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Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Titel: Im Schatten des Mondkaisers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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entschlossen auf das zertrümmerte Bauwerk vor ihnen. »Kommt. Gehen wir hinein und schauen uns um.«
    Sie bahnten sich einen Weg durch die Trümmer und betraten das kastenförmige Gebäude an der Stelle, wo der Einschlag es praktisch entzweigespalten hatte. Dort schien früher eine große Eingangshalle gewesen zu sein. Zwischen den Steinbrocken, den Glassplittern und heruntergestürzten Deckenteilen befanden sich zerschmetterte Sitzbänke, kaputte Anzeigetafeln und allerlei sonstige Einrichtungsgegenstände. Auch einige menschliche Überreste entdeckten sie dort, allerdings ebenso zerfallen wie die Skelette in dem Ehebett vor ein paar Tagen.
    Ohne sich abgesprochen zu haben, zogen Carya, Jonan und Pitlit ihre Waffen. Die Überreste der Toten erinnerten sie daran, dass es auch noch Lebende in diesen Ruinen geben mochte. Und wer wusste schon, ob diese ihnen freundlich gesinnt waren. Vorsichtig durchquerten sie die Trümmer und erreichten kurz darauf eine breite Plattform, von der aus man auf das flache Gelände jenseits des Bauwerks schauen konnte.
    Carya stockte der Atem. Sie hatten recht gehabt. Das Symbol auf dem gelben Metallschild hatte ein Fluggerät dargestellt! Ein Fluggerät wie die, die zu ihren Füßen auf dem grauen Vorfeld standen. Es musste sicher ein Dutzend dieser stählernen Giganten sein, die sich dort versammelt hatten. Sie waren siebzig bis achtzig Meter lang und an den Flügeln ebenso breit. Die hoch aufragenden Metallflächen, die an die Rückenfinnen von großen Fischen erinnerten, erhoben sich sicher zwanzig Meter in die Luft. Alles in allem hatten diese Maschinen mit Caryas kleinem Raketenflugzeug etwa so viel gemein wie die Engelsburg in Arcadion mit der Wohnung ihrer Eltern. Der Schein der roten Abendsonne brachte die röhrenförmigen Leiber und mächtigen Flügel zum Glänzen und verlieh den stummen Riesen eine fast mythische Aura.
    Doch auch dieser Glanz konnte nicht verhehlen, dass viele der Maschinen schlichtweg Wracks waren. Bei einigen fehlten Rumpfteile, andere lagen mit dem Bauch flach auf dem Boden wie gestrandete Wale. Im direkten Umfeld der Explosion, die das Haus gespalten hatte, waren die Fluggeräte besonders in Mitleidenschaft gezogen worden. Zwei waren von der Druckwelle gegeneinandergeschleudert worden und hatten sich verkeilt, ein weiteres lag mit geknicktem linken Flügel auf der Seite.
    Nichtsdestotrotz war es ein Anblick von seltener Erhabenheit.
    »Nun gut, jetzt wissen wir also, warum die Koordinaten in deiner Kapsel hierher wiesen«, brach Jonan nach einigen Augenblicken ehrfürchtigen Starrens das Schweigen. »Hier konnte ein Gefährt wie dein Raketenflugzeug sicher landen. Leider beantwortet das nicht die Frage, wer es geschickt hat oder wer es in Empfang nehmen sollte.«
    Carya vermochte nur stumm zu nicken. Bei allem Staunen, das im ersten Moment von ihr Besitz ergriffen hatte, verspürte sie inzwischen eine grenzenlose Enttäuschung. Sie hatten einen Zwischenstopp ihrer Reise erreicht, keinesfalls ihr Ziel. An diesem Ort durfte sie auf keine weiteren Antworten hoffen. Sie wusste jetzt nur, dass irgendjemand sie gezielt zu einem Landeplatz für Flugapparate am Rand von Paris geschickt hatte, und zwar einem, der eindeutig außer Betrieb war und es vermutlich auch vor zehn Jahren schon gewesen war.
    »Was machen wir jetzt?«, fragte Pitlit.
    »Eine gute Frage«, sagte Jonan. Er schaute Carya an. »Carya? Sollen wir uns noch ein bisschen umschauen?«
    »Ich glaube, das hilft uns nicht weiter. Das Gelände ist riesig und offensichtlich aufgegeben. Hier Hinweise zu finden, die irgendetwas mit meiner Vergangenheit zu tun haben, dürfte in etwa so schwer sein, wie eine Nadel im Heuhaufen zu entdecken.«
    »Trotzdem sollten wir heute Nacht hierbleiben«, sagte Jonan mit Blick auf die tief stehende Sonne. »Es wird bald dunkel. Wir suchen uns eine bequeme Ecke im unbeschädigten Teil dieses Gebäudes, und morgen sehen wir weiter. Ich jedenfalls bin nicht bereit, so schnell aufzugeben. Vielleicht finden wir ja doch noch irgendwelche Hinweise, dass der Lufthafen nach wie vor von jemandem genutzt wird. Und wenn das so ist, bringt uns das bestimmt weiter. Dein endgültiges Ziel kann nicht so weit von hier weg gewesen sein, ansonsten hätte man dich nicht hier landen lassen.«
    Seine aufmunternden Worte entlockten Carya ein Lächeln. »Du hast recht. So machen wir es. Für heute ist das hier Entdeckung genug. Und morgen schauen wir, was dieser Heuhaufen für Überraschungen

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