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Im Schatten des Feuerbaums: Roman

Im Schatten des Feuerbaums: Roman

Titel: Im Schatten des Feuerbaums: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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malen.
    »Ja«, sprach sie laut vor sich hin, »ohne dich hätte ich nicht gemalt …«
    Sie verstummte, erkannte, dass sie etwas Falsches gesagt hatte. Ohne ihn hätte es dieses konkrete Bild nicht gegeben – aber gemalt hätte sie trotzdem, weil sie immer schon gemalt hatte, lange bevor sie ihn kannte.
    »Dieses Bild hat mir ein wenig über den Verlust hinweggeholfen, aber gemalt habe ich schon immer, schon als kleines Kind. Weil das mein größtes Talent ist. Weil das einfach … meins ist«, sagte sie unwillkürlich.
    Victorias Worte kamen ihr in den Sinn, einst im Streit ausgesprochen und von ihr fast als Beleidigung aufgefasst, obwohl sie doch nur die Wahrheit verhießen: Du kannst ihn nur als die, die du bist, lieben. Wenn du dich ihm zuliebe verstellst, liebst du ihn nicht wirklich.
    Sie ließ Victorias Worte unausgesprochen und sagte stattdessen mit fester Stimme: »Ich werde nie aufhören, an Tiago zu denken und um ihn zu trauern. Aber ich werde auch nie wieder aufhören, zu malen. Komme, was wolle. Nie. Keiner kann mich davon abbringen. Keiner mir einreden, dass dieses Opfer notwendig ist.«
    Nach diesem Bekenntnis wollte sie sich abwenden und wieder in ihr Zimmer gehen, als sie von der Treppe her erst polternde Schritte, dann aufgeregte Stimmen hörte. Sie eilte zur Tür und befürchtete schon, dass Christopher erwacht war und sich der Streit der Eheleute Wellington fortsetzte, doch dann erkannte sie, dass es Victoria war, die da hochgelaufen kam und immer wieder ihren Namen rief.
    Aurelia wollte ihr entgegentreten, als sie bereits in den Raum stürmte und das Licht anmachte. Aurelia zuckte zurück, so grell schien es in die Augen. Sie hatte sich nach wie vor nicht an dieses elektrische Licht gewöhnt, das – ganz anders als in Patagonien – bei Tages- und Nachtzeit in Sekundenschnelle das Haus erleuchtete.
    Sie kniff die Augen zusammen und sah darum nur die Umrisse von Victoria, nicht ihr Gesicht. Und da war jemand bei ihr, seiner Größe nach zu schließen ein Mann, doch auch für ihn war sie blind. Er war auf der Türschwelle stehen geblieben, verharrte dort.
    Victoria packte sie am Arm. »Aurelia, versprich mir, dass du dich zusammenreißt, dass du ganz ruhig bleibst. Werd mir nur nicht ohnmächtig, ja? Ich weiß, es wird ein Schock sein …«
    Eine eisige Hand griff nach Aurelia. Ihr erster Gedanke galt Tino. War mit ihm alles in Ordnung? Schlief er etwa nicht wohlbehalten in seinem Bett?
    »Tino!«, stieß sie tonlos aus. »Ist etwas mit Tino?«
    Ihre Augen gewöhnten sich an das grelle Licht, sie sah nun ganz deutlich, wie Victoria den Kopf schüttelte. »Nein, mit Tino hat das nichts zu tun, sondern mit …« Sie brach ab, atmete tief ein: »Wenn ich damals gewusst hätte, wer er war, dann hätte ich dir so vieles ersparen können. Aber ich habe ihn damals in Santiago doch niemals kennengelernt und …«
    Ihre Stimme ging in Lärm unter. Christopher war von Victorias Rufen geweckt worden und kam im Schlafrock auf den Gang geeilt, wobei er sich kaum aufrecht halten konnte, sondern torkelte. Er war nicht länger rot, sondern ganz grün im Gesicht. Kate – die plötzlich ebenfalls herbeigeeilt kam – fauchte ihn an, er solle gefälligst im Bett bleiben, woraufhin er darauf bestand, dass er erst wissen wolle, was hier vor sich ginge. Den beiden folgten etliche Dienstboten, und auch Tino lugte aus seinem Zimmer.
    Aurelia sah, dass er nackte Füße hatte, und wollte ihn zurück ins Bett schicken. Doch als sie auf die Tür zuschritt, fiel ihr wieder der Mann auf, der an Victorias Seite hochgekommen war, erst starr auf der Schwelle stehen geblieben war, nun aber gebannt auf das Bild starrte – ihr Bild, Die Farben Chiles. Seine Augen waren weit aufgerissen, als würde er eine göttliche Erscheinung sehen.
    Aurelia sah ihn an, und ehe sie ihn erkannte, ehe sie diese gleichzeitig vertrauten, dennoch fremden Züge einordnen konnte, stieg eine Ahnung in ihr auf. Ihr Magen verkrampfte sich, ihre Hände wurden schweißnass, ein Kribbeln überlief ihren Körper.
    »Nein«, stammelte sie tonlos, »das ist nicht möglich.«
    Zunächst war sein Blick auf das Bild gerichtet, dann glitt er auf sie, zurück zum Bild, wieder auf sie. Die Stimmen verkamen zu einem Rauschen, und der Boden schien unter ihren Füßen zu wanken, als die Wucht der Erkenntnis sie wie ein Schlag traf.
    Doch anders, als Victoria befürchtet hatte, wurde sie nicht ohnmächtig. Sie trat auf ihn zu – im gleichen Augenblick wie

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