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Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Titel: Im Schatten des Klosters - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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plaudernd durch dieses Labyrinth, ohne auf den Weg zu achten, und er sollte schon bei den ersten Schritten in Schwierigkeiten geraten? Der Rhein! Das Klopfen der Wassermühlen war beim Herweg von rechts gekommen (außer an den Stellen, wo das Geräusch sich an den gegenüberliegenden Hauswänden gebrochen hatte und von überall her erklungen war), also mussten sie parallel mit dem Wasser und quasi seinem Lauf von Süd nach Nord gefolgt sein. Er musste nur noch in eine der Gassen gehen, die von Nord nach Süd verliefen, und sie würde ihn zum Heiligen Knochen zurückführen.
    Es standen mehrere Gassen zur Auswahl, die dem Anschein nach alle nach Süden führten. Er würde die nehmen, deren Eingang ganz links lag; sie schien diejenige zu sein, deren Richtung am südlichsten war. Remigius und einige andere Brüder verspotteten ihn immer noch wegen der Geschichte damals … gut, er hatte sich verirrt gehabt, er hatte weder Anfang noch Ende der Stadt wiedergefunden, hatte es irgendwann aufgegeben und darauf vertraut, dass die Klostergemeinschaft ihn suchen würde. Nach drei Tagen hatten sie ihn gefunden, an einer Gassenecke, die nie mehr zu verlassen er sich geschworen hatte, predigend, Psalmen singend und aus dem Gedächtnis aus einem der vielen Codices zitierend, die sein Archiv beherbergte … er hatte so viele Almosen erhalten, dass er dem Kloster noch etwas geben konnte, und die Bewohner der umliegenden Häuser hatten ihn so liebevoll mit Essen und Trinken versorgt, dass er nicht einmal hatte fasten müssen. Alles in allem war es also gar nicht so schlimm gewesen, und die Brüder taten Unrecht, wenn sie dieses Ereignis immer wieder hervorholten und damit zu illustrieren versuchten, dass Bruder Ulrich sich nur mit viel Glück in seinem eigenen Archiv nicht verirrte. Er würde sich selbst und der Welt beweisen, dass es damals nur eine kurze Unaufmerksamkeit gewesen war, die dazu geführt hatte, dass er nicht mehr aus der Stadt herausfand. Mit seiner Methode der Erinnerung an die Eindrücke des Herwegs und der logischen Schlussfolgerung, wie er sie soeben beim Aussuchen der Gasse angewandt hatte, würde er ohne jegliche Abweichung geradewegs zum Heiligen Knochen zurückkehren, und falls man ihn später fragen sollte, wie er sich in der Stadt zurechtgefunden hatte, würde er nur bescheiden sagen: Kein Problem, Brüder, man muss nur wissen, was man tut.
    Er betrat die Gasse, die er ausgesucht hatte, und hatte sich schon verirrt.

Kapitel 17.
    J örg verließ die Gasse und betrat die Schankstube nun schon zum dritten Mal. Allmählich machte er sich Sorgen um den Mönch. Die Terz war nicht mehr fern, wenn sein Zeitgefühl ihn nicht trog, und der Mönch war immer noch nicht wieder im Heiligen Knochen aufgetaucht. Sie hatten keinen Treffpunkt vereinbart, aber wo sollte der Mann schon hingegangen sein, nachdem er den Dom verlassen hatte? Jörg nahm an, dass Ulrich … Antonius, er wollte, dass man ihn Antonius nannte … es ihm gesagt hätte, wenn er ein anderes Ziel gehabt hätte als die Rückkehr in die Herberge. So aber hatte Ulrich sich nur kurzerhand umgedreht und die Kirche verlassen, und Jörg, in Ermangelung einer anderen Anweisung, war zurückgeblieben und hatte sich am Rand der Menge herumgedrückt, um einzuschreiten, falls die Pilger Anstalten machten, Rinaldo in Stücke zu reißen. Das war jetzt zwei Stunden her. Jörg setzte sich auf die Bank, von der er vor wenigen Augenblicken aufgestanden war, um nach draußen zu sehen. Man sollte meinen, dass man den kurzen Weg vom Dom zum Heiligen Knochen in einer halben Stunde zurücklegen konnte, selbst wenn man ein Mönch war und sich auf zwei lächerlichen Schlappen vorwärts bewegte.
    Unruhig trommelte Jörg mit den Fingern auf den Tisch im Schankraum. Sollte er sich auf die Suche nach Ulrich machen? Aber wo? Einfach den Weg zum Dom zurückzugehen war Unsinn. Wenn Ulrich in einer der Gassen zu finden gewesen wäre, hätte Jörg ihn auf dem Weg zur Herberge entdeckt. Und Rinaldo? Aber wo der steckte, wusste der Teufel – und selbst der konnte nur raten.
    Rinaldo hatte ihm plötzlich zugezwinkert und sich aus dem Auflauf herausgewunden, den er verursacht hatte. Nach ein paar Augenblicken des Zögerns waren ihm mehrere Pilger gefolgt, jedoch unverhofft auf einem breiten Rücken aufgelaufen, der sich zwischen sie und den kleinen Italiener geschoben hatte, und bis sie den Besitzer des Rückens umrundet hatten (wegschubsen wäre unmöglich und außerdem ein Akt unangebrachter

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