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Im Schatten des Mondlichts - Das Erwachen - Die Fährte - SOMMER-SONDEREDITION (German Edition)

Im Schatten des Mondlichts - Das Erwachen - Die Fährte - SOMMER-SONDEREDITION (German Edition)

Titel: Im Schatten des Mondlichts - Das Erwachen - Die Fährte - SOMMER-SONDEREDITION (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. J. Bidell
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welcher Teufel mich geritten hat. Wir waren beide beschwipst und ...«
    Sie knuffte ihn in die Seite. »Schon gut. Freunde?«
    »Claro, amigos para siempre!« Karsten grinste breit.
    »Das verstehe sogar ich noch.« Naomi verdrehte die Augen. »Freunde für immer oder so.« War die Lateinbüffelei doch für etwas gut gewesen. »Wie läuft´s eigentlich mit deinem Spanischkurs?«
    Karstens Augen blitzten vergnügt. »Nicht so super. Deswegen habe ich mich beim Austauschprogramm von ERASMUS angemeldet. Die Zusage ist da. Ich gehe nach Barcelona!«
    Naomi lachte laut los. »Dann machst du hier auch die Fliege?« Ihr wurde leichter ums Herz. Karsten war nicht böse und hatte selbst Pläne geschmiedet.
    »Jepp. Und du bist die Erste, die es erfährt. Wo ist eigentlich der Sekt abgeblieben?«

Zwei
     
    Sechs Wochen später standen sich Naomi und Karsten an der Haustür gegenüber. Naomi nahm Karsten zum Abschied in die Arme. Er schob sie ein Stückchen von sich weg und sah sie lange an. »Du wirst mir fehlen.«
    Naomi lächelte ihm aufmunternd zu. »Blödsinn. Du wirst gar keine Zeit dafür haben. Außerdem können wir uns ja mailen.«
    Er drückte sie nochmal an sich, bevor er die Stufen hinabstieg. An der Gartentür drehte er sich kurz zu ihr um, winkte und verschwand in der Dunkelheit.
    Naomi sah ihm nach. Er würde ihr auch fehlen. Alle würden ihr fehlen. Sie schloss die Haustür. Leise Musik drang aus der Küche. Das Fest war schön und doch traurig gewesen. Ihre engsten Freunde waren gekommen. Eine große Familie hatte sie nicht. Es gab nur Großmutter, Mutter und sie selbst. Manchmal bedauerte sie, dass es sonst niemanden gab; wenn sie daran dachte, wie ganze Horden bei Karsten einfielen, wenn er Geburtstag feierte. Geschwister, Cousins, Tanten, Onkel, ein bunter wilder Haufen.
    Immerhin hatte sie gute Freunde. Zu Bergen von Pizza hatten sie wilde Geschichten aus ihrer Schulzeit aufleben lassen. Nun waren alle weg. Sie war alleine. Ihre Großmutter hatte sich schon lange gemeinsam mit ihrer Mutter zurückgezogen; vermutlich schliefen sie bereits tief und fest. Sie sah auf die Uhr. Zwei Uhr. In wenigen Stunden säße sie in einem Flugzeug auf dem Weg nach Neuengland. Die letzten Wochen waren wie im Flug vergangen. Ein flaues Gefühl machte sich in ihrem Magen breit. Sie hatte Angst. Noch nie war sie länger als eine Nacht von zu Hause weg gewesen. In ihrem Kampf, ihren Willen durchzusetzen, hatte sie nie darüber nachgedacht, was tatsächlich auf sie zukommen würde. Sie war so damit beschäftigt gewesen, die Zustimmung ihrer Großmutter zu erlangen, dass es ihr vorgekommen war, als spielte sie ein Spiel, welches es zu gewinnen galt. Es war aber kein Spiel; sie hatte gewonnen und wusste nicht so recht was.
    Naomi atmete tief durch und gähnte. Sie würde heute Nacht kein Auge zumachen. Sie war hundemüde, aufgekratzt und ängstlich zugleich. Großmutter hatte sie vor dem Schlafengehen nochmals ermahnt, sie solle endlich ihre Koffer packen. Die Koffer hatten Zeit. Die Wäsche lag auf ihrem Bett verstreut, ebenso Fotos und ihre Kosmetikartikel. Die Taschen wären in fünf Minuten gepackt. Naomi schlenderte ziellos durch die leeren Zimmer. Sie kam sich selbst albern vor. Immerhin wäre sie nur sechs Monate weg, und das Haus würde sich in dieser kurzen Zeit nicht verändern. Trotzdem legte sich ein Ring um ihr Herz, der sich mit jedem Zimmer, das sie betrat, enger schloss. Sie öffnete die Hintertür, die in den Garten hinausführte. Ein milder Frühlingswind wehte ihr entgegen. Sie starrte in die Dunkelheit. Wenn sie jetzt hinausginge, sich auf die Bank unter der großen Eiche setzte, würde sie weinen. Sie kämpfte die aufsteigenden Tränen nieder.
    Naomi straffte die Schultern und schloss die Tür. Der Garten musste bis morgen warten. Besser, sie kümmerte sich um die Küche.
    Begleitet vom dudelnden Radio, räumte Naomi die Teller und Gläser in die Spülmaschine, packte Dosen und Flaschen in die Trennbehälter. Ihr Blick fiel auf die übrig gebliebene Pizza, die auf dem Backblech zwischenzeitlich kalt geworden war. Das Messer lag noch darauf. Ein Stück Pizza würde sie trösten; das tat es immer. Sie schnitt sich ein großes Stück ab und biss mit geschlossenen Augen herzhaft hinein. Der trocken gewordene Käse zog keine Fäden mehr, und die kalten Tomaten hatten ihren Saft verloren. Der Geschmack von Oregano und Basilikum war trotzdem herrlich. Nachdem sie das Stück verschlungen hatte, packte sie die restliche

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