Im Schatten des Dämons
Verbrecher nicht ewig festhalten.“
Während Julia das Telefon ihrer
Nachbarin benutzte, kümmerte sich Gaby um die Bewußtlose.
8. Signal vom Dämon
Zur gleichen Stunde, aber in einem
anderen Stadtteil, trommelte der Regen gegen Tiggels Fenster.
Der Ganove mit den geölten Haaren saß
vor dem Fernsehapparat, trank die zweite Flasche Bier und sah sich eine Serie
an, die schon zum fünften Mal wiederholt wurde.
Weil er alles genau kannte, schweiften
seine Gedanken ab. Würde Kolbes Plan mit der Firma Knete-und-Manni gelingen?
Das Telefon klingelte.
Tiggel schaltete am Fernseher den Ton
leise, griff zum Hörer und meldete sich.
Ein monotones Klopfen kam aus dem
Telefonhörer.
„Wer... ist...“, Tiggel spürte, wie
seine Lider schwer wurden. Schläfrigkeit füllte den schmalen Schädel.
„...dort?“
Das Klopfen wurde lauter.
Tiggel schloß die Augen, dachte nichts
mehr und schien im Stehen zu schlafen.
„Ich…“, flüsterte eine heisere Stimme,
„bin dein Dämon. Der Dämon! Dein Dämon! Du kennst meinen Befehl. Du erstickst,
wenn du ihn nicht befolgst. Also gehorche!“
Wieder erklang das Klopfen.
Dann wurde aufgelegt am anderen Ende
der Leitung.
Tiggels Hand mit dem Hörer sank herab.
Der Regen war schwächer geworden. Kein
Blitz mehr, kein Donner.
Tiggel schlurfte durch die Wohnung.
Er trug ein quergestreiftes T-Shirt,
dachte jetzt gar nichts mehr, stieß versehentlich die zweite Bierflasche um und
merkte es nicht.
Tiggel stand unter Hypnose — und
handelte ohne eigenen Willen.
Im Schlafzimmer hob er die Matratze an.
28 000 Mark steckten in einem Umschlag
— Geld, das aus Verbrechen stammte.
Tiggel nahm den Umschlag, zog seinen
Blouson an, setzte eine Schlägermütze auf und verließ die Wohnung.
Er ging zwei Straßen weit.
Der Himmel war immer noch dunkel. Aber
es nieselte nur.
Den Weg zu dem Hof hätte Tiggel auch
mit verbundenen Augen gefunden.
Mehrmals war er schon hier gewesen,
immer nachts, immer ohne zu wissen, was er tat.
Auch jetzt tappte er zu der großen
Mülltonne an der Hauswand, öffnete den Deckel und schob den Umschlag mit seinem
gesamten Vermögen hinein.
Von der dunklen Gestalt, die ihn,
Tiggel, aus dem Hintergrund beobachtete, merkte er nichts.
Er trollte sich nach Hause.
Als er seine Wohnung betrat, hob sich
der Schleier vom Gehirn. Tiggel konnte wieder denken, aber in seiner Erinnerung
fehlte ein Stück: die letzten 20 Minuten.
Der verwunderte Blick richtete sich auf
die nassen Schuhe. Auch Blouson und Mütze waren feucht.
Tiggel hob die umgeworfene Bierflasche
auf, ging ins Schlafzimmer und sah die hochgeklappte Matratze.
„Verdammt!“ murmelte er. „Jemand war
hier. Irgendein Schweinekerl hat mich beklaut.“
*
Gaby atmete auf. Johanna Demschlag, die
nette Dame mit der blonden Löckchenfrisur, kam wieder zu sich.
Gaby hatte die Frau nach
Erster-Hilfe-Regel zurechtgebettet und ständig den Puls kontrolliert.
Johanna stöhnte auf, seufzte, blickte
verständnislos umher, schrie dann auf — weil die Erinnerung sich einstellte —
und begann zu weinen.
Gaby und Julia knieten neben ihr.
Nach und nach konnten sie die Frau
beruhigen.
„Ich war... zum Einkaufen weggegangen“,
berichtete Johanna. „Sonst komme ich ja nie so früh zurück. Aber wegen des
Gewitters. Ich... habe alles in die Küche gebracht, den Schirm und das Cape ins
Bad. Gerade wollte ich ins Wohnzimmer — da hörte ich ein Geräusch. Es kam von
hier, aus dem Schlafzimmer. Ich dachte, ein Fenster wäre offen und der Wind
hätte was umgeweht. Aber der... der Mann war hier. Mit einer Tüte über dem
Kopf. Ich glaube, ich habe geschrien. Dann hat er sich auf mich gestürzt und
mir den Mund zugehalten. Ich bin wohl bewußtlos geworden, ja? Ich weiß nicht,
ob vor Schreck oder aus Luftmangel.“
„Wir hörten sie schreien“, sagte Julia.
„Und dann...“
Sie berichtete.
„Und?“ fragte Johanna. „Hat es geklappt?
War es rechtzeitig? Hat Dotz ihn eingefangen?“
„Keine Ahnung“, sagte Gaby. „Wir wissen
noch gar nichts. Auch die Polizei und der Arzt sind noch nicht da.“
Mit Hilfe der beiden konnte Johanna
sich aufrichten.
Sie wackelte noch etwas in den Knien, aber
gesundheitlicher Schaden war nicht entstanden.
Im Schlafzimmer sah es wüst aus.
Der Verbrecher hatte Schränke und
Schubläden aufgerissen.
„Mein Gott!“ flüsterte Johanna. „Das
ganze Geld ist weg. Ich hatte 4000 Mark in dieser Kassette.“
Anklagend hielt sie den kleinen
Behälter in
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