Im Schatten des Mondlichts - das Erbe
einem einzigen Grund: Um Naomi zu schaden. Seine Reaktion hatte erste Zweifel in ihr geweckt, und diese hatten sich bis jetzt nicht mehr zerstreuen lassen.
Sie hatte schon vorher gewusst, dass Sammy ein Schwein war, trotzdem hatte sie unmöglich seine Ablehnung dem Kind gegenüber vorhersehen können.
In dem Moment, als sie am Telefon Sammys gemeines Lachen vernommen hatte, war ihr bewusst geworden, dass es ein Fehler gewesen war, ihm von dem Kind zu erzählen. Sammy würde sich von ihr nicht kontrollieren lassen.
Noch deutlich hatte sie seine Warnung und den toten Vogel vor Augen. Ihre Angst vor Sammy und ihr Liebeskummer wegen Roman hatten sie dazu verführt, den für sie leichtesten Weg zu gehen. Unentwegt betete sie sich vor, es würde alles gut ausgehen, doch in ihrem Herzen spürte sie etwas anderes. Entsetzen über sich selbst und Panik vor dem, was unweigerlich folgen würde.
Vor der Toreinfahrt verharrte sie einen Moment, bis sie ihre Gedanken wieder so weit im Griff hatte, dass sie sie vor Iker verbergen konnte. Für einen kurzen Moment dachte sie darüber nach, mit Iker zu sprechen und überlegte, was das für Folgen haben würde. Kai wäre in Sicherheit. Sie selbst müsste vermutlich ausziehen. All das könnte sie ertragen, wenn Sammy nicht erneut gedroht hätte, ihren Vater zu töten.
Es gab keinen Ausweg für sie.
Pilar straffte die Schultern, steckte den Schlüssel in das Eingangstor, schloss auf und betrat das Grundstück.
Während sie in der Küche die Einkäufe verstaute, dachte sie an Tomaten. Dieses Wort wiederholte sie so oft im Geiste, bis sie nur noch an Tomaten dachte. Auch wenn Iker sich nicht in ihrer Nähe aufhielt, konnte Pilar nicht riskieren, dass dieser auch nur einen flüchtigen Gedanken auffing.
Anschließend deckte sie den Tisch für das Abendessen und legte eine Notiz in die Küche mit der Nachricht, dass sie heute kochen würde und das Essen um zwanzig Uhr dreißig serviert würde.
Erst als sie ihr Zimmer betrat, erlaubte sie sich, wieder an etwas anderes als an Tomaten zu denken. Sie setzte sich auf die Bettkante, schlug die Hände vor das Gesicht und weinte.
Nachdem keine Tränen mehr kamen, ließ sie sich rücklings auf die Matratze fallen und starrte mit offenen Augen an die Decke. Tief in ihrem Inneren hoffte sie, dass sich Sammy gut um das Kind kümmern würde. Wenn sie ihm erklärte, dass Kai besondere Fähigkeiten hatte, würde er sich mit Sicherheit für ihn interessieren. Er würde seinem eigenen Kind nicht schaden. So schlecht konnte selbst Sammy nicht sein.
Pilar sah immer wieder unsicher zur Uhr. Die Zeit war viel zu schnell verstrichen.
Mit schlurfenden Schritten ging sie ins Badezimmer, wusch sich das Gesicht und bemerkte, dass sie zwar keine rot geweinten Augen mehr hatte, aber trotzdem sehr blass aussah. Mit den Fingern zupfte sie die Haut über ihren Wangen, bis sie eine gesündere Farbe aufwies, bevor sie ihr Make-up erneuerte. Sie blickte an sich hinab und entschied, dass für den heutigen Tag ihre Jeans und das ausgeleierte T-Shirt passend zu ihrer Stimmung waren. Erst hatte sie überlegt, ob sie sich ein Sommerkleid anziehen sollte, doch hätte sie sich darin nur noch unwohler in ihrer Haut gefühlt.
Als sie ihr Zimmer verließ, stieß sie im Treppenhaus auf Roman, der mit Kai auf dem Arm die Stufen herunterkam.
Er lächelte sie an. »Danke, dass du heute kochst! Iker gehen nämlich die Ideen aus.«
»Kein Problem.« Sie zuckte mit den Schultern und sah zu Boden. »Ich habe einiges gutzumachen und dachte, dass ich wenigstens das Kochen übernehmen könnte, wenn ich schon mal hier bin.«
»Geht es deinem Vater besser? Du wirkst niedergeschlagen.« Roman sah sie aufmerksam an.
»Er fühlt sich schon viel kräftiger.« Die Ausrede, ihr Vater sei krank und benötige ihre Hilfe und Unterstützung, war nur vorgeschoben, um so wenig Zeit wie möglich hier im Haus verbringen zu müssen, wo sie immer Gefahr lief, dass Iker in ihren Gedanken las. Außerdem wollte sie nicht zugeben, dass ihr Vater ihr wegen des Studiums zusetzte und er sie lieber unter seinem Dach wusste, wo er sie kontrollieren konnte. »Ich bin nur etwas müde. Das Studium verlangt mir viel ab.«
»Das kann ich mir vorstellen.« Roman nickte und ging voraus in die Küche. »Ich bin schon sehr gespannt, was Naomi zu erzählen hat, wenn sie morgen zurückkommt. Leider konnte sie am Telefon nicht darüber reden, da sie schon am Gate war und zu viele Leute um sie herumstanden.« Er warf
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