Im Schatten des Fürsten
breiten sich die Vord schneller aus, als wir sie finden und vernichten können. Wenn Riva also nicht sofort reagiert, müssen wir selbst handeln.«
Aric nickte, wirkte jedoch nicht glücklich. »Wie kann ich helfen?«
»Kehre heim zu deinem Wehrhof«, schlug Amara vor. »Fülle alle Behälter mit Trinkwasser, bereite Wannen für die Heiler vor, dazu Verbände und was man so braucht. Wir werden unseren Angriff von Aric-Hof aus führen, wenn wir das Nest entdeckt haben.«
»Gut«, sagte Aric und erhob sich. »In diesem Fall würde ich gern sofort aufbrechen.«
»In der Dunkelheit könnte es gefährlich werden«, warnte Amara.
»Ich werde einen weiten Bogen um den Berg schlagen«, meinte Aric. »Mein Platz ist bei meinem Hofvolk.«
Bernard sah ihn fest an und nickte dann. »Pass gut auf dich auf, Wehrhöfer.«
Man verabschiedete sich, und Aric verließ das Arbeitszimmer.
Nachdem die Tür sich hinter ihm geschlossen hatte, wandte sich Amara an Isana und reichte ihr einen Briefumschlag.
»Was ist das?«, erkundigte sich Isana.
»Eine Einladung zum Winterend-Fest, von der Krone.«
Isana zog die Augenbrauen hoch. »Aber das beginnt schon in ein paar Tagen.«
»Wenn ich recht verstanden habe, hat Seine Majestät bereits mehrere Ritter Aeris losgeschickt, die dich abholen sollen.«
Isana schüttelte den Kopf. »Ich fürchte, ich kann nicht kommen.
Vor allem nicht angesichts der Gefahr durch die Vord. Jeder Heiler wird gebraucht.«
Amara runzelte die Stirn. »Das ist eigentlich nicht nur eine Einladung, Wehrhöferin Isana. Du wirst in der Hauptstadt dringend erwartet. Denn du bist gewissermaßen zu einem Zankapfel geworden.«
Isana blinzelte. »Ach, tatsächlich?«
»Ja, in der Tat. Indem er dich in die gleiche Stellung erhoben hat wie die männlichen Angehörigen des niederen Adels, hat Gaius stillschweigend eine Gleichberechtigung von Mann und Frau eingeführt. In der Folge verlangen die Frauen nun Rechte, die ihnen zuvor verwehrt blieben. Andere nutzen die Gelegenheit schamlos aus. So besteuern manche Städte inzwischen den Handel mit weiblichen Sklaven genauso hoch wie den mit männlichen. Das Sklavenhändler-Konsortium ist wütend und verlangt ein Gesetz, das den alten Zustand wiederherstellt, und die Dianische Liga kämpft dagegen an.«
»Ich verstehe nicht, warum ich deshalb an dem Fest in der Hauptstadt teilnehmen soll.«
»Im Senat beginnt das Gleichgewicht der Kräfte zu wanken. Gaius braucht die Unterstützung der Dianischen Liga, wenn er verhindern will, dass es zu einer Katastrophe kommt. Er möchte dich also auf dem Fest allen im Reiche präsentieren, um zu zeigen, dass du ihn unterstützt.«
»Nein«, entgegnete Isana trocken. »Ich habe hier wichtigere Pflichten.«
»Wichtiger als die Stabilität des Reiches?«, fragte Amara milde. »Meine Güte. Du musst sehr dringende Angelegenheiten zu erledigen haben.«
Isana erhob sich abrupt, kniff die Augen zusammen und fauchte: »Ich muss mir nicht von einem Kind sagen lassen, welche Pflichten die wichtigeren sind.«
Bernard stand auf und starrte Isana erschrocken an. »’Sana, bitte.«
»Nein, Bernard«, widersprach Isana. »Ich bin nicht Gaius’
Schoßhündchen, das durch den Reifen springt, wenn er mit den Fingern schnippt.«
»Natürlich nicht«, stimmte Amara zu. »Aber du bist die einzige Person, die seine Position so stärken und damit verhindern kann, dass im Reich ein Bürgerkrieg ausbricht. Und genau aus diesem Grunde hat jemand befohlen, dich umzubringen - oder ist dir der Gedanke noch nicht gekommen?«
Bernard legte Isana eine Hand auf die Schulter, doch Amaras Worte trafen sie wie eiskaltes Wasser. »Bürgerkrieg? Ist es schon so weit?«
Amara strich sich müde das Haar aus dem Gesicht. »Die Wahrscheinlichkeit wächst mit jedem Tag. Das Sklavenhändler-Konsortium wird von mehreren Städten des Südens unterstützt, der Norden und die Schildmauerstädte halten dagegen zur Dianischen Liga. Gaius benötigt unbedingt weiterhin eine Mehrheit im Senat, und dafür braucht er die Dianische Liga. Darüber sollte ich dir Bericht erstatten und dich anschließend mit deinem Bruder in die Hauptstadt begleiten.«
Isana setzte sich wieder. »Aber die Lage hat sich gerade entscheidend verändert.«
Amara nickte. »Falls es stimmt, was Doroga über die Vord berichtet, stellen diese Wesen eine immense Bedrohung dar. Wir müssen uns unverzüglich darum kümmern, deshalb bleiben Bernard und ich hier und kommen so bald wie möglich
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