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Im Schatten des Mondlichts - Das Erwachen - Die Fährte - SOMMER-SONDEREDITION (German Edition)

Im Schatten des Mondlichts - Das Erwachen - Die Fährte - SOMMER-SONDEREDITION (German Edition)

Titel: Im Schatten des Mondlichts - Das Erwachen - Die Fährte - SOMMER-SONDEREDITION (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. J. Bidell
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Einhundert Meter weiter kamen sie an eine Kreuzung. An jeder Straßenecke stand Cavendish Square , doch das Bankenschild war nirgendwo zu entdecken.
    Naomi versuchte, sich an den Hausnummern zu orientieren. Square hatte sie mit Platz übersetzt, aber es handelte sich dabei um einen ganzen Straßenzug. Sie gingen weiter nach Westen, bis sie vor einem Eckhaus stehen blieben. In dezenten Lettern prangte der Name der Bank über dem gebogenen Eingangsportal. Ein niedriger schmiedeeiserner Zaun mit zackigen Spitzen hielt die Fußgänger auf Abstand. Vermutlich war er angebracht worden, damit keiner neugierig durch die milchigen Fensterscheiben in die Bank sehen konnte. Die Fenster waren oben abgerundet und, wie das gesamte Erdgeschoss, mit hellen Klinkersteinen abgesetzt. Das Gebäude erweckte nicht den Eindruck einer mondänen Bank, wie sie im Bankenviertel zu finden waren. Dort hatten die prunkvollen Hochhäuser sie eingeschüchtert. Naomi fühlte sich augenblicklich wohler in ihrer Haut.
    Sie kaute auf ihrer Unterlippe und stieß die Luft geräuschvoll aus. Der Schlüssel brannte heiß in ihrer Hosentasche.
    »Na, dann wollen wir mal ...« Leandra drückte den Rücken durch, ging voraus zur Eingangstür und öffnete die schmucklose Holztür. Naomi folgte ihr ins Innere. Es roch angenehm nach Holz und Akten, wie in einer alten Bibliothek. Am Empfang erkundigte sich Leandra nach den Schließfächern. Die Empfangsdame kam aus ihrem verglasten Häuschen und trippelte wegen ihres engen dunkelblauen Kostüms in kurzen Schritten über den steinernen Boden. Jeder Tritt hallte deutlich durch den Raum. Trotzdem hob keiner der Mitarbeiter den Kopf. Die an ihren Schreibtischen sitzenden Angestellten arbeiteten weiter, als hörten sie die Schritte überhaupt nicht. Naomi hingegen spürte, wie dieses schnelle Trippeln ihren eigenen Herzschlag aus dem Rhythmus brachte. Endlich kamen sie am Ende des Raumes an, wo ein anderer Mitarbeiter sie übernahm und in das Untergeschoss führte.
    »Sie besitzen den anderen Schlüssel und wissen das Codewort?«, fragte er steif nach. Naomi nickte.
    »Natürlich«, bestätigte Leandra.
    Naomi und Leandra blieben vor einem Tresen stehen. Der Angestellte eilte hinter die Absperrung zu einem Computer. »Auf welchen Namen läuft das Schließfach?«
    »Romina ...« Leandra räusperte sich. »Auf Romina Thomson.«
    Er gab den Namen ein. Inmitten der Täfelung öffnete sich eine Klappe und brachte eine Tastatur zum Vorschein. Er drehte sie zu Leandra. »Wenn Sie bitte den Code eingeben.« Diskret wandte er seinen Blick ab. Leandra tippte das Wort JUDASKUSS ein. Naomi beobachtete, wie die Finger ihrer Großmutter zitterten.
    Kurz darauf klackte es vernehmbar. Ein weiteres Fach fuhr seitlich aus dem Holztresen. Der Angestellte bückte sich, entnahm den Schlüssel und übergab ihn Leandra. »Schließfach 2189. Kommen Sie bitte hier entlang.« Mit ausholenden Schritten ging er voraus zu einer eisernen Tür, holte mit zielsicherer Bewegung einen Schlüssel aus seiner Anzugtasche, steckte ihn ins Schloss und legte einen metallenen Hebel um. Naomi hörte, wie Bolzen über Metall rutschten. Er zog die Tür auf, an deren Seite zehn Querstreben aus Stahl im Inneren des Türrahmens verschwunden waren. »Hier hinten rechts«, zeigte er. »Wenn Sie mich brauchen ... ich warte vor der Tür auf Sie. Lassen Sie sich ruhig Zeit.«
    Naomi schlich hinter ihrer Großmutter in den Raum. Eigentlich sah er nicht eindrucksvoller aus, als der Schließfachbereich bei der Post. Nur war er bedeutend besser gesichert.
    Leandra ging auf das Schließfach zu. Ihre Finger zitterten zu sehr, als dass sie den Schlüssel ins Schloss hätte stecken können.
    Nach drei Versuchen griff Naomi nach dem Schlüssel. »Lass mich, Oma.« Energisch stieß sie ihn in die Öffnung und kramte nach dem zweiten Schlüssel in ihrer Hosentasche. Naomi atmete tief durch, bevor sie auch diesen ins Schloss hineinschob. »Bereit?«
    Leandra schüttelte den Kopf.
    »Ich auch nicht.« Trotzdem drehte Naomi beide Schlüssel erst nach links. Nichts bewegte sich. Ein weiterer Versuch nach rechts. Nichts. Dann drehte sie beide in entgegengesetzter Richtung: Die Klappe sprang auf. Naomi zerrte die Box aus der Öffnung und legte sie auf einem der Tische ab.
    »Mach schon«, drängte Leandra.
    Schwungvoll hob sie den Deckel an. In der Box lagen Umschläge. Naomi entnahm einen. Die Ziffer vier stand darauf. Sie hob weitere Umschläge an. Auf jedem war eine Nummer

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