Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)
darin. »Was macht Ihr hier?«, wagte sie zu fragen.
»Ich räume auf«, sagte Alecander. »Jemand muss es schließlich tun.«
Caryas Augen weiteten sich. »Ihr … ihr gehört auch dazu?«
Er gab nicht einmal vor, nicht zu verstehen, was sie meinte. »Ja. Aber ich diene nicht der gleichen Sache wie Cartagena.«
»Habt Ihr ihn umgebracht?«
Der Paladin nickte knapp. »Er ist zu weit gegangen. Es musste sein. Und jetzt muss ich gehen. Es hat viel zu viel Aufregung in diesem Schloss gegeben.« Er senkte seine Waffe und steckte sie in ein verborgenes Holster unter seiner Uniformjacke.
Als er sich abwenden wollte, berührte Carya ihn am Arm. »Wartet«, bat sie. »Signora Arida ist tot. Sie war eine Agentin, geschickt von Großinquisitor Aidalon. Ihr Auftrag war es, mich umzubringen. Wusstet Ihr das?«
»Nein. Sie wurde mir als Sondergesandte vorgestellt, die Bündnisverhandlungen führen würde. Ich argwöhnte zwar, dass etwas nicht stimmte, weil der nächste Besuch in Francia ursprünglich erst in einem Monat und dann erneut unter Leitung des Großinquisitors stattfinden sollte. Aber es gelang mir nicht, genug über sie herauszufinden, um ihr auf die Schliche zu kommen. Bist du für Neve Aridas Ableben verantwortlich?« Der Paladin stellte die Frage ohne jeden Vorwurf in der Stimme.
»Ja«, antwortete Carya leise. »Es war Notwehr. Ich konnte nicht anders.« Sie blickte Julion Alecander an. So nah wie in diesem Moment war sie ihm noch nie gewesen. Er hatte erstaunlich grüne Augen. »Ich habe noch eine Frage«, sagte sie.
»Stell sie, aber rasch. Wir dürfen nicht zu lange hier verweilen.«
»Wisst Ihr, wer ich bin, Signore?«
Alecander schwieg einen Augenblick lang. »Ja. Ich habe es heute früh erfahren, als ich Kontakt mit … meinen Leuten aufgenommen habe – wobei ich zugeben muss, dass ich schon eine Weile über dich nachgedacht habe. Deine Flucht aus Arcadion war spektakulär. Und dein Dossier, das ich auf der Fahrt von Arcadion hierher gelesen habe, enthielt einige interessante Details über ein Raketenflugzeug und gewisse Koordinaten.«
»Warum habt Ihr nicht früher das Gespräch mit mir gesucht?«, wollte Carya wissen.
»Weil ich zunächst Rücksprache halten musste. Und das ist mir erst heute früh gelungen. Es tut mir leid, Carya, dass du ausgerechnet an einen Mann wie Cartagena geraten musstest.«
Ein Kloß bildete sich in Caryas Kehle. Sie schluckte ihn mühsam herunter. »Wenn Ihr also jetzt … ich meine, nun da Ihr mit Euren Leuten gesprochen habt … könnt Ihr mir sagen, was es mit der Erdenwacht auf sich hat?«
»Nein«, sagte der Paladin ernst. »Das kann ich nicht. Und wenn ich dir einen Rat geben darf: Forsche nicht weiter nach. Lass all das hinter dir. Fang ein schönes neues Leben an. Du weißt jetzt, wer du bist. Du wirst lernen, damit umzugehen. Zerstöre nicht, was du hast, indem du dich in die Belange der Erdenwacht einmischst. Die werden dich töten.« Er wollte sich erneut abwenden, doch wieder hielt Carya ihn auf.
»Signore Alecander.«
»Was noch?«, fragte er unwillig.
Eine beinahe unmenschliche Ruhe überkam sie. Ohne eine bewusste Entscheidung ihrerseits hatten seine Worte aus vager Neugierde den festen Willen gemacht, die ganze Wahrheit aufzudecken. Und sie war bereit, ein kalkuliertes Risiko einzugehen. »Dann tötet mich«, sagte sie. »Machen wir es kurz, und bringen wir es hinter uns. Denn ich werde jetzt nicht aufhören. Ich habe für die Erdenwacht gemordet und gelitten. Ich bin ihr Geschöpf, und sie schuldet mir was.«
In Alecanders Gesicht regte sich kein Muskel, doch sie konnte in seinen Augen sehen, wie es in ihm arbeitete. Schließlich sackten seine Schultern leicht nach unten, und er nickte ergeben. »Begib dich in die Schwarze Zone«, sagte er. »Dort findest du alle Antworten. Leb wohl, Carya. Und viel Glück.«
Mit diesen Worten verschwand er, und diesmal versuchte Carya nicht noch einmal, ihn aufzuhalten.
Als Carya zum Audienzsaal zurückkehrte, wurde sie von den zwei Gardisten abgefangen, die ihr zuvor nachgelaufen waren. »Mademoiselle Diodato?«, richtete der eine unsicher das Wort an sie.
»Jetzt dürfen Sie mich festnehmen«, beantwortete sie seine unausgesprochene Frage. Sie reichte ihm die Pistole und streckte ihm die Arme hin, damit er ihr Handschellen anlegen konnte.
»Danke«, sagte er etwas linkisch. »Das wird nicht nötig sein.« Er deutete auf ihre Arme, woraufhin Carya sie wieder sinken ließ. »Folgen Sie uns
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