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Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Im Schatten des Klosters - Historischer Roman

Titel: Im Schatten des Klosters - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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öffneten sich, und Wasser konnte in die Heizkessel laufen. Wenn sie voll waren, drückte das Wasser die Holzklappe von allein wieder zu, der Kessel war verschlossen und konnte erhitzt werden.«
    Jörg griff nach dem Haken und zog daran, ehe Ulrich es verhindern konnte. Durch die Wand ertönte ein vielstimmiges Quietschen und Rasseln, und der Ring fuhr ein Stück aus der Öffnung heraus. Ulrich fiel ihm in den Arm.
    »Rühr das bloß nicht an«, rief er. »Wenn du die Klappen öffnest, fließt das Wasser aus dem Becken darüber ab und ersäuft uns.«
    »Was glaubst du, wie viel Wasser da noch ist?«, spottete Jörg. »Nach all den Jahren?«
    »Da bin ich mir gar nicht so sicher. Die römischen Baumeister haben für die Ewigkeit gebaut. Meistens hatten diese Thermen sogar noch einen Zulauf von einem natürlichen Wasservorrat.«
    »Jungejunge«, sagte Jörg auf einmal und packte den hin- und herschwingenden Haken, um ihn ruhig zu halten. Er sah zu dem Ring hinauf, der gleichsam höhnisch aus der Wand ragte. »Wir sind hier wahrscheinlich nur einen Steinwurf weit von der Mauer weg, die Köln zum Rhein hin abgrenzt. Wenn das mit dem Zulauf stimmt …«
    »… dann besteht die Gefahr, dass wir hier den ganzen Fluss hereinlassen, wenn wir die Klappen öffnen.«
    »Jungejunge! Wofür ist diese Entdeckung dann gut?«
    »Bezüglich unseres Entkommens hier – für gar nichts.«
    Jörg starrte Ulrich an. Ulrich zuckte mit den Schultern. In diesem Moment flackerte die Fackel noch ein letztes Mal und erlosch dann mit einem kläglichen Spucken.
    »Ich wollte die Frau retten«, bekannte Jörg nach einer langen Zeit des Schweigens, in der sie nur nebeneinander gesessen und in die Dunkelheit gestarrt hatten. Ulrich fand es auf eigenartige Weise faszinierend; in der Regel konnte eine Nacht gar nicht so dunkel sein, dass die Augen sich nicht irgendwann daran gewöhnten und dennoch vage Umrisse um einen herum wahrnahmen. Hier jedoch war die Dunkelheit so vollkommen, dass das Auge nach einiger Zeit von selbst Bilder zu erfinden schien. Mehrere Male schon hatte Ulrich plötzliche Bewegungen gesehen, von denen er wusste, dass sie nicht stattgefunden haben konnten; dennoch hatte er nach jeder ausgespäht. Das tröpfelnde Wasser war die einzige Möglichkeit, die Zeit zu
messen; doch es fiel so unregelmäßig, dass Ulrich schon bald aus dem Tritt gekommen war und es aufgegeben hatte. In der Dunkelheit dehnten sich Augenblicke zu Stunden.
    »Warum?«, fragte Ulrich.
    »Sie schien so … keine Ahnung. Ich hatte sie schon vorher mal beim Dom gesehen, aber nicht groß auf sie geachtet. Sie fiel mir auf wegen ihres Aussehens und wegen … wie soll ich sagen … einer Art Traurigkeit, die sie umgab.«
    Jörg schwieg. Ulrich wusste, dass er der Traurigkeit in sich selbst nachspürte.
    »Sie schien weniger gefährlich als vielmehr am Ende ihrer Kräfte.«
    »Sie hat mir ein Messer an die Kehle gehalten.«
    »Wenn sie gewollt hätte, hätte sie dich ohne weiteres umbringen können. Ich bin viel zu spät gekommen.«
    »Ich weiß.«
    Jörg wurde wieder still. Es schien, als ob er etwas zwischen den Händen zerdrückte. Ulrich wurde klar, dass er unablässig die Fäuste ballte.
    »Wenn er sie wenigstens gleich umgebracht hätte. Aber so … seinen beiden Knechten zum Fraß vorgeworfen … und ich sitze hier und kann nichts tun.«
    »Es ist nicht deine Schuld.«
    Jörg sagte nichts. Ulrich wusste auch so, dass seine Worte keinerlei Trost enthalten hatten.
    Schweigen. Schattenhafte Bewegungen, die das Auge einem vorgaukelte. Und das unablässige Tropfen des Wassers … plick … plick … plickplick …
    »Wir hätten die Fackel sofort löschen sollen. Dann hätten wir sie alle Stunde oder so wieder anzünden können, vielleicht hätte sie durch die Nacht gereicht …«
    »Hast du Feuerstein und Zunder dabei?«
    »Nein. Du?«
    »Wo denn? In der Mönchskutte?«
    »Also nicht.«
    »Tut mir Leid.«
    »Dann hätte es auch nichts genützt, die Fackel zu löschen.«
    »Nein.«
    Stille. Die Geister der römischen Sklaven, die die Öfen hier einst betrieben hatten, schwebten lautlos vorbei. Ganz entfernte Stimmen, Frauenlachen, Männerlachen … auch das Ohr schien sich auf Betrug einzulassen, wenn es nichts anderes zu hören bekam als das Geräusch von Wassertropfen, die in Pfützen fielen … die Welt war irgendwo dort draußen, aber sie war so weit entfernt wie der Mond …
    »Wenigstens ist Rinaldo entkommen.«
    »Ja. Ich bete für seine Seele.«
    »Du willst

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