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Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Titel: Im Schatten des Mondkaisers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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reiche ich die beiden einfach an dich weiter.«
    »Ah.« Umgehend wurde de Funès ernster. »Sehr erfreut.« Er reichte Jonan und Pitlit die Hand, was dem Straßenjungen ein zufriedenes Nicken entlockte. Endlich wurde er mal von jemandem wie ein Mann behandelt.
    »Ich freue mich auch«, sagte Jonan.
    Sie setzten sich, und Bonasse öffnete die mitgebrachte Flasche Rotwein. Einige Meter weiter machten sich die Kinder neugierig über den Korb her, den der Minister mitgebracht hatte. Géants Bruder schenkte allen ein. Auch Pitlit bekam Wein, allerdings musste er sich mit einem kleinen Schluck zufriedengeben.
    De Funès hob sein Glas. »Ich hoffe, Sie fordern nichts Unmögliches von mir«, sagte er zu Jonan.
    »Nein, ich denke nicht.«
    »Nun, dann auf gutes Gelingen.« Sie prosteten einander zu und tranken.
    »Also bitte«, forderte der Minister ihn auf. »Erzählen Sie mir, was ich tun kann, damit Monsieur Bonasse mir noch einen weiteren Gefallen schuldig ist.«
    »Ich suche nach einer Freundin von mir«, antwortete Jonan. »Sie heißt Carya und ist vermutlich bei Ihnen am Hof.«
    »Mademoiselle Carya? Ja, die weilt in der Tat seit zwei Tagen oder so auf Château Lune. Sie begleitet Botschafter Cartagena und hat meiner bescheidenen Meinung nach in der kurzen Zeit bereits ziemlich viele mächtige Männer und Frauen auf sich aufmerksam gemacht.«
    »Klingt nach Carya«, warf Pitlit ein.
    »Geht es ihr gut?«, wollte Jonan wissen.
    »Soweit ich das beurteilen kann, schon. Sie bewegt sich frei im Schloss, trägt ein hinreißendes Kleid und saß beim Bankett gestern zwei Plätze neben dem Mondkaiser. Ich selbst sitze übrigens sieben Plätze von ihm entfernt, wenn ich das anmerken darf.«
    »O Mann, ich hab’s voll versaut«, murmelte Pitlit. »Ich hätte mich mit ihr festnehmen lassen sollen, statt abzuhauen.«
    Jonan ging nicht darauf ein, sondern richtete das Wort weiter an de Funès. »Wir möchten Sie bitten, uns beiden zu helfen, ins Schloss zu gelangen. Carya hält sich nicht freiwillig dort auf. Sie wurde von Cartagena – also falls Cartagena der Kerl in der rot-weißen Uniform ist – entführt.«
    »Ja, das ist der Botschafter«, bestätigte sein Gegenüber. »Und er hat Ihre Freundin entführt?«
    »Genauso ist es«, erwiderte Jonan.
    »Seltsam, das sieht man ihr gar nicht an.«
    »Vielleicht setzt Cartagena sie irgendwie unter Druck, damit sie gute Miene zum bösen Spiel macht.«
    »Hm, das ist möglich. Ich für meinen Teil würde ihm das zutrauen. Botschafter Cartagena genießt einen gewissen Ruf bei Hofe.«
    Jonan stellte seinen Becher auf den Tisch und beugte sich vor. »Also helfen Sie uns? Ich schwöre Ihnen, dass wir uns nicht ins Hofleben einmischen werden. Was dort vor sich geht, ist mir vollkommen gleichgültig. Ich möchte nur Carya finden und danach mit ihr zusammen fliehen.«
    »Wie genau stellen Sie sich meine Hilfe vor?«, erkundigte sich de Funès.
    »Nun ja, über den Zaun klettern kann ich selbst, wie Sie sich vermutlich denken können. Aber solche Heimlichkeit bringt unpraktische Einschränkungen mit sich. Wir hatten gehofft, dass Sie uns mit falschen Identitäten ausstatten könnten, die uns zumindest ein gewisses Maß an Freiheit am Hof erlauben. So würde es uns leichterfallen, Carya zu finden.«
    »Aber wir müssen Carya doch gar nicht mehr finden«, warf Pitlit ein. »Sie wissen, wo sie ist, oder?« Er schaute den Minister fragend an.
    »Ja, durchaus. Château Lune ist groß, aber so groß, dass eine Begleiterin Botschafter Cartagenas nicht auffallen würde, nun auch nicht.«
    »Warum geben wir ihm dann nicht einfach eine Nachricht an Carya mit? › Komm raus, wir warten vor dem Tor. ‹ Oder so. Wäre das nicht viel leichter, als sich einzuschmuggeln?«
    »Wenn es so einfach wäre, hätte Carya sich bestimmt schon abgesetzt«, meinte Jonan.
    »Vielleicht wartet sie nur auf uns?«, entgegnete der Straßenjunge. »Und ich würde ja eher in einem Schloss warten als in den Ruinen davor.«
    Das ergab durchaus Sinn, wie Jonan einsah. Solange Carya sich im Schloss aufhielt, konnte sie darauf hoffen, dass Pitlit und er sie dort irgendwann fanden. Stattdessen zu fliehen und sich in der Trümmerzone von Paris auf die Suche nach den beiden zu begeben, wäre ausgesprochen unklug. »Zugegeben. Aber stell dir vor, es ist doch alles ein wenig komplizierter. Dann warten wir – und zwar möglicherweise verdammt lange. Nein, ich möchte lieber mit Carya am Hof direkt sprechen, wenn das möglich

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