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Im Schatten des Feuerbaums: Roman

Im Schatten des Feuerbaums: Roman

Titel: Im Schatten des Feuerbaums: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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verändern!«
    Kalte Furcht ergriff Aurelia.
    Victoria!, fiel ihr wieder ein.
    Ganz auf ihr eigenes Leben fixiert, hatte sie völlig vergessen, aus welchem Anlass sie Tiago gesucht hatte!
    Nun stieg das Bild ihrer Gefährtin vor ihr auf, wie sie Franciscos Pistole in der Hand gehalten, wie sie Aurelia mit kaltem Blick gemustert hatte – und schließlich der kichernden Rebeca gefolgt war. Ein Zittern überlief ihren Rücken, und so tief ihr Entsetzen auch war – sie war fast dankbar für dieses Gefühl, das sie von den Gedanken an Tiago ablenkte.
    »Ich muss aussteigen!«
    »Bist du verrückt, Mädchen?«, rief Andrés ungläubig. »Doch nicht hier!«
    Ungeachtet seiner Worte stürzte sie zur Tür und rüttelte an dem Griff. Sie schien zu klemmen, doch als sie sich mit aller Macht dagegenwerfen wollte, zog Andrés sie zurück.
    »Du kannst hier nicht raus! Es ist zu gefährlich!«
    Vorhin, da er ihre Hand gehalten hatte, hatte sie sich wie gelähmt gefühlt. Nun erwachte glühender Zorn. »Fass … mich … nicht … an!«, sagte sie mit tiefem Groll.
    In ihrem Blick musste eine eigentümliche Macht liegen, denn als sie ihn anstarrte, ließ er sie tatsächlich los und sank auf seinen Sitz.
    »Fass mich nie wieder an!«, wiederholte sie, diesmal nicht ganz so langsam, aber nicht minder grollend.
    Erst blitzte Kränkung in seiner Miene auf, dann Überdruss. »Du wirst es noch lernen, dass du besser auf mich setzt – und nicht auf Tiago.«
    Wieder rüttelte sie an der Tür, diesmal gab sie nach, und sie stürzte hinaus, um den berittenen Polizisten zu folgen.

    Victoria hielt die Pistole fest umklammert, aber es war ihr unmöglich, damit auch zu schießen. Das Gedränge war zu dicht, um im Voraus zu bestimmen, wen sie treffen würde. Und selbst wenn sie sich hätte sicher sein können, dass es einer der Polizisten gewesen wäre – sie konnte doch niemanden verletzen, geschweige denn einen Menschen töten!
    Hilflos sah sie zu, wie die Männer auf Rebeca einprügelten. Diese drehte ihren Kopf so gut wie möglich zur Seite, war wendig wie immer, entkam den kräftigen Fäusten dennoch nicht jedes Mal.
    »Schieß doch!«, brüllte sie und spuckte Blut. »So schieß doch endlich!«
    Victoria wollte ihr so gerne helfen, aber sie konnte es nicht. Die Pistole entglitt ihrer schweißnassen Hand; völlig erstarrt beobachtete sie, wie sie auf den Boden fiel, ohne sich bücken und sie wieder aufheben zu können. Wieder erhob einer der Männer seine Faust, zielte diesmal auf Rebecas Nase, und Victoria glaubte schreckerfüllt, dass er nichts Geringeres vorhatte, als ihr das feine Gesicht zu zertrümmern. Irgendetwas tun, um ihn aufzuhalten, konnte sie trotzdem nicht. Rebeca schrie nicht mehr, lachte nicht, sondern keuchte nur. Doch ehe der Mann zuschlagen konnte, kam wie aus dem Nichts Jiacinto auf ihn zugestürmt. Offenbar war er in seinem Handel als Sieger hervorgegangen. Von hinten fiel er den Mann an, riss seine Arme zurück und befreite Rebeca auch von den anderen mit Fußtritten. Kurz blieb sie gekrümmt am Boden, dann gewann sie ihre Fassung wieder, sprang auf und erhob nun ihrerseits die Faust, um den Mann in den Magen zu schlagen. Ein ersticktes, gurgelndes Geräusch ertönte, das Victoria widerwärtig war. Sie schloss die Augen, hätte sich am liebsten auch die Ohren zugehalten – und musste doch mit anhören, wie sich Rebeca nun wütend an sie wandte.
    »Wolltest du etwa zuschauen, wie er mich umbringt?«, schrie sie.
    Victoria öffnete die Augen wieder, aber konnte nichts anderes, als sie starr anzusehen – verwirrt, ängstlich und fassungslos über diesen Ausbruch an Gewalt.
    »Was bist du doch feige!«, zischte Rebeca. »Zu gar nichts taugst du!«
    Sie hob die Hände, und kurz vermeinte Victoria, sie würde auch sie schlagen, doch stattdessen bückte sie sich, ergriff die Pistole und stürmte zurück an Jiacintos Seite, der ihren Angreifer mittlerweile halb totgeprügelt hatte. Blut floss aus seinem Mund, sein Hemd war aufgerissen.
    Ehe er ihm einen weiteren Schlag versetzte, hielt er plötzlich inne und lauschte. Victoria hörte es nun auch – noch mehr Pferdegetrampel, noch mehr Rufe, die weitere berittene Polizisten, vielleicht sogar schwer bewaffnete Soldaten ankündigten.
    »Weg!«, brüllte Jiacinto. »Weg von hier!«
    In Rebecas Gesicht stand keine Angst, nur blanke Mordlust – und einen Augenblick lang fürchtete sich Victoria vor ihr mehr, als sie sich je vor einem Menschen gefürchtet hatte,

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