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Im Schatten der Vergeltung

Im Schatten der Vergeltung

Titel: Im Schatten der Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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steckte.
    »Danke Ma’m.« Blitzschnell drehte er sich um und stob davon.
    Maureen schloss die Tür und öffnete noch in der Halle den Brief. Zuerst erkundigte sich Philipp nach Lauras Zustand, dann schrieb er ein paar Zeilen über den anbrechenden Frühling in Cornwall, und dass es auf einer nahegelegenen Farm einen Brand gegeben hatte. Bisher kein Wort über Frederica. Maureen ging in den Salon, setzte sich und las in der unbestimmten Ahnung, dass etwas geschehen sein musste, mit unruhig klopfendem Herzen weiter:
    ... und nach reiflichen Überlegungen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es für uns und in erster Linie für Frederica das Beste ist, wenn wir uns trennen. Unsere Tochter soll Dich immer in guter Erinnerung behalten, daher werde ich ihr die Wahrheit verschweigen. Ich habe ihr gesagt, Du wärst an einer Lungenentzündung gestorben und hast nicht lange leiden müssen. Du kannst versichert sein, Frederica trauert sehr um Dich, aber ich bin an ihrer Seite und tue alles in meiner Macht stehende, um sie zu trösten. Frederica ist jung, sie wird Dich zwar niemals vergessen – was sie auch nicht soll –, der Schmerz über Deinen Verlust wird sich aber bessern.
    Maureen glaubte, sich in einem Alptraum zu befinden und es kam niemand, der sie weckte. Sie las diesen Abschnitt immer und immer wieder, die Worte veränderten sich aber nicht. Sie las weiter:
    Versuche mich zu verstehen, Maureen. Du wirst im ersten Moment meine Handlungsweise nicht nachvollziehen können, ich bin jedoch überzeugt, Du wirst bald einsehen, dass ich vor allen Dingen das Wohl unserer Tochter im Sinn haben muss. Sie ist als Lady geboren und auch so erzogen worden. Ich muss dafür sorgen, meinem einzigen Kind ein standesgemäßes und sorgloses Leben zu bieten. Da darf kein Skandal ihre Herkunft beflecken.
    Durch den » Trauerfall « in der Familie ist eine Eheschließung zwischen ihr und George Linnley vorerst ausgeschlossen, etwas, dass Du sicher begrüßen wirst. Lady Esther ist von dieser Verbindung immer noch nicht begeistert, aber die Gesundheit der Verwandten, die Lady Esther als ihre Schwiegertochter auserkoren hat, gestattete es bisher nicht, nach Cornwall zu reisen. Ich werde versuchen, Lady Esther zu überzeugen, dass ein junges und durch und durch gesundes Mädchen wie Frederica die bessere Wahl ist, als eine Frau, die seit Monaten kränkelt.
    Frederica und George haben nun Zeit, sich besser kennenzulernen. Es wird sich zeigen, ob Linnleys Gefühle für Frederica stark genug sind, um sich gegebenenfalls auch gegen den Willen seiner Mutter für sie zu entscheiden. Falls dem so ist, werde ich Frederica keine Steine in den Weg legen.
    Mir wurde ein Posten im Oberhaus angeboten, den ich mit Freude angenommen habe. In London wurde ich Lord Thurlow, dem Großsiegelbewahrer des Landes, vorgestellt. Als er davon hörte, dass ich gerade meine Frau verloren habe, hatte er wohl Mitleid und ich wurde in sein Heim eingeladen. Aus dieser Begegnung ist eine gute Bekanntschaft entstanden, und Lord Thurlow ist zu meinem Gönner und Förderer geworden. Mir stehen nun Wege offen, von denen weder mein Vater noch ich jemals zu träumen gewagt hätten. Du siehst, Dein Ableben hat viel Gutes bewirkt.
    Selbstverständlich brauchst Du Dir über Deine finanzielle Situation keine Sorgen zu machen. Ich habe Mr. Pepys eine größere Summe angewiesen, die in einigen Tagen bei ihm eintreffen sollte. Das Leben in Schottland ist günstig, und Du wirst mit dem Geld lange auskommen. Du hast natürlich auch die Möglichkeit, Dich neu zu vermählen. In diesem Fall wäre es sinnvoll anzugeben, Deine Papiere seien bei einem Brand vernichtet worden. Deine Geburt und Deine Taufe müssen ja noch im Kirchenregister von Tamnavoulin verzeichnet sein. Gerade in Schottland nimmt man es mit solchen Dingen nicht so genau.
    Als Letztes habe ich noch eine Bitte: Lege den Namen Trenance ab. In England trägt allein meine Familie diesen Namen. Es ist zwar unwahrscheinlich, dass Dir jemand begegnet, dem der Name Trenance geläufig ist, wir müssen jedoch ausschließen, dass jemand Fragen stellen könnte, und jegliches Aufsehen muss vermieden werden. Es versteht sich von selbst, dass Du Schottland nicht verlassen und niemals wieder den Kontakt zu Frederica suchen wirst. Denke immer daran: Sie hält Dich für tot und an der Seite Deiner Mutter begraben.
    Ich danke Dir für die angenehmen Jahre, die wir zusammen verbringen durften, wir wissen aber beide, dass unsere Heirat ein

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