Im Schatten der Vergeltung
höhnisch auf. »Ja, das mag wohl stimmen, denn er war weniger kalt und unnahbar wie sein sauberer Vater, mein Stiefvater. Mein leiblicher Vater starb bei einem Unfall, als ich noch ein Baby war. Warum Mutter so bald den erstbesten Engländer heiraten musste, habe ich nie verstanden. Bereits als Kind spürte ich die Ablehnung dieses Mannes. Nein, er war niemals ungerecht oder brutal zu mir, sondern einfach nur gleichgültig. Er hatte meine Mutter gewollt und mich als unliebsame Zugabe mitbekommen. Wir mussten in England leben. Als ich mit vierzehn Jahren erfuhr, Foster wäre gar nicht mein leiblicher Vater und meine Wurzeln lägen in Schottland, nahm ich den Namen meines richtigen Vaters an und machte ich mich noch am selben Tag in meine Heimat auf.«
Über seine lange Rede vergaß Maureen ihre Besorgnis. Sie begann zu verstehen.
»Darum magst du also keine Engländer und verachtest schottische Frauen, die einen Engländer zum Mann nehmen.«
Er nickte grimmig. »Ich habe viele Jahre meines Lebens in einem Land verschwendet, das es nicht wert ist, auch nur einen Fuß hineinzusetzen.«
»Und trotzdem bist du nach London gekommen und hast zu deinem Stiefbruder Kontakt aufgenommen«, gab Maureen zu bedenken.
Er zuckte mit den Schultern.
»Geschäfte. Ein Bekannter bat mich, vor Ort ein paar Erkundigungen über die East India Company einzuholen. Er möchte investieren, bis aber Nachrichten über die Rentabilität in den Norden dringen, können sie überholt oder verfälscht sein. Foster ist mir dabei von nicht unerheblichem Nutzen.«
»Und? Ist eine Investition rentabel?«
Die Frage entlockte Alan ein schallendes Lachen.
»Immer noch die gleiche Maureen! Ich wette, alle Damen deiner illustren Palastgesellschaft wären jetzt in Ohnmacht gefallen. Zu deiner Beruhigung: Ich muss jedem von einer Beteiligung abraten. Im Augenblick scheint es eine gute Sache zu sein, die Anteile werden auch noch zwei, drei Monate steigen, dann aber wird es unweigerlich zum Zusammenbruch kommen. Das ist noch nicht alles. Meine Recherchen haben ergeben, und das ist das Bedenklichste an dem ganzen Geschäft, dass windige Leute sich den Aufschwung zunutze machen und leichtgläubige Männer mit der Aussicht, schnell ihr Geld zu vervielfachen, hinters Licht führen. Sie legen den Interessenten gefälschte Bilanzen mit viel zu hohen Gewinnausschüttungen vor und drängen auf einen raschen Aktienkauf, den sie aus Zeitgründen selbst abwickeln. Die Einzigen, die an dem Geschäft verdienen, sind die Betrüger, die sich dann mit ihrem Gewinn aus dem Staub machen.«
Maureen glaubte ihm jedes Wort. Woher er solche Informationen bezog, war ihr unbekannt, sie wusste jedoch, dass man sich auf Alans Aussagen verlassen konnte. Für Geldangelegenheiten besaß er nicht nur ein gutes Gespür, sondern hatte auch den richtigen Weitblick. Beinahe war es wieder wie früher: Sie diskutierte mit Alan McLaud über Aktienanlagen. Automatisch rückte sie ein Stück zur Seite. Alan hatte sie längst losgelassen, es wäre ein Leichtes für Maureen, einfach aufzustehen und zu gehen, das wollte sie aber gar nicht mehr. Andererseits durfte Alan die Vollendung ihres Planes nicht gefährden.
»Ich denke, wir sollten langsam zum Grund unseres Treffen kommen«, sagte sie bestimmt.
Alan lächelte. »Ich kann mir denken, du hast unruhige Stunden mit Überlegungen, ob ich deine Tarnung wohl auffliegen lassen werde, verbracht. Nun, Maureen, mein Schatz, ich gebe zu, es hätte mir eine gewisse Genugtuung beschert. Ich hätte dich noch einige Tage zappeln lassen sollen. Ich weiß zwar nicht, was du vorhast und warum du dir einen solch außergewöhnlichen, jedoch klangvollen, Namen zugelegt hast, eines kann ich dir aber versichern: Ich habe keinen Grund, Willard Foster in irgendeiner Weise zu schonen.«
»Wieso glaubst du, ich würde nicht alles für das Wohl Fosters tun? Schließlich bist auch du der Meinung, er würde in naher Zukunft mein Ehemann werden.«
Spöttisch zog Alan eine Augenbraue in die Höhe.
»Maureen, du tust niemals etwas ohne plausiblen Grund. Vielleicht möchtest du ihn tatsächlich heiraten, dann aber nur, um von seinem gesellschaftlichen Status und seinem Geld zu profitieren. Was ist eigentlich aus deinem richtigen Ehemann geworden? Hast du dich seiner zwischenzeitlich entledigt oder planst du, Bigamistin zu werden?«
»Du bist ein ...!«
»Pst! Eine Lady benutzt solche Ausdrucke nicht! Von mir aus kannst du Foster bis aufs Hemd ausziehen.«
»Das
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