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Im Schatten des Kreml

Im Schatten des Kreml

Titel: Im Schatten des Kreml Kostenlos Bücher Online Lesen
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gleichmachten, verhedderten sich Halbmond und Kreuz wie blutige Schlingpflanzen ineinander.
    Das überwältigende Ausmaß dieses Problems würde Valja jedoch nur reizen, statt sie abzuschrecken.
    »Viele von denen hassen dich, Valja. Die vergessen nicht.« Dasselbe gilt für mich. Teilweise jedenfalls. Ihr seid alle tot!
    »Ein paar ja«, entgegnet sie herablassend. »Aber das spielt sowieso keine Rolle, weil Abreg nicht mal seinen eigenen Leuten zuhört. Er kämpft gegen die Russen und gegen die alten Konflikte zwischen den teips.«
    »Hast du mit ihm geredet?«
    »Ich nicht, aber einer der Männer hier.« Sie klingt fast feierlich. »Er sagte, Abreg habe eine Liste von Soldaten, die er töten will. Und dass er jetzt mit jemandem in Moskau zusammenarbeitet, jemand Mächtigem.«
    Lachek nehme ich an, aber ich spreche den Namen nicht aus. Lachek und viele andere einflussreiche Männer in Russland kämpfen gegen die Idee der Einheit, entweder weil sie keine unabhängige Region im Süden wollen oder weil sie dann die Einkünfte verlieren, die sie aus dem schwelenden Konflikt beziehen. Männer wie Abreg sind aus Prinzip dagegen, weil sie sich nicht mit den Anführern anderer Stämme zusammentun können, gegen die ihr eigener seit Jahrhunderten kämpft. Lachek und Abreg sind durchaus in der Lage, sich die Nase zuzuhalten und für gewisse Zeit zusammen in ein stinkendes Bett zu steigen.
    »Dieses Land ist nicht mehr zu retten«, sage ich.
    »Das glaube ich nicht. Die meisten Leute wollen, dass die Kämpfe aufhören.«
    »Ich meinte Russland.«
    Sie zögert und ist überrascht, schätze ich. Mehrere Sekunden vergehen, bis sie die richtigen Worte findet. »Du darfst die Hoffnung nicht aufgeben, Alexei.«
    Ich laufe mitten über den Roten Platz, auf denselben Steinen, auf denen Interkontinentalraketen an sowjetischen Würdenträgern vorbeirollten, die auf den Stufen vor Lenins Grab nebeneinander aufgereiht standen. Die Kuppeln der Basilius-Kathedrale leuchten wie eine brennende Krone über dem Lobnoje Mesto, wo Peter der Große vor mehr als dreihundert Jahren die Strelizen hinrichten ließ, die seine verbannte Schwester, Sofia Alexejewna, auf den Thron hieven wollten. Russland entkommt seiner Vergangenheit nicht.
    Ich erzähle ihr vom AMERCO-Gebäude und von Lachek, Dubinin, dem Ei und dem Video, Galina und Semerko. Als ich fertig bin, stehe ich im Schatten der Kathedrale, zwanzig Schritte von einem Mercedes mit laufendem Motor entfernt, so einer wie der, in dem Dubinins Leiche lag. Durch die Dampfwolken, die um den schwarzen Wagen herum aufsteigen, sehe ich Golko hinter dem Steuer ungeduldig mit den Fingern trommeln.
    »Es gab immer Gerüchte um Starye Atagi«, sagt sie. »Und wenn Abreg ein Video hat, würde er es einsetzen, um die Leute zu identifizieren, die er töten will.«
    »Genau das dachte ich auch.«
    »Aber wenn er hinter der Explosion stecken würde, hätte ich davon gehört. Er hat sich nicht dazu bekannt. Und auch sonst niemand hier.«
    Golko drückt auf die Hupe, und ich halte die Hand hoch, um ihm zu bedeuten, dass er warten soll. Die Verbindung ist so gut, dass ich Valja atmen höre.
    »Wie kann ich dir helfen, Alexei?«
    Allein ihre Frage lässt mich dem Mercedes den Rücken kehren, für den Fall, dass Golko mein Gesicht sehen kann. Ich würde selbstverständlich alles für sie tun, und ich bin sicher, dass sie das weiß, aber zu hören, dass sie dasselbe für mich tun würde, schnürt mir den Hals zu. Der Mond bricht hinter den Wolken hervor und taucht den Platz in einen eisigen Glanz, wie in Zuckerguss, und einen Moment lang erkenne ich die Schönheit dieses Ortes wieder.
    »Es tut mir leid wegen ... Ich hätte dich nicht gehen lassen sollen, Valja.«
    Ich höre, wie sie schluckt. »Selbst unter vielen Menschen bin ich ohne dich allein, Alexei. Verstehst du?«
    Ich bekomme kein Wort mehr heraus und nicke, als könne sie mich sehen.
    »Du hast doch aber Leute, die dir helfen, oder?«, fragt sie. »Der General, der pummelige Leutnant und der besorgte Inspektor?«
    »Ja.«
    »Ich kann morgen Nachmittag in Machatschkala sein«, sagt sie. Die dagestanische Hauptstadt liegt am Rand des Kaspischen Meers, von Wladikawkas aus sind es ungefähr zweihundert gefährliche Kilometer quer durch Tschetschenien, aber das scheint sie nicht zu stören. »Gib mir die Adresse. Ich fahre hin und versuche, so viel wie möglich herauszufinden. Und wenn Semerko mit dem Mädchen dort ist, kümmere ich mich um ihn.«
    So wie sie es

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