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Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Im Schatten des Mondkaisers (German Edition)

Titel: Im Schatten des Mondkaisers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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Straßenjungen gerichtet. Aus irgendeinem Grund bezweifelte er, dass ihm die Antwort gefallen würde.

Kapitel 17
    D ie Fahrt zum Hof des Mondkaisers verlief in Schweigen. Die Gardisten im hinteren Bereich des Panzerwagens waren zu gut gedrillt, um in Anwesenheit von zum Teil hochstehenden Gästen einfach so in munteres Plaudern zu verfallen. Minister Justeneau schien unwillig, auch nur das kleinste bisschen an Information preiszugeben, weswegen er einfach gar nichts sagte und stattdessen Carya bloß mürrisch anschaute. Cartagena schließlich genügte es, in friedvoller Gedankenverlorenheit dazusitzen und durch das schmale Fenster zu schauen, hinter dem das von den Strahlern des Motorwagens erhellte nächtliche Ödland vorbeizog.
    Was Carya anging, so wusste sie einfach nicht, was sie sagen sollte. Es war nicht so, dass sie keine Fragen gehabt hätte. Genau genommen schwirrten ihr Dutzende davon im Kopf herum. Die meisten davon betrafen Cartagena, sie und ihre Vergangenheit. Allerdings handelte es sich dabei gewissermaßen um etwas Persönliches. Daher wollte Carya diese spezielle Unterhaltung nicht im Beisein von Dritten führen. Und irgendein unverbindliches Gespräch anzufangen, nur um die auf dem Wageninneren lastende Stille zu durchbrechen, fand sie ausgesprochen schwierig. Zu abweisend wirkten ihre beiden Mitreisenden.
    Also blieb auch Carya stumm und musterte nur die beiden ihr im Fond gegenübersitzenden Männer. Ihr fiel auf, dass Cartagena einen goldenen Ring am Ringfinger der rechten Hand trug. Das Schmuckstück wies an der Oberseite eine ovale Fläche auf, in die ein Kreis graviert worden war, der von feinen Linien durchzogen war. Viel mehr konnte Carya auf die Entfernung nicht erkennen. Sie hatte ihn auch nur bemerkt, weil der Mann sonst überhaupt keinen Schmuck trug.
    Die Fahrt dauerte ungefähr eine halbe Stunde und führte sie ein gutes Stück die breite Handelsstraße zurück, die Carya, Jonan und Pitlit an diesem Tag in Richtung Orly entlanggewandert waren. Schließlich verließen sie diese in Richtung Norden. Sofort waren sie von Häusern umgeben, aus deren Fenster der goldene Schein fiel, der von Leben kündete. Es war spät genug, dass sich kaum noch Menschen auf den Straßen und Gassen herumtrieben, aber nicht so spät, dass man überall schon zu Bett gegangen wäre.
    Mit jeder Minute, die verstrich, nahmen die Anzeichen von Zivilisation zu. Die Häuser rückten zusammen und reckten sich in die Höhe, bis sie auf beiden Seiten der Straße eine mehrstöckige, geschlossene Fassadenfront bildeten. Im Erdgeschoss vieler Gebäude sah Carya kleine Geschäfte. Schuster, Schneider, Schreiner und andere Gewerbetreibende boten hier ihre Waren an. Man fühlte sich fast wie in Arcadion. Sogar an einer Buchhandlung kamen sie vorbei. Einen Moment lang war Carya verführt, den Wagen anhalten zu lassen und hinauszuspringen, um sich die Druckwerke anzuschauen, die in den Auslagen im Fenster auf Käufer warteten.
    Auf einmal zogen sich die Häuser zurück, und die Straße ging in eine breite Allee über. Mächtige Bäume säumten diese, und dahinter waren die Mauern und lang gestreckten Gebäude von etwas zu sehen, das Carya an die Templerakademie in Arcadion erinnerte. Uniformierte und bewaffnete Gardisten standen vor den mit Gittertoren gesicherten Eingängen Wache. Eine blaue Flagge mit stilisiertem silberfarbenen Lilienmuster wehte, vom Licht eines Scheinwerfers angestrahlt, über ihren Köpfen an einem schlanken Fahnenmast.
    Vor ihnen lag ein Platz von geradezu riesigen Ausmaßen. Den größten Platz, den Carya bislang zu Gesicht bekommen hatte, war das von Arkaden eingefasste Oval vor dem Dom des Lichts gewesen. Dieser hier übertraf selbigen sicher um das Doppelte. Kasernenartige Bauwerke rahmten ihn zu beiden Seiten ein. In der Mitte ragte auf einem hohen Sockel die überlebensgroße Statue eines Mannes auf, der prunkvolle Gewänder und einen federgeschmückten Hut trug. Die Statue bestand aus schwarzgrauem Metall. Das Gesicht allerdings war von einer silbernen Maske bedeckt.
    Am fernen Ende des Platzes erhob sich ein Palast, wie Carya ihn noch nie gesehen hatte. Das Gebäude oder vielmehr die Ansammlung von Gebäuden hatte atemberaubende Ausmaße. Die Häuser waren annähernd hufeisenförmig angeordnet, mit einem weitläufigen Hof in der Mitte. Eine verzierte Mauer begrenzte das Areal nach vorne.
    Obwohl es bereits dunkel war, konnte man das Schloss in allen Einzelheiten bewundern, denn zahllose

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