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Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Titel: Im Schatten des Klosters - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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du hast genug.«
    »Schenk ein, Herr Wirt.«
    Der Wirt knurrte. Rinaldo stellte fest, dass er es ungeheuer belustigend fand. Er lachte und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, dass der Wasserkrug einen Satz machte. Rasch beugte der Wirt sich vor und brachte den Krug in Sicherheit. Rinaldo lehnte die Stirn auf die Tischkante. Seine gute Laune zerstob.
    »Schenk ein«, sagte er unter der Tischplatte hervor. »Ich höre erst auf, wenn ich tot unter die Tisch falle.«
    »Es reicht.«
    »Was hast du?«, fragte Rinaldo den leeren Raum unter der Tischplatte. »Wenn ich mich bei dir hier zu Tode saufe, kannst du mich beerben … Gastrecht, no?« Der Gedanke, dass der bullige Wirt seine Kleider und sein Korsett erben würden, erfüllte ihn mit kurzfristiger Heiterkeit, und er kicherte unter dem Tisch. Doch der Gedanke an Bruder Ulrico reichte, um die Heiterkeit wieder auszulöschen.
    »Bezahl erst mal, was du schon getrunken hast«, sagte der Wirt.
    Rinaldo hob den Kopf und stierte den Wirt an. »Bezahlen?«, fragte er. »Bezahlen?«
    Der Wirt trat einen Schritt zurück und verschwamm vollends aus Rinaldos Fokus. Rinaldo blinzelte so lange, bis er den Wirt wieder einigermaßen deutlich sah. Der Mann schaute sich im Raum um, als wollte er die anderen Zecher zur Zeugenschaft dessen aufrufen, was Rinaldo eben von sich gegeben hatte. Pech gehabt. Rinaldo war der einzige Gast. Er ließ einen lauten Schluckauf hören, der seinen schmächtigen Körper erbeben ließ.
    »Was soll das heißen?«, fragte der Wirt und kniff die Augen zusammen.
    »Bezahlen«, sagte Rinaldo, setzte sich gerade hin und griff im letzten Moment nach der Tischkante, sonst wäre er hintenüber von der Bank gekippt, »Rinaldo hat schon bezahlt.« Er kicherte freudlos.
    »Hast du nicht!«
    »Certo«, widersprach Rinaldo, und das Kichern stieg erneut in ihm auf. »Rinaldo zahlt immer. Rinaldo zahlt immer drauf!«
    »Hör mal, du kleine italienische Warze …«, sagte der Wirt, stellte den Wasserkrug ab und stützte sich drohend auf den Tisch über Rinaldo. Der lehnte sich gefährlich nach hinten, um hochsehen zu können. Ein grollendes Rülpsen entfuhr ihm. Er zwinkerte und wedelte mit einer Hand vor dem Gesicht, was ihn beinahe seines Haltes beraubt hätte. »Puh«, machte er, »einer von uns beide stinkt wie eine alte Weinfass.«
    Die Eingangstür zur Taverne öffnete sich, und schnelle Schritte klapperten die Stufen von der Gasse herab. Der Wirt fuhr zurück und richtete sich auf. Rinaldo brauchte eine Weile, sich umzudrehen und über die Schulter zu spähen, um zu sehen, wer da hereingekommen war. Ein Junge sprang die letzte Stufe herunter und eilte auf die Männer zu. Das Gesicht des Wirts entspannte sich und verlor den eilfertigen Ausdruck, den es plötzlich angenommen hatte.
    »Hier, Onkel«, rief der Junge. Er nickte Rinaldo flüchtig zu. Zwischen seinen Fingern hielt er ein Geldstück in die Höhe. »Kannst du das für mich aufbewahren, Onkel?«
    Der Wirt seufzte und lächelte zugleich. Er nahm das Geldstück in Empfang und drehte es hin und her. »Was für ein Vermögen«, sagte er. »Wenn du so weitermachst, dauert es nur noch hundert Jahre, bis du dir deinen Wunsch erfüllen kannst.«
    »Ich hab doch schon ’n Haufen beisammen …«
    »Ja, lauter Kleinzeugs.« Der Wirt streckte die Hand aus und rubbelte dem Jungen (er war fast so groß wie er) gutmütig durchs Haar. Der Junge zuckte die Achseln und sagte über die Schulter zu Rinaldo: »Eines Tages kauf ich mir ’ne eigene Herberge!«
    Rinaldo hörte den Stolz des Jungen auf seine eigene Zielstrebigkeit heraus. Er traf ihn wie ein Stich. »Hoffentlich es dauert kein hundert Jahre mehr«, lallte er, doch niemand hörte auf ihn.
    »Wer hat es dir gegeben? Dein Herr, der Geizkragen?«, fragte der Wirt.
    Der Junge schüttelte den Kopf und grinste. Er deutete auf seine Stirn. »Sieh mal, das hat er mir auch noch gegeben.«
    Der Wirt spähte auf die Stelle, auf die der Junge zeigte. »’ne Kopfnuss?«
    »Ich wünsch dir Glück«, sagte Rinaldo. »Buona fortuna.«
    »Sieht man nichts?« Der Junge schien enttäuscht. »Ich dachte, von so ’nem Mann müsste man’s sehen.«
    »Was denn?«
    »Den Segen. Er hat mir den Segen auf die Stirn gezeichnet und noch ’n Trinkgeld gegeben.«
    »Hast du ’nem Pfaffen das Pferd gesattelt, oder was?«
    »Vielleicht kannst du deine Onkel sagen, dass er mir die Becher voll schenkt«, sagte Rinaldo, doch der Junge beachtete ihn gar nicht.
    »Nein, Onkel, es war

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