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Im Schatten der Vergeltung

Im Schatten der Vergeltung

Titel: Im Schatten der Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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...«
    »Nein!«
    Schärfer als beabsichtigt schnitt Maureen ihm das Wort ab. Sie hauchte Alan noch einen flüchtigen Kuss auf die Wange und lief aus dem Haus, ohne einen Blick zurückzuwerfen. Er machte keine Anstalten mehr, sie aufzuhalten. Minuten später rumpelte der Karren in nordwestlicher Richtung aus der Stadt hinaus. Die trutzige Festung auf dem Felsen lag im gleißenden Sonnenlicht, aber heute hatte Maureen keinen Blick dafür. Die Person, die im April 1781 die schottische Hauptstadt verließ, hatte nichts mehr mit der Frau gemein, die nur wenige Monate zuvor voller Lebensfreude und Zuversicht in ihr Einzug gehalten hatte.

7. Kapitel
    Trenance Cove, Cornwall, April 1781
    D ie Meeresbrise spielte mit Fredericas offenem Haar, das im hellen Sonnenlicht wie gesponnenes Gold glänzte. Sie saß in der kleinen Bucht im Sand, lehnte mit dem Rücken an einem von der Sonne erwärmten Felsen und beobachtete die Wellen, die in gleichmäßigem Rhythmus an den Strand rollten. Zum ersten Mal seit Wochen empfand Frederica ein Gefühl von Frieden und Ruhe. Der Winter, der dem Landstrich zwar milde Temperaturen, aber auch viel Regen beschert hatte, war endlich vorüber. Heute war der erste richtige Frühlingstag. Blumen und Bäume erwachten zu neuem Leben, der ewige Kreislauf von Tod und Leben hatte wieder begonnen. Frederica seufzte. Auch sie musste wieder in die Zukunft blicken und ein neues Leben beginnen. Niemals würde sie den verhängnisvollen Tag kurz nach Weihnachten vergessen, als Vater ihr mit ausdruckslosem Gesicht mitteilte, ihre Mutter wäre gestorben.
    »Lungenentzündung«, hatte er gesagt. »Deine Großmutter Laura schreibt, Mutter habe nicht lange leiden müssen. Ihr Körper war offenbar den harten Witterungsbedingungen in Schottland nicht gewachsen.«
    Seitdem war kaum ein Tag vergangen, an dem Frederica sich nicht Vorwürfe gemacht hatte, ihre Mutter im Stich gelassen zu haben, und ihre Trauer war unerträglich. Zuerst hatte sie geweint und geschrien, dann hatte sie tagelang apathisch im Bett gelesen und nichts mehr gegessen. Es wäre ihre Pflicht gewesen, in Schottland zu bleiben, genau wie es Maureens Pflicht gewesen war, bei Laura zu bleiben. Maureen war nicht so selbstlos gewesen, ihre Mutter im Stich zu lassen, und das hatte sie jetzt mit ihrem eigenen Leben bezahlt.
    Frederica schlug die Hände vors Gesicht. Der kurze Moment des Friedens war vorbei. Tränen quollen zwischen ihren Fingern hervor. Sie allein war an Mutters Tod schuld! Sie, Frederica, hatte das kalte, unwirtliche Land verlassen wollen, weil sie sich langweilte. Weil sie die Trennung von George nicht länger ertragen wollte. Weil sie lieber die Feste, die während des Winters in Cornwall in den herrschaftlichen Häusern gegeben wurden, besuchen wollte, als einer Sterbenden zur Seite zu stehen. Sie war egoistisch und selbstsüchtig gewesen. Solange sie lebte, würde sie sich diese Schuld nicht vergeben können.
    »Mama!«
    Der Wind trug den leisen Ausruf, in dem tiefe Verzweiflung und Seelenqual lag, auf das Meer hinaus.
    »Frederica, meine Liebe.«
    Zuerst meinte sie, der Wind hätte ihr einen Streich gespielt, als sie ihren Namen hörte, dann fiel ein Schatten über sie.
    »George!«
    Wie schön, dass er hier war. Keinen anderen Menschen auf der Welt hätte sie in diesem Moment an ihrer Seite ertragen.
    Wie immer war George Linnley korrekt und elegant gekleidet. Ungeachtet seiner eierschalenfarbenen Kniehose setzte er sich neben Frederica auf einen Felsen.
    »Dein Vater sagte, ich würde dich am Strand finden.« Er sah ihr prüfend ins Gesicht und hob mit zwei Fingern ihr Kinn. »Du hast wieder geweint?«
    Frederica nickte und senkte den Blick.
    »Ich habe sie einfach im Stich gelassen ...«
    »Frederica, es war nicht deine Schuld! Niemand trägt irgendeine Schuld daran, was geschehen ist. Du hast getan, was dir als das Richtige erschien. Selbst wenn du bei ihr geblieben wärst, hättest du gegen die Krankheit nichts ausrichten können.«
    »Sie wäre nicht alleine gestorben.«
    Sanft strich George über ihr vom Weinen geschwollenes Gesicht.
    »Sie war nicht allein. Ihre Mutter war bei ihr.«
    »Ob meine ... Großmutter ... wohl noch lebt?« Es fiel Frederica immer noch schwer, in Laura ihre Großmutter zu sehen. »Nachdem sie uns mitgeteilt hatte, dass ... nun ... nach dem Brief ... Ich habe ihr geschrieben, sie hat mir aber nicht geantwortet.«
    George las kleine Steinchen aus dem Sand auf und warf sie ins Wasser.
    »Soviel ich

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