Im Schatten des Mondlichts - Das Erwachen - Die Fährte - SOMMER-SONDEREDITION (German Edition)
den Wald marschierte. Nach einigen Minuten endete ihr Weg an einem See. Der Karte nach, die Emma ihr gezeigt hatte, musste es sich um den Pen Ponds handeln. In Ufernähe schwamm ein Schwanenpaar mit seinen Jungen. Der See lag ruhig da.
Ein Pfad verlief entlang des Pen Ponds . Am gegenüberliegenden Ufer joggten drei Menschen. Durch die große Entfernung sahen sie aus wie hüpfende Flöhe. Automatisch duckte sich Naomi. Sie wollte nicht riskieren, entdeckt zu werden. Vermutlich war es verboten, sich abseits der Wege aufzuhalten. Als niemand mehr zu sehen war, ging Naomi am Ufer entlang in Richtung Norden, bis es sie tiefer in den Wald zog.
Auf einem Hügel stand eine Eiche mit ausladenden Ästen. Der Anblick dieses majestätischen Baumes zauberte Naomi ein Lächeln auf die Lippen. Der Treffpunkt lag doch in diesem Park, an dieser Stelle. Ihre Suche fand ein Ende. Mit ihrer Hand strich sie über die raue Rinde der Eiche, und eine innere Ruhe erfüllte sie. Mit einem Seufzen lehnte sie sich an den Baumstamm. Er musste eineinhalb Meter durchmessen, und die Baumkrone überragte alle umstehenden Bäume, die, wie schon auf der Waldlichtung in Stillwater, gebührenden Abstand hielten. Ganz so, als wüssten sie um die Bedeutung der Eiche.
Naomi schloss die Augen. Morgen Nacht käme sie wieder. Und dieses Mal bliebe sie nicht alleine. Nicht in London. Hier musste es andere Clanmitglieder geben. Reglos stand sie einige Zeit dort, genoss die friedliche Atmosphäre, bevor sie sich auf den Rückweg begab.
Nun wollte sich Naomi um eine neue Bleibe kümmern. Das stellte das kleinere Problem dar. Die Queens Road verlief über mehrere hundert Meter am Park entlang und Emmas Haus lag in unmittelbarer Nähe. Dort fände sie mit Sicherheit eine passende Unterkunft. Wäre sie vorher nicht so tief in Gedanken versunken zum Park gelaufen, hätte sie sich gleich danach umsehen können. Doch anstatt gezielt nach einem Schild Ausschau zu halten, hatte sie nur an den Treffpunkt denken können.
Am Richmond Gate verließ sie den Park und sah sich den Eingang nochmals genau an. Am Tor waren Straßenlaternen angebracht. Die vorbeiführende Straße war relativ belebt, und es würde schwierig werden, unbemerkt über das Tor oder die seitliche Umzäunung zu klettern. Doch wenn die anderen vom Clan das bewältigten, dann schaffte sie es auch.
Sie verließ den Park und suchte nach einem Bed and Breakfast . Bis zur Abzweigung in die Straße, die zu Emmas Haus führte, entdeckte sie keines. Die Queens Road verlief nach Norden und sie folgte der Straße.
Unterhalb der Queens Road ging eine kleine Seitenstraße ab. Ob sie hier eine Pension fände? Auf der rechten Straßenseite prangte ein Schild an einem Toreingang. Sie las darauf die Aufschrift Richmond Cemetery . Hier käme vermutlich nichts. Wer wollte schon direkt an einem Friedhof wohnen?
Einige Meter weiter stieß sie auf ein Hinweisschild einer Pension. Das Bauwerk besaß drei Stockwerke, die Fassade war mit hellen Klinkersteinen versehen, und die Fensterrahmen aus dunklem Holz verliehen dem Gebäude einen einladenden Eindruck.
Naomi betrat die Eingangshalle, fragte nach und tatsächlich gab es noch ein freies Zimmer im dritten Stock. Es kostete fünfundvierzig Pfund. Ohne das Doppelzimmer anzusehen, reservierte sie es für zwei Nächte und bezahlte die Erste im Voraus. Heute Nachmittag würde sie umziehen.
»Warum in aller Welt musst du unbedingt in eine Pension ziehen?« Leandra sprang aus dem Wohnzimmersessel auf. »Das Geld könnten wir auch anderweitig ausgeben! Du übertreibst maßlos.«
Naomi sah sich um. »Wo ist Emma?«
»Einkaufen.«
»Gut. Es ist nur so ein Gefühl. Ich kann es dir nicht beschreiben. Aber, ich glaube, wir sollten Rominas Papiere hier nicht herumliegen lassen.« Naomi zuckte mit den Schultern. »Außerdem kann ich hier nicht kommen und gehen, wie ich will. Morgen Nacht muss ich in den Park.«
Ihre Großmutter murrte etwas Unverständliches. »Vermutlich hast du recht. Nicht wegen der Unterlagen; aber wegen morgen Nacht. Ich könnte zwar behaupten, du hättest dich in Londons Nachtleben gestürzt, aber trotzdem ist es besser, wenn du kommen und gehen kannst, ohne jemandem etwas erklären zu müssen.« Sie nickte bekräftigend.
»Dann sind wir uns einig? Du bleibst natürlich hier. Aber ich packe zusammen und ziehe nachher in die Pension. Sie liegt auch gleich um die Ecke. Es ist die Einzige, direkt am Friedhof ein Stück die Straße hoch.« Sie wollte
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