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Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Titel: Im Schatten des Mondkaisers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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hockte und sich in den Seewind lehnte. Als er Carya und Jonan bemerkte, riss er begeistert die Arme in die Luft und stieß einen Jauchzer aus. »Ich bin der König der Meere!«, schrie er ihnen zu.
    Sie lachten und winkten. »In deinen Träumen«, rief Jonan mit zum Trichter geformten Händen.
    Dann blickten Carya und er sich wieder an. Die Sonne schien, die Gischt benetzte ihre Haut, und der Wind fuhr ihnen durchs Haar. In einem Aufwallen der Gefühle rückte Carya an Jonan heran und schmiegte sich an ihn. »Küss mich.«
    »Hier?«, fragte er mit gespieltem Entsetzen, während er gleichzeitig den Arm um sie legte. »Vor der ganzen Mannschaft?« Die ganze Mannschaft bestand aus nicht einmal zwanzig Mann, von denen gegenwärtig höchstens die Hälfte an Deck zu sehen war.
    »Im Dorf der Ausgestoßenen hat es dich auch nicht gestört, dass uns alle sehen konnten«, erinnerte ihn Carya.
    Er lächelte. »Da hast du auch wieder recht.« Dann beugte er sich zu ihr herab, und ihre Lippen verschmolzen zu einem langen, salzig schmeckenden Kuss. Ein heißes Verlangen nach diesem Mann brandete in Carya auf. Ja, sie würden sich Zeit bis zum richtigen Moment lassen, bevor sie alles miteinander teilten. Aber sie hoffte, dass dieser Moment nicht noch Monate auf sich warten lassen würde.
    Irgendwo über ihnen jauchzte Pitlit erneut. Doch sie beachteten ihn gar nicht, auch nicht, als der Kuss endete. Die Welt bestand nur noch aus diesem Schiffsbug und ihnen beiden. Jonan blickte Carya tief in die Augen. Auf seiner Miene lagen Zärtlichkeit und Fürsorge. »Geht es dir gut?«, fragte er leise.
    »In diesem Augenblick?« Carya nickte und legte ihren Kopf an seine Schulter. »Ja, es geht mir gut.« Ein Gedanke huschte durch ihren Sinn. Ihr Blick wanderte hinaus auf See, und leichte Besorgnis stieg in ihr auf.
    Sie hoffte bloß, dass für ihre Eltern das Gleiche galt.
    Zwei Tage fuhren sie bei mildem Wetter durch das Ligurische Meer nach Südwesten. Dabei lernten Carya, Jonan und Pitlit neben dem raubeinigen Kapitän Denning und seinem greisen Mechaniker Hook auch noch ein paar weitere Männer der Albatros -Besatzung kennen.
    Einer von ihnen, ein tätowierter, dunkelhäutiger Riesenkerl namens Géant, der an Bord als Erster Maat diente, stammte sogar aus Francia. Die Begegnung mit ihm machte Carya auf ein Problem aufmerksam, dem sie sich bislang noch gar nicht gewidmet hatten. Géant sprach und verstand die Sprache von Arcadion zwar leidlich, aber im Herzen von Francia würde das vermutlich ganz anders aussehen. Sie durften nicht damit rechnen, dass sie in Paris mit ihren gegenwärtigen Sprachkenntnissen sehr weit kommen würden.
    Also überredeten sie den gutmütigen Koloss, ihnen in seinen freien Stunden ein wenig Francianisch beizubringen. Im Gegenzug halfen sie ihm dabei, seine Kenntnisse in Arcadisch zu verbessern. Zu Beginn ihres Unterrichts besaß Jonan einen kleinen Anfangsvorteil, denn er hatte auf der Templerakademie einige sehr oberflächliche Einführungskurse in allen Sprachen der sie umgebenden Reiche erhalten. »Gerade genug Brocken, damit ich einem Feind im Feld verständlich machen kann, dass er sich ergeben soll, wenn er nicht will, dass ich ihn erschieße«, erklärte Jonan sarkastisch.
    Es dauerte jedoch nicht lange, bis Carya ihn überflügelte. Sie wunderte sich selbst darüber, doch sie schien eine natürliche Begabung für das Erlernen von Sprachen oder zumindest des Francianischen zu besitzen. Nachdem Géant ihr ein paar grundlegende Sätze beigebracht hatte, spürte sie bereits eine Vertrautheit, die es ihr erlaubte, neue Sätze und Worte daraus abzuleiten. Dabei beschlich sie ein zunehmendes Gefühl von Déjà-vu, so als hätte sie all das schon einmal beigebracht bekommen.
    »Könnte das mit deiner Vergangenheit zusammenhängen?«, überlegte Jonan, während sie am Abend des zweiten Tages beim Essen zusammensaßen und Carya ihren Begleitern ihre seltsamen Eindrücke schilderte. »Wir wissen mittlerweile, dass dein Raketenflugzeug mit der Kapsel dich ins Reich des Mondkaisers bringen sollte. Möglicherweise wurdest du mit einem Sprachkurs auf diese Reise vorbereitet.«
    »Vielleicht stammst du ja sogar aus Paris«, mutmaßte Pitlit. »Du hast doch selbst gesagt, dass du über die Zeit vor dem Absturz nichts weißt. Du könntest also auch … was weiß ich … auf der Heimreise von irgendeinem Urlaub gewesen sein. Oder so.« Er biss von einer Scheibe Brot mit Schmalz ab und schmatzte genüsslich. »Stell dir

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