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Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Titel: Im Schatten des Klosters - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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über mit Lehm verschmiert. Bei der nächsten Nische hielt er an, beugte sich hinein und leuchtete sie aus. Der Feuerschein in dem kleinen, unregelmäßigen Stück Gewölbe rief plötzlich jenes Bild hervor, an das Ulrich sich die ganze Zeit zu erinnern versucht hatte.
    »Eine Therme«, sagte er halblaut.
    Jörg steckte den Kopf aus der Öffnung und sah zu Ulrich herüber.
    »Was hast du gesagt?«
    »Wir sind im Heizsystem einer alten römischen Therme. Diese Nischen sind die Feuerstellen zur Wassererhitzung.«
    Jörg trat einen Schritt zurück und hielt die Fackel in die Höhe. Es war nur noch wenig da, was brennen konnte, bevor sie verlöschen würde. Trotz seines Fatalismus stieg Besorgnis in Ulrich auf, als er daran dachte, dass sie dann in völliger Dunkelheit sitzen würden.
    »Komm mal hier rüber und erklär es mir«, sagte Jörg. »Solange wir noch Licht haben.«
    Ulrich rappelte sich auf, weniger aus Hoffnung als aus Rücksichtnahme auf Jörg, der immer noch nach einem Ausweg zu suchen schien. Er schlenderte ohne große Eile zu ihm hinüber.
    »Das hilft uns auch nicht weiter, und wenn es der ehemalige Palast des römischen Statthalters wäre. Falls es eine Anlage ist wie die, über die ich gelesen habe, heizen diese Feuernischen große bronzene Kessel, die man mit dem Wasser eines darüber liegenden Beckens füllen kann. Das Feuer erwärmt das Wasser und …«
    »Hier ist kein Kessel«, sagte Jörg.
    Ulrich stellte sich vor die Nische und spähte hinein. Wo er die grünspanverfärbte Wand eines Kessels erwartet hätte, dehnte sich lediglich ein Hohlraum, beinahe so groß wie die Zelle von Prior Remigius, in die Dunkelheit hinein. Jörgs langer Arm streckte sich an Ulrich vorbei, und die Dunkelheit wurde von der unsicher blakenden Fackel nach hinten verdrängt.
    »Sie haben den Kessel rausgerissen, als sie abgezogen sind«, murmelte Ulrich. »Metall ist kostbar.«
    »Was ist das da oben?« Jörg deutete auf eine hölzerne Klappe, die mit einem massiven Balken wie einem Riegel gesichert war. Vom einen Ende des Balkens führte eine locker gespannte Kette in ein Mauerloch an ihrer Seite der Nische. Jörg leuchtete die Wand über der Nischenöffnung ab, aber dort war kein Loch zu sehen. Ulrich spähte wieder hinein.
    »Gib mir die Fackel.«
    Jörg reichte sie ihm. Ulrich stellte ein Knie auf den Rand der Nischenöffnung und kroch halb hinein, damit er besser sehen konnte. Das Loch in der Mauer war mit einem hölzernen Rahmen eingefasst; der untere Teil, über den die Kette in das Loch hineinführte, mit brüchig gewordenem Leder beschlagen. Ulrich leuchtete mit der Fackel auf den Nischenboden unterhalb der hölzernen Klappe. Wasser tropfte stetig in eine Lache, die irgendwo in den Ritzen des Gemäuers zu versickern schien, denn sie wurde nicht tiefer. Ulrich tauchte vorsichtig eine Hand hinein. Das Wasser war eiskalt, nahezu klar und frisch. Er spähte mit zusammengekniffenen Augen zur Klappe nach oben und stellte fest, dass die Tropfen in einer unregelmäßigen Perlenreihe rund um die Klappe herum herabregneten. Das aufgequollene Holz dichtete die Öffnung ab, jedoch nicht vollkommen.
    »Pass auf die Fackel auf«, rief Jörg, und Ulrich riss sie beiseite, dass die Flamme aufwaberte. Er reichte sie Jörg hinaus und kletterte hinterher.
    »Und? Hast du was entdeckt?«
    Ulrich antwortete nicht. Er nahm die Fackel wieder entgegen und leuchtete an der Wand entlang, in der die Nische war, bis er zu der Ecke kam, die sich zum Eingang dieses Gewölbes öffnete. Dann leuchtete er nach oben.
    Tatsächlich, da war es.
    »Siehst du den Ring, der hier aus der Wand ragt?«
    Jörg spähte mit zusammengekniffenen Augen hinauf und nickte.
    Ulrich sah sich suchend um. »Eine Stange«, sagte er. »Liegt hier irgendwo eine Stange?«
    »Nein, aber …« Jörg tappte um die Ecke und kam gleich darauf mit einem langen, von Alter und Rost buckligen eisernen Haken wieder. »Den habe ich weiter hinten entdeckt. Wir können ihn als Waffe benutzen, wenn wir hier nicht rausgefunden haben, bevor die Kerle wiederkommen.«
    »Der Haken passt. Hier, sieh her …« Ulrich hängte den Haken in den Ring und tat so, als würde er ziehen. Der Ring rüttelte ein wenig in dem Mauerloch. Ulrich ließ den Haken los. Er schwang leise hin und her. »Wenn man an diesem Ring hier gezogen hat, betätigte man ein System aus Ketten und Zügen, das in der Wand läuft. Damit zog man die Balken vor den Holzklappen in den Nischendecken beiseite, die Klappen

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