Im Schatten des Mondlichts - Das Erwachen - Die Fährte - SOMMER-SONDEREDITION (German Edition)
Emma mit ihrem Auszug nicht vor den Kopf stoßen. Doch was sollte sie für eine Ausrede für den Umzug benutzen? »Und was sagen wir zu deiner Freundin?«
»Ich mache uns erst mal eine Tasse Tee, und dann überlegen wir uns etwas.« Leandra stand auf und ging in die Küche.
Mit einem Seufzer ließ sich Naomi in einen der Sessel fallen. Diese Ausreden hasste sie. Überhaupt hasste sie es, lügen zu müssen. Ihr klingelndes Handy riss sie aus ihren Gedanken. Ohne auf das Display zu sehen, nahm sie das Gespräch an.
»Wieso erfahre ich von deiner Mutter, dass du nicht mehr in Stillwater bist, hä? Und warum beantwortest du meine E-Mails nicht? Ich war kurz davor, in das nächste Flugzeug nach Maine zu steigen, um dir den Hintern zu versohlen!«
Karsten. Jeden Tag schob sie es vor sich her, ihm auf seine erst überschwänglichen, später leicht verärgerten Mails zu antworten. Auch ihm hätte sie die dicksten Lügen auftischen müssen. Ihrem besten Freund. Sie schwieg.
»Hey, Kleine, was ist los?« Jetzt klang seine Stimme besorgt.
»Das ist eine lange Geschichte. Die erzähle ich dir besser bei unserem nächsten Treffen persönlich, okay?« Karsten wusste nicht einmal, dass sie schwanger war. Sie hatte seine Mails gelesen und auch die von Alice. Beide schwärmten von ihrem Leben in der kleinen Gammelbude in Barcelona. Klein und schäbig, aber ihr Liebesnest. Was sollte sie darauf schon antworten? Etwa, dass sie Roman verlassen hatte, obwohl sie von ihm schwanger war? Dass sie sich nicht miteinander klarkämen, und sie ihn nicht mehr liebte? Lügen, nichts als Lügen.
»Naomi. Nichts ist so schlimm, als dass du es mir nicht erzählen könntest. Habe ich dir schon jemals Vorwürfe gemacht? Dir irgendetwas vorgehalten?«
Naomi hörte Alice im Hintergrund etwas fragen. »Na ja, lass es mich vorerst so sagen. Es ist meine Sache, und ich muss das jetzt alleine ausbaden, okay?«
»Was heißt hier, okay? So einfach kommst du mir nicht davon.«
»Ich könnte auflegen ...« Naomis Stimme war zu einem Flüstern geworden. »Karsten, es geht mir gut, und wenn du mir noch ein paar Wochen gibst, dann erkläre ich dir alles in Ruhe. Ich bin im Moment in London.«
»In London? Davon hat deine Mutter gar nichts gesagt.«
Alices murmelnde Stimme drang leise durch den Hörer: »Sie ist in London?«
»Sag Alice schöne Grüße. Ich muss jetzt auflegen, ja? Mir geht es wirklich gut. Leandra ist auch hier. Wir machen uns eine tolle Zeit. Kein Grund zur Sorge. Sobald ich kann, rufe ich dich an, und dann erkläre ich euch auch alles.« Karsten schwieg. »Nur ein paar Wochen. Bitte.«
Er brummte. »Du bist das verrückteste Mädchen auf dieser Welt. Also gut, ein paar Wochen. Aber, wenn du dich dann drückst, komme ich dich holen, egal, wo du dich versteckst. Ist das klar?«
Karstens Anruf brachte sie auf eine Idee. Sie könnte sagen, ihr Freund sei ihr nachgereist, nachdem sie kurz vor der Abreise fürchterlich gestritten und sie die Beziehung beendet hatte. Nun sei er hier; wegen einer Aussprache. Das wäre eine bequeme Ausrede für Emma, die sie nicht verletzen würde.
Leandra brachte zwei Tassen Tee. »War das am Telefon deine Mutter?«
Naomi schüttelte verneinend den Kopf. »Karsten hat mich aber auf eine Idee gebracht, als er mir drohte, mich aufzuspüren, wenn ich ihm nicht bald erkläre, was mit mir los ist.«
Leandra stellte die Tasse vor ihr ab und zog die linke Augenbraue nach oben.
Naomi erzählte von ihrem Plan. »Weißt du, da ich mit ihm noch nicht lange zusammen bin und du ihn noch nicht kennengelernt hast, ist es doch nur logisch, dass ich ausziehe, um mit ihm über unsere Beziehung zu sprechen.« Sie pustete in die Tasse und trank einen Schluck. »Was denkst du?«
Leandra nickte. »Und wie lange willst du das Spielchen treiben? Irgendwann musst du ihn uns vorstellen, sonst wirkt das merkwürdig.«
»Nicht, wenn ich ihm den Laufpass gebe.« Naomi lächelte über die Tasse hinweg.
Naomi schloss ihre Reisetasche und trug sie zur Haustür. Im Gang stand bereits ihr Koffer. »Entschuldigst du mich bei Emma?«
Leandra lehnte im Türrahmen zum Wohnzimmer und sah sie schweigend an.
Die Haustür schwang auf. Emma betrat, vollbepackt mit Tüten, das Haus. Sie stolperte beinahe über das Gepäck. »Ihr reist ab?« Emma riss die Augen auf und trat einen Schritt zurück.
Leandra schüttelte den Kopf. »Nein. Naomi zieht in eine Pension. Ihr Freund ist überraschend angereist, und sie haben einiges zu
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