Im Schatten des Fürsten
Canim-Klinge biss sich fast vollständig durch das Eichenholz. Der Cane riss das Schwert frei und schwang es erneut. Der Speerschaft verbog sich.
Killian trat nun schweigend in den Kampf ein. Mit seinem Stock schlug er dem Cane auf den Schwertarm, wodurch der nächste Hieb Tavi verfehlte. Das Schwert des Maestros ging nieder und durchtrennte unten am Bein des Cane die Sehne, und der Wolfskrieger taumelte zur Seite. »Sie sind durchgebrochen!«, rief Killian und hielt Tavi den Knauf seines Schwertes entgegen. »Rückzug!«
Tavi nahm das Schwert, gehorchte und half dem angeschlagenen Ritter Miles zurück zur hinteren Tür. Killian duckte sich
unter einem Angreifer hindurch und landete mit dem Stock einen Treffer auf der empfindlichen Nase des Cane, dann zog er einen Beutel aus der Tasche und streute Sand und Eisenspäne in die Luft. Er ballte eine Hand zur Faust, und dabei stöhnte er vor Anstrengung. Plötzlich erhob sich ein kleiner Sturm und wehte den Canim Sand und Metall in Augen und Nasen. Das würde sie vermutlich nicht lange ablenken und auch keinen nachhaltigen Schaden anrichten, aber es gab den Verteidigern genug Zeit, um die Treppe hinunterzueilen. Nachdem alle durch die Tür hindurch waren, warf Faede sie zu und legte die Riegel vor, ehe er selbst zurücksprang.
»Das wird sie nicht lange aufhalten«, keuchte Tavi. Er blickte die Treppe hinunter, wo Kitai gerade vorsichtig Max auf den Stufen absetzte. Gaius war noch an seine Pritsche gebunden. Weder der eine noch der andere rührte sich.
»Gleichgültig«, erwiderte Miles, der ebenfalls schwer atmete. »Auf der Treppe sind unsere Chancen größer. Sie müssen sich uns einzeln stellen. Auf die Weise halten wir länger durch.«
»Wir kämpfen abwechselnd«, sagte Killian. »Miles, dann ich, dann du, Tavi. Aber zuerst bringt ihr Gaius zurück in die Meditationskammer.«
»Max auch?«, fragte Tavi.
»Nein«, sagte Killian. Seine Stimme klang rau. »Lass ihn hier.«
Tavi starrte den blinden Maestro an. »Wie?«
»Wenn diese Wesen glauben, sie hätten Gaius ermordet, werden sie sich vielleicht nicht bis nach unten durchkämpfen«, sagte Killian.
»Du willst … Herr, aber Max … Er ist bewusstlos. Er kann sich nicht verteidigen.«
»Er wusste, worauf er sich einlässt, als er sich in diese Gestalt verwandelt hat«, meinte Killian leise.
»Darf ich ihn wenigstens nach unten bringen?«, fragte Tavi. »Wenn es uns gelingt, sie zu überlisten, genügt es doch, wenn er im Vorraum liegt.«
Killian überlegte und nickte schließlich. »Nimm die Marat und den Sklaven zu Hilfe, und dann komm so schnell wie möglich zurück. Wird dein Sklave kämpfen?«
Tavi schluckte. »Gefallen wird es ihm bestimmt nicht, Herr. Aber wenn es sein muss, ruf ihn.« Er sah Faede über die Schulter an und suchte seinen Blick. »Er ist sehr treu.«
»Sehr gut«, sagte Killian. »Miles, was ist passiert, als du gegen dieses Wesen gekämpft hast? Ich dachte, du hättest es erwischt.«
»Hatte ich auch«, antwortete Miles. »Es muss irgendeine Form von Hexerei gegen mich eingesetzt haben. Eine Sekunde lang sah ich nicht eins, sondern drei von seiner Sorte, und das hat mich abgelenkt.«
»Deine Verwundungen?«, fragte Killian.
»Es hat mir ein Auge ausgestochen«, sagte Miles ruhig. »Damit bin ich beim Angriff eingeschränkt.«
»Hast du das Ding getötet?«
Miles schüttelte den Kopf. »Wohl kaum. Ich habe den Hals getroffen, aber es hat nicht so heftig geblutet, wie es sollte. Möglicherweise ist diese Königin besser davongekommen als ich.«
Über ihnen wurde die Stahltür durch einen heftigen Stoß erschüttert.
»Tavi«, sagte Killian scharf. »Nach unten mit dir. Miles, versuch gar nicht erst, sie niederzustechen. Verteidige dich einfach nur und zieh dich immer zurück, sobald es notwendig wird. Verschaff uns die Zeit, die die Wache braucht, um zu uns vorzudringen.«
»Verstehe«, sagte Miles grimmig. »Tavi, gib mir dein Schwert.«
Tavi reichte dem Hauptmann das Schwert, das er hielt, und Miles trug nun in jeder Hand eine Waffe. Er schwang beide kurz, nickte und wandte sich der Tür zu.
»Los, Tavi«, sagte Killian leise. »Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren.«
48
Fidelias klopfte zweimal an die Türe, die zu den Gemächern der Fürstin Aquitania führte, zögerte kurz und öffnete. »Fürstin«, grüßte er.
Fürstin Aquitania stand vor dem großen Kamin des Raums. Sie war nackt, wenn man von der Seidenrobe absah, die sie sich mit beiden Händen vor die
Weitere Kostenlose Bücher