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Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Titel: Im Schatten des Mondkaisers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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Derartiges seit Pitlits Auftauchen schon befürchtet. Doch die Bestätigung aus dem Mund des Straßenjungen zu erhalten, versetzte ihm einen schmerzhaften Stich in der Brust. Es war, als ob sich der Panzerhandschuh eines Templersoldaten um sein Herz schließen und langsam zudrücken würde. »Weißt du, was sie mit ihr angestellt haben?«, fragte er. »Haben sie ihr wehgetan?«
    »Ich bin natürlich nicht gleich weggelaufen, wie Carya es wollte, sondern habe mich nur ins Gebüsch geschlagen und das Ganze beobachtet«, erklärte Pitlit. »Wenn sie ihr was getan hätten, das schwöre ich dir, hätte ich sie alle erschossen.« Er klopfte auf seinen Revolver im Gürtel. »Erst sah es auch gar nicht gut aus. Dieser fetter Kerl, dem der Panzerwagen gehört, wollte, dass seine Soldaten Carya kaltmachen. Aber dann hat sich der Rot-Weiße aus dem Raketenflugzeug eingemischt und es verhindert. Keine Ahnung, warum.« Pitlit zuckte mit den Schultern.
    »Und weiter?«
    »Na ja, er ist zu ihr hin, und sie haben sich unterhalten. Vielleicht hat er Carya gedroht oder sie irgendwie überredet. Jedenfalls ist sie mit ihm gegangen, ohne einen Fluchtversuch zu unternehmen. Gut, das wäre auch ziemlich blöd gewesen. Schließlich stand ein halbes Dutzend Soldaten mit Gewehren um sie herum.« Der Straßenjunge zögerte kurz und zuckte erneut mit den Schultern. »Und danach sind sie weggefahren. Mehr weiß ich nicht.« Er schaute zu Jonan auf. »Bist du mir jetzt böse, weil ich Carya nicht beschützt habe?«
    Gegen seinen Willen musste Jonan lächeln, aber es fühlte sich wie ein sehr verbittertes Lächeln an. »So ein Quatsch, Kumpel«, sagte er und klopfte Pitlit beruhigend auf die Schulter. »Wenn sich einer Vorwürfe machen sollte, dann ich – und die mache ich mir, das kannst du mir glauben. Wir hätten zusammenbleiben sollen.«
    »Aber du hättest Carya auch nicht gegen all die Soldaten und den Panzerwagen und das Raketenflugzeug beschützen können«, wandte der Junge ein.
    Jonan presste die Lippen zusammen. »Nein, vermutlich nicht. Aber sag das mal meinem schlechten Gewissen …« Er fluchte leise.
    Einen Moment lang herrschte betretenes Schweigen zwischen ihnen.
    »Was machen wir jetzt?«, wollte Pitlit wissen.
    »Das, was wir schon in der Heimat gemacht haben«, antwortete Jonan. »Wir ziehen los, um Carya zu retten.«
    »Und wie wollen wir das anstellen? Diesmal gibt es niemanden, der uns helfen könnte. Wir kennen uns hier nicht aus. Wir sprechen ja nicht mal richtig die Sprache dieser Leute.« Obwohl sich der Junge sichtlich Mühe gab, nicht panisch zu klingen, nahm seine Stimme doch einen leicht schrillen Tonfall an.
    »Ganz ruhig«, sagte Jonan. »Wir sprechen die Sprache gut genug – also ich zumindest. Den Rest müssen wir mit Händen und Füßen verdeutlichen. Das wird schon klappen. Was Hilfe angeht … Das ist schon ein größeres Problem.« Er rieb sich mit der Linken übers unrasierte Kinn. »Unser Freund und seine Gardisten werden vermutlich zum Hofstaat des Mondkaisers gehören. Es würde mich wundern, wenn hier sonst noch jemand einen derart gut gepflegten Panzerwagen unterhalten könnte. So einen Hofstaat stelle ich mir recht groß und unübersichtlich vor. Das könnte es uns erleichtern, ihn zu infiltrieren. Es muss doch Bauern und Kaufleute geben, die den Kaiser mit Lebensmitteln und anderen Dingen versorgen. So ein Hofstaat hat schließlich einen enormen Verbrauch. Wenn wir uns an so jemanden hängen, sollte es nicht schwer sein, hineinzukommen.«
    »Aber wenn dieser Hofstaat wirklich so groß ist, wird Carya sicher nicht so leicht zu finden sein«, gab Pitlit zu bedenken. »Als Gehilfen eines Bauern können wir ja nicht überall herumlaufen, wie es uns gefällt.«
    »Auch wieder wahr. Wir bräuchten also eine bessere Scheinidentität. Etwas mit mehr Bewegungsfreiheit. Ich fürchte, das wird uns ohne Hilfe von außen nicht gelingen. Nur, an wen sollen wir uns wenden?«
    Pitlit schnippte mit den Fingern. »Erinnerst du dich daran, wie wir uns von Géant verabschiedet haben? An der Küste?«
    »Natürlich«, antwortete Jonan. »Warum fragst du?«
    Auf einmal wirkte der Straßenjunge ganz aufgeregt. »Du hast es vielleicht nicht richtig mitgekriegt, aber er hat Carya beiseitegenommen und mit ihr geredet. Ich habe nicht alles verstanden, weil er so leise gesprochen hat. Aber ich glaube, er sagte, dass er einen Bruder in Paris hat. Er lebt bei irgendeinem Dom … warte … Inva-Irgendwas …

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