre erste Sorge ihrer Garderobe. Was zog man an auf einer Luxusjacht? Stöckelschuhe waren verboten, so überlegte sie sich, aber sonst? Sie wühlte in ihrem Ankleidezimmer, nichts schien zu passen, zu dunkel, zu kompakt, zu städtisch, ein paar von ihren alten luftigen, lichten Sommersachen, die ihr zufällig auch in die Hände gerieten, entsprachen ihren Vorstellungen noch am ehesten. Es half nichts, sie musste zu Yves nach Paris fahren.
Schließlich ging Elia an Bord mit mehreren Koffern voller modischer Köstlichkeiten. Viel Flatterndes, Fließendes, inspiriert durch die Reiseroute, Voile, Chiffon, Crêpe de Chine, in den Farben des Himmels und des Meeres oder in klassischem Weiß. Als Schuhwerk den Statuen und Vasenbildern abgeschaute Sandalen und bestickte Pantöffelchen. Gegen kühle Abendwinde hauchzarte Schals und Capes aus Kaschmirwolle oder Abendjäckchen mit Pailletten über und über bestickt. Ein paar Hoffnungen und gute Vorsätze hatte sie auch noch im Gepäck: sich erholen und ausschlafen, sie fühlte sich wirklich urlaubsreif. Und im Übrigen viel mit Jens Arne zusammen sein, das
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