Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)
Raketenflugzeug noch nichts verändert. Pitlit deutete auf eine Treppe, die einige Meter zur Linken in die Tiefe führte und aufgrund der zwei ineinander verkeilten Riesenflugmaschinen vom Vorfeld aus nicht zu sehen war. »Los, gehen wir noch etwas näher ran.«
Er wollte schon loshuschen, doch Jonan packte ihn an der Schulter und zwang ihn zurück in Deckung. »Warte«, befahl er. »Da passiert was.« Er deutete mit einem Nicken nach vorne.
Carya hatte es ebenfalls bemerkt. Auf dem Vorfeld rollte ein Motorwagen in Sicht. Es handelte sich um ein großes Fahrzeug, dem das eigenartige Kunststück gelang, zugleich bullig und elegant auszusehen. Die großen Reifen und der Waffenturm im Heck, der von einem Uniformierten bemannt wurde, zeugten davon, dass der Wagen auch für Fahrten in gefährlichem Gebiet gedacht war. Die glänzend dunkelblaue Lackierung und die silbernen Zierelemente machten aus dem Militärwagen jedoch ein Fahrzeug für hochgestellte Persönlichkeiten. Carya wäre jede Wette eingegangen, dass der Wagen einem namhaften Mitglied bei Hofe gehörte, einem Minister des Mondkaisers vielleicht oder einem Botschafter.
Zur gleichen Zeit kam auch wieder Leben in das Raketenflugzeug. Ein Scheinwerfer ging an, und eine Luke in der ihnen zugewandten Rumpfseite klappte nach oben und unten auf, sodass eine überdachte Treppe entstand. Ein Mann in einer schwarzen Uniform stieg aus dem Fluggefährt und postierte sich am unteren Ende der Treppe. Soweit Carya erkennen konnte, trug er eine kompakte Schusswaffe und einen Helm mit einer fest montierten Brille.
»Kopf runter«, raunte Jonan ihnen zu. »In der Brille könnte eine Restlichtverstärkeroptik eingebaut sein, mit der uns der Bursche hier oben sehen kann, wenn er aufmerksam ist.« Sie duckten sich etwas tiefer und lugten stattdessen durch einen Spalt in der Außenmauer.
Hinter dem Wachmann erschien eine weitere Gestalt. Sie blieb für einen Moment in der hell erleuchteten Luke stehen, und Carya konnte erkennen, dass es sich um einen mittelgroßen Mann mit grau meliertem Haar und sorgsam gestutztem Bart handelte. Er trug eine reich verzierte Kombination aus Jacke und Hose in Rot und Weiß. Die Farben standen in deutlichem Kontrast zu dem Wachmann zu seinen Füßen und den blausilbern gewandeten Gardisten, die soeben aus dem Motorwagen ausstiegen und Aufstellung bezogen.
Die Gardisten nahmen Haltung an, als ein beleibter Mann in verschwenderisch wirkendem Ornat aus dem Wagen herauskam. Er hatte eine Glatze und auch im Gesicht keine nennenswerte Behaarung. Dafür trug er einen verzierten Gehstock mit sich, obwohl er keine Probleme beim Gehen zu haben schien. Spielerisch schwenkte er den Stock umher, während er sich dem Rot-Weiß-Gekleideten näherte, der seinerseits auf den Beleibten zuging. »Monsieur Cartagena«, rief er auf Francianisch. »Was für eine Ehre, Euch wieder bei uns zu haben. Wir hatten Euch nicht so bald zurückerwartet.«
Der Rot-Weiße verbeugte sich leicht. Seine Antwort war nicht zu verstehen, weil sich die beiden Männer nun erreicht hatten und die Stimmen senkten, während sie sich die Hände schüttelten.
»Was sagen die?«, wollte Pitlit leise wissen. Er legte den Kopf schief und beugte sich vor. Dabei stützte er sich an einem geborstenen Mauerstück ab.
Unvermittelt gab dieses nach!
Blitzschnell griff Carya zu und zog Pitlit zurück, damit er nicht kopfüber in die Tiefe stürzte. Allerdings konnte sie nicht verhindern, dass der Steinbrocken krachend mehrere Meter unter ihnen auf dem Vorfeld landete. Zu allem Überfluss rutschte ihr auch noch der Bogen von der Schulter und landete klappernd neben ihr auf dem Boden.
Carya erstarrte in der Bewegung, und Pitlit ging es nicht anders. Jonan stieß einen kaum hörbaren Fluch aus. Er packte sein Templersturmgewehr fester.
Die beiden Männer schauten zu ihnen herüber. »Was war das?«, fragte der Beleibte laut.
Auch die Gardisten richteten ihre Aufmerksamkeit auf die Gebäudefront.
»Die sehen uns nicht, oder?«, hauchte Pitlit furchtsam. »Es ist schon zu dunkel, nicht wahr?«
»Hoffen wir es«, gab Jonan leise zurück.
»Da!«, machte die Stimme des schwarz gekleideten Wachmanns diese Hoffnung zunichte. »Auf der Beobachtungsterrasse kauern Leute.«
Der Beleibte machte eine befehlende Geste zu seinen Gardisten. »Holt die da runter. Aber sofort. Es darf keine Zeugen geben.«
»Verdammt.« Jonan sprang auf. »Weg hier. Schnell.« Er nahm Caryas Hand, um sie mit sich zu ziehen.
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