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Im Schatten des Mondlichts - Das Erwachen - Die Fährte - SOMMER-SONDEREDITION (German Edition)

Im Schatten des Mondlichts - Das Erwachen - Die Fährte - SOMMER-SONDEREDITION (German Edition)

Titel: Im Schatten des Mondlichts - Das Erwachen - Die Fährte - SOMMER-SONDEREDITION (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. J. Bidell
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Stirn. »Ich kann auch alleine zur Bank gehen. Dann kannst du dich ausruhen.«
    Naomi schnellte hoch. »Auf gar keinen Fall!«
    »He, he, mach langsam ...« Leandra schüttelte den Kopf. »Es war ja nur ein Vorschlag.«
    »Ja, und was für ein toller.« Sie stopfte sich das Kopfkissen hinter den Rücken. »Außerdem wolltest du mir in London das Codewort verraten. Die ganze Zeit zerbreche ich mir darüber schon den Kopf.«
    Leandra lächelte. »Du hättest fragen können.«
    »Hab ich doch!« Sie griff nach der Teetasse und nippte daran. »Okay, du hast später gesagt und ich wollte es gleich wissen. Aber jetzt ist später.« Naomi hob den Kopf und sah Leandra auffordernd an.
    Nachdem ihre Großmutter schwieg, bohrte sie weiter. »Romina hat geschrieben: Man küsst nicht nur aus Liebe. Erinnerst du dich noch, wie ich diesen Kuss genannt habe? Weißt du noch das genaue Wort? Oma, ich kenne den Brief auswendig. Welchen Grund könnte es sonst noch geben, jemanden zu küssen?« Naomi trank noch einen Schluck. Der Tee beruhigte ihren Magen. »Bitte, bitte, bitte ... erlöse mich von meinen Qualen.«
    Leandra schob Naomis Beine zur Seite, um sich auf das Bett zu legen. Sie drehte sich auf die Seite, stützte mit ihrem Arm den Kopf ab und sah Naomi einen Augenblick nur an. »Dir ist kein einziger Grund eingefallen?«
    Naomi verneinte. Alle Küsse hatten mit Liebe zu tun. Selbst als Oma sie gerade eben auf die Stirn geküsst hatte, war das für sie ein Zeichen ihrer Zuneigung.
    »Dann gebe ich dir mal einige Beispiele. Wenn man dem Papst den Ring küsst, geschieht das aus Ehrerweisung. Wenn die Mafia-Bosse sich auf den Mund küssen, besiegelt das den Frieden, zumindest für den Moment. Staatsoberhäupter küssten sich auch schon auf den Mund, um die Freundschaft der Länder zu bekräftigen.« Leandra zuckte mit den Schultern. »Ich weiß, es sind abstrakte Beispiele, die uns nicht betreffen. Denn, wenn ich dich küsse, zeige ich dir, dass ich dich liebe. Als du Roman geküsst hast, war das anfangs aus Liebe, aber dein letzter Kuss ...« Leandra blickte sie ruhig an.
    »Durch meinen letzten Kuss hat er mich vergessen. Es zerreißt mir jetzt noch das Herz ... Roman hat tief geschlafen ...« Sie schluckte trocken, doch der Kloß in ihrem Hals ließ sich nicht vertreiben. »Aber auch da habe ich ihn aus Liebe geküsst. Um ihn zu schützen.«
    »Mit dem Kuss des Vergessens, wie er passenderweise genannt wird, hast du eure Liebe aufgegeben.« Leandra zupfte an der Bettdecke herum. »Es ist ein bitterer Kuss. Durch diesen Kuss hast du auch eure Liebe verraten ...«
    Naomi schüttelte unwillig den Kopf. Sie hatte ihre Liebe nicht verraten; niemals. So konnte man das überhaupt nicht sehen. Weder hatte sie Roman noch ihre Liebe verraten. Sie würde zurückgehen und dann würde alles gut werden. Erst musste sie besser zurechtkommen, an Erfahrung gewinnen. So ahnungslos, wie sie war, brächte sie Roman nur in Gefahr. Sie hatte ihn durch den Kuss geschützt, nicht verraten.
    »Meine Mutter sah das anders. Als sie meinen Vater zum Abschied küsste, bedeutete es für sie einen Verrat an ihm. Er hat ihre Liebe vergessen, nicht Mutter selbst. Aber sie ist ihm dadurch einfach gleichgültig geworden. Mich hat sie nicht geküsst, mir hat sie erklärt, soviel sie eben konnte. Gut, sie verschwand, ohne sich zu verabschieden, aber so musste es wohl sein. Trotzdem hat sie die Liebe zwischen ihr und mir nicht verraten. Romina nannte den Kuss des Vergessens den Judaskuss. Ein passender Name, wie ich finde.«
    »Judaskuss«, flüsterte Naomi. »Ich bin aber kein Judas. Ich bin keine Verräterin.«
    »Natürlich nicht, Kind.« Leandra strich ihr übers Haar. »Romina war auch keine Verräterin. Sie hat sich nur selbst so gesehen. Vielleicht wusste sie damals schon, dass sie niemals zurückkommen konnte.« Sie zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es auch nicht.« Sie legte sich zu Naomi, nahm sie in die Arme und wiegte sie wie ein Kleinkind. »Nun weißt du, warum ich es dir nicht schon früher gesagt habe. Du warst gerade erst nach Hause gekommen und so niedergeschlagen, dass ich es nicht übers Herz gebracht habe.«
    Naomi schniefte. Ihre Großmutter hatte recht. Sie hätte sich nur noch elender gefühlt, wenn sie diese Erklärung damals schon erhalten hätte. Judaskuss. Verräterkuss. Auch wenn Romina das so sah, sie selbst hatte aus Liebe gehandelt, und sie würde sich Roman zurückholen. Er würde sich wieder in sie verlieben. Ihre Liebe war zu

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