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Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Titel: Im Schatten des Mondkaisers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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beim Wagen bleiben und alle einsammeln, die wir runterschicken.«
    »Worauf Sie sich verlassen können.«
    Gefolgt von dem Gardisten verließ Jonan den Wagen. Der Wind zwang ihn, die Augen zusammenzukneifen, als er versuchte, die Entfernung zu den verschiedenen Stützpfeilern abzuschätzen. Der im Südosten schien am nächsten zu liegen. Er wandte sich zu seinem Begleiter um. »Wie heißen Sie?«
    »Poirot, Monsieur.«
    »Dort hinüber, Poirot.« Jonan deutete auf ihr Ziel.
    »Ich bin direkt hinter Ihnen.«
    »Dann los!« So schnell er konnte, rannte Jonan auf den Pfeiler zu. Dabei befürchtete er nicht nur, von den aufgekratzten Straßenkindern aufs Korn genommen zu werden, sondern auch Alexandres Interesse geweckt zu haben. Der Prinz war sicher nicht gut auf ihn zu sprechen. Er mochte mit dem Gedanken spielen, Jonan einen bedauerlichen Unfall erleiden zu lassen. Jonan hoffte, dass ihn das Siegel des Mondkaisers davor bewahren würde. Und dass er den Prinzen dazu bringen konnte, von diesem Wahnsinn hier abzulassen.
    Sie erreichten den riesenhaften Metallpfeiler und tauchten in das Gewirr aus quer verlaufenden Streben ein. Eine schmale Treppe führte im Zickzack aufwärts. Der Gitterzaun, der Aufsteigende vor einem versehentlichen Abstürzen bewahren sollte, war vollkommen durchgerostet.
    »Haben Sie keine Waffe mitgebracht?«, meldete sich Poirot in seinem Rücken verwundert zu Wort.
    »Nein«, gab Jonan zurück. »Das würde alles nur noch schlimmer machen. Und es ist so schon schlimm genug.«
    Als hätte der Himmel auf dieses Stichwort gewartet, öffnete er plötzlich seine Schleusen. Wassermassen, die Jonans bereits befürchtete Sintflut vorwegzunehmen schienen, stürzten aus den dunklen Wolken auf sie herab, und die Metallstrebenkonstruktion des Turmes bot leider nur sehr unzureichenden Schutz davor.
    Jonan fluchte unterdrückt, aber er stürmte weiter. Immer noch wurde geschossen, obwohl die Hitzigkeit des Kampfes dank der kühlenden Fluten spürbar nachließ. Möglicherweise begann jetzt die Phase des Belauerns, des Suchens nach dem Feind, um mit den wenigen verbliebenen Kugeln noch das Beste anzustellen.
    Keuchend nahm Jonan den nächsten Treppenabsatz. Er war nicht untrainiert, aber mehr als fünfzig Höhenmeter im Eiltempo zu überwinden, stellte auch für ihn eine nicht ganz alltägliche sportliche Herausforderung dar. Eine schöne Ausrede , dachte er. Du hast dich in den letzten Wochen, seit du aus Arcadion geflohen bist, gehen lassen. So und nicht anders sieht es aus. Doch so gerne er dagegen etwas unternommen hätte: In der Wildnis gab es gerade genug zu essen, um das Überleben zu sichern. Um ein rigoroses Trainingsprogramm durchzustehen, brauchte es mehr. Beinahe hätte er über seine eigenen Gedanken gelacht. Als hätte ich keine anderen Probleme.
    Endlich erreichten sie die Plattform, und Jonan sah sich unvermittelt einem etwa vierzehnjährigen Jungen gegenüber, der ihm einen der von Jonan selbst ertauschten Revolver ins Gesicht hielt.
    »Nicht schießen«, rief Jonan und hob die Hände. »Mathis, nicht wahr?«
    Der Junge nickte mit verkniffener Miene.
    »Ich bin es, Jonan, der zusammen mit Pitlit bei euch zu Gast war.«
    »Was wollen Sie hier?«, fragte Mathis.
    »Diesem Kampf ein Ende bereiten. Ich habe mit dem Kaiser gesprochen. Schau: Hier ist sein Siegel.« Er zeigte dem Jungen den Ring. »Er ist nicht erfreut über das, was seine Soldaten treiben. Ich habe Befehl, alle zurückzuholen. Und sie werden auch nicht wiederkommen. Also hört auf zu schießen.«
    »Nein! Sie wollten Alice umbringen«, erwiderte Mathis finster. »Und sie haben Jean-Luc erschossen. Und Louma. Wir müssen uns rächen.«
    »Ihr hattet eure Rache, in Ordnung? Ein Soldat ist tot, ein anderer schwer verletzt. Sie haben es begriffen. Es muss jetzt enden.«
    »Nein«, beharrte der Junge mit kindlichem Trotz. »Kylian sagt, alle müssen sterben.«
    »Du kleiner Scheißer!«, entfuhr es Poirot hinter Jonan. »Er hat gesagt, ihr sollt die Waffen …«
    Mathis zuckte zusammen und schoss. Die Kugel flog so nah an Jonans Arm vorbei, dass er den scharfen Luftzug spürte. Poirot ächzte schmerzerfüllt und taumelte nach hinten. »Licht Gottes!«, fauchte Jonan. Blitzschnell schoss seine Hand vor und entriss dem erschrockenen Jungen die Pistole. Mit einem kraftvollen Wurf schleuderte er sie durch das Sicherheitsgitter hinaus in den strömenden Regen. »Ich habe doch gesagt, es muss jetzt enden.«
    Er drehte sich zu Poirot um. Der hing

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