Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Titel: Im Schatten des Mondkaisers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
Vom Netzwerk:
beide. Das Essen hatte unterdessen ohne Unterbrechung seinen weiteren Verlauf genommen. Carya erhaschte einen kurzen Blick auf Prinz Alexandre, der ihr verschwörerisch zuzwinkerte. Sie antwortete ihm mit einem zaghaften Lächeln. Nur nicht zu viel , ermahnte sie sich. Du befindest dich hier in einer Todeszone der besonderen Art. Um das zu wissen, brauchte sie keinen Strahlungsmesser.
    »Was ist mit Ihrem Kleid geschehen?«, wollte Cartagena leise wissen, während sie sich ihrem Essen zuwandten.
    »Ich hatte ein kleines Malheur im Garten«, erklärte Carya. »Es wird gerade gesäubert. Eigentlich wäre ich deswegen auf meinem Zimmer geblieben, aber als der Diener betonte, wie gerne Sie mich sehen würden, habe ich mir ein anderes bringen lassen.«
    »Nun gut«, sagte er besänftigt. »Solche Dinge passieren.«
    Irgendwie ärgerte es Carya, dass er sie, trotz aller höflichen Worte, wie ein Kind behandelte, das dem Wunsch des Vaters gehorchen sollte und getadelt wurde, wenn es darin versagte. Eine Weile saß sie schweigend neben Cartagena und verzehrte die ihr dargebotenen Speisen. Dabei wurde ihr Unmut durch eine Frage abgelöst, die sie schließlich auch in Worte fasste: »Weshalb war es Ihnen eigentlich so wichtig, mich heute Abend zu sehen? Den ganzen Tag über habe ich versucht, Sie zu treffen, und Sie waren nie da.«
    »Es tut mir leid, aber ich war sehr beschäftigt«, sagte Cartagena. »Und was den heutigen Abend betrifft, so wollte ich Sie einigen Personen vorstellen, die Sie meiner Meinung nach kennen sollten. Und kein Ort eignet sich besser dazu als ein ungezwungenes Abendessen.«
    »Sie meinen Personen, die Antworten auf meine Fragen haben?«
    »Möglicherweise. Ich schließe nichts aus. Aber bevor Sie überhaupt damit beginnen können, Fragen zu stellen, müssen Sie erst begreifen, wie der Hof funktioniert. Verstehen Sie, was ich meine?«
    Carya nickte halbherzig.
    »Fangen wir dort vorne an«, sagte Cartagena und deutete auf einen untersetzten Mann mit silbergrauem Haar und mürrischer Miene, der neben Justeneau saß. »Das ist Graf Christian von Hartenberg, der Gesandte des Königs von Austrogermania. Er blickt deshalb so verdrießlich drein, weil er sich des stärker werdenden Gefühls nicht erwehren kann, in der Gunst des Mondkaisers zu sinken. Dabei kann er sich gegenwärtig kaum beschweren. Sein Platz an der Tafel ist immer noch hervorragend, und er wird von allen, die weiter außen sitzen müssen, darum beneidet.«
    Seine Worte erinnerten Carya an das heimlich Mitgehörte vom frühen Abend. Wenn dieser von Hartenberg wüsste, dass Francia und eine weitere Macht bereits Pläne schmieden, Austrogermania anzugreifen, würde er noch missmutiger dreinschauen. Es belustigte sie, dass er ausgerechnet neben Justeneau saß, der ja gegen diese geheime Allianz intrigierte.
    »Minister Justeneau haben Sie bereits kennengelernt«, fuhr Cartagena derweil fort. »Sein Metier ist die Außenpolitik. Deswegen arbeiten er und ich häufig zusammen. Die reizende Dame neben Ihnen ist Ministerin Julianne Factice. Sie berät den Mondkaiser in innenpolitischen Fragen.«
    Als Caryas Sitznachbarin ihren Namen hörte, drehte sie sich zu ihr um und lächelte. »Freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen«, sagte sie.
    Carya musterte sie neugierig. Das war also Cartagenas Mitverschwörerin. In jungen Jahren musste Factice eine sehr schöne Frau gewesen sein. Mittlerweile jedoch war sie im Alter von Caryas Mutter, und erste deutliche Falten zeigten sich auf ihrem Gesicht. Dennoch besaß sie Ausstrahlung und Eleganz, und es hätte Carya nicht verwundert, wenn Cartagena und sie mehr verband als nur gemeinsame Umsturzpläne.
    Damit sitzen also alle Gegenverschwörer gemeinsam zur Linken des Mondkaisers , dachte Carya. Sie fragte sich, ob das Zufall oder Absicht war und ob sich Cartagena, Factice und Justeneau dieses Umstands bewusst waren. Wenn der Kaiser seine Finger in der Sitzordnung hatte, bedeutete das dann, dass er den dreien ein subtiles Zeichen geben wollte? Wusste er, dass sie unter einer Decke steckten?
    Sie schüttelte über sich selbst den Kopf. Die Atmosphäre im Schloss gebar wirklich Verfolgungswahn. Hätte der Mondkaiser von einer Intrige gegen ihn gewusst, wäre er sicher schon längst eingeschritten. Und ganz gleich, wie es sich verhielt, sie selbst hatte damit nichts zu tun und durfte offiziell auch nichts darüber wissen. Deshalb war es das Beste, wenn sie einfach schwieg und weiter zuhörte.
    »Den rechten Teil

Weitere Kostenlose Bücher