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Im Schatten des Fürsten

Im Schatten des Fürsten

Titel: Im Schatten des Fürsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim Butcher
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Stimme vom Dach der Sänfte. Horatio setzte sich auf, rutschte ab, fiel zu Boden und fluchte aus Leibeskräften.
    Rolf lief zur Treppe, schnaufte bereits nach wenigen Schritten heftig und starrte nach unten. Kurz darauf blickte er sich zu Serai um und schüttelte niedergeschlagen den Kopf.
    »Das wird dich deinen Rang kosten!«, brüllte Horatio und stand auf. Überall zeigten Cives des Reiches grinsend oder lachend auf den schlaftrunkenen Subtribun. Die wenigsten hatten etwas von dem versuchten Mordanschlag mitbekommen.
    Serai war blass geworden, und Isana sah ihr den Schrecken an, spürte ihn jedoch auch mit Bächleins Hilfe. Die Kurtisane stand auf und reichte Isana die Hand. »Bist du verletzt?«
    »Nein«, antwortete Isana. Sie taumelte und verlor im böigen Wind das Gleichgewicht, wobei sie beinahe eine große Frau in rotem Kleid und schwarzem Mantel umgestoßen hätte. »Entschuldigung. Serai, wer war das?«
    »Ich habe keine Ahnung«, sagte Serai. Ihre Hände zitterten, die Augen hatte sie weit aufgerissen. »Ich habe Flecken auf seiner Tunika gesehen. Erst im letzten Moment habe ich erkannt, dass es sich um Blut handelt.«
    »Wie?«
    »Das erkläre ich dir später. Bleib einfach ganz dicht bei mir.«
    »Was machen wir jetzt?«
    Die Kurtisane kniff die Augen zusammen, und Trotz trat an Stelle der Angst. »Wir verschwinden hier so schnell wie möglich, Wehrhöferin«, sagte Serai. »Halte gut nach allen Seiten Ausschau und komm mit.«

14
    »Sehr gut«, erklärte Maestro Gallus in seiner nörgelnden Tenorstimme. »Die Zeit ist um.«
    Tavi fuhr mit dem Kopf vom Tisch hoch und blinzelte benommen in den Hörsaal. Fast zweihundert Akademe saßen an niedrigen Tischen in ordentlichen Reihen auf dem Boden und schrieben emsig auf lange Papierstreifen.
    »Schluss jetzt«, rief Gallus erneut, nun deutlich ungeduldiger. »Hört auf zu schreiben. Wenn ihr jetzt noch nicht fertig seid, werden euch die paar Worte auch nicht mehr weiterhelfen. Gebt eure Arbeiten nach links hin ab.«
    Tavi rieb sich den Mund und verschmierte Speichel auf dem Ärmel seiner grauen Tunika. Der untere Teil seines Blatts war leer. Er wartete, bis der Stapel mit den eingesammelten Arbeiten ihn erreichte, dann gab er ihn zusammen mit seiner Arbeit an Ehren weiter. »Wie lange war ich weg?«, flüsterte er.
    »Die letzten beiden Aufgaben«, antwortete Ehren und schob das Papier rasch zusammen, ehe er es weitergab.
    »Meinst du, der Rest reicht, um zu bestehen?«, fragte Tavi. Sein Mund fühlte sich klebrig an, und vor Müdigkeit tat ihm der ganze Körper weh.
    »Ich meine, du hättest heute Nacht mehr schlafen sollen«, sagte Ehren streng. »Du bist ein Idiot. Willst du unbedingt durchfallen?«
    »War nicht meine Idee«, murmelte Tavi. Gemeinsam mit den anderen Akademen schoben sich Ehren und Tavi langsam aus dem stickigen Hörsaal. »Kannst du mir glauben. Meinst du, das reicht für ein ›Bestanden‹?«
    Ehren seufzte und rieb sich die Augen. »Wahrscheinlich. Die
beiden letzten hätte außer mir und vielleicht dir sowieso niemand rausbekommen.«
    »Gut«, sagte Tavi. »Nehme ich an.«
    »Rechnen ist wichtig«, erwiderte Ehren. »In gewissem Sinn ist es sogar unbedingt für den Fortbestand des Reiches notwendig. Für manche Dinge ist es absolut unerlässlich.«
    Tavi antwortete ironisch: »Vielleicht bin ich ja einfach nur müde, aber zu berechnen, wie lange ein Handelsschiff unterwegs ist, oder die Steuerzahlungen einer abgelegenen Provinz nachzuvollziehen erscheint mir im Augenblick eher belanglos.«
    Ehren starrte ihn so schockiert an, als habe Tavi gerade vorgeschlagen, sie sollten sich ein paar Säuglinge zum Mittagessen braten. »Du machst Scherze. Du machst doch Scherze, Tavi, oder?«
    Tavi seufzte.
    Draußen unterhielten sich die Akademe miteinander, regten sich auf oder lachten, und manche sangen sogar Lieder, während sie in einem Strom aus grauen Roben und müden Köpfen zum großen Hof wanderten. Tavi reckte sich ausgiebig, als er an die frische Luft ankam. »Es ist immer so warm in diesem Raum nach einer langen Prüfung«, erklärte er Ehren. »Und die Luft wird ganz plitschig.«
    »Das nennt man Feuchtigkeit, Tavi«, verbesserte ihn Ehren.
    »Ich habe zwei Tage nicht geschlafen. Für mich war die Luft plitschig.«
    Gaelle wartete am Torbogen des Hofes. Sie hatte sich auf die Zehenspitzen gestellt, während sie die Menge der Akademe nach Tavi und Ehren absuchte. Als sie die beiden entdeckte, hellte sich das unscheinbare Gesicht des

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