Im Schatten des Mondlichts - Das Erwachen - Die Fährte - SOMMER-SONDEREDITION (German Edition)
bequem. Wie war die Fahrt? Darf ich euch einen Kaffee anbieten?«
Naomi würde eine Tasse Tee bevorzugen, da sie schon zwei Tassen Kaffee getrunken hatte, sagte jedoch nichts und nickte zustimmend. Ihr Blick schweifte im Zimmer umher.
Die Möbel zeigten einen bunten Mix der letzten Jahrhunderte. Eiserne Lüster thronten auf dunklen Holzkommoden, schwere und gemütlich aussehende Sessel gruppierten sich um einen Designertisch, unter einem antiken Gemälde standen ein Laptop und ein weiterer Flachbildschirm auf einem Schreibtisch. Die modernen Vorhänge und Teppiche bildeten einen harmonischen Kontrast zu den Antiquitäten.
Iker schenkte Leandra Kaffee ein. »Einen Moment bitte. Ich bin gleich wieder da.« Mit diesen Worten verließ Iker das Wohnzimmer.
»Warum sagst du nichts? Seitdem wir hier sind, hast du keinen Pieps von dir gegeben.« Den Blick fest auf Naomi geheftet, rührte Leandra in ihrer Tasse. »Hat´s dir tatsächlich die Sprache verschlagen?«
»Du hast bisher doch auch nichts gesagt. Außerdem ist es unheimlich, Oma«, sagte sie und erhob sich. »Wetten, Iker kommt gleich mit einer Tasse Tee an, obwohl ich sie mit keinem Wort erwähnt habe. Geradezu gruselig ist es, wenn jemand deine Gedanken lesen kann.« Mit kurzen Schritten ging sie im Raum auf und ab. »Das gefällt mir nicht. Ich bin kaum fünf Minuten hier und er weiß genau, was ich denke.«
Iker betrat mit einer Tasse Tee in der Hand das Zimmer. »Naomi, es muss dir keine Angst einjagen. Du wirst dich daran gewöhnen.« Er stellte die Teetasse ab.
»Ist meine ... unsere Mutter hier?« Leandra knetete ihre Hände.
»Nein. Sie kommt erst morgen von einer Reise zurück.« Iker setzte sich Leandra gegenüber. »Ihr habt die Briefe gelesen?«
»Ja«, erklärte Leandra. »Haben wir.«
»Und ihr habt sie anschließend vernichtet?«, fasste Iker nach.
Naomi griff nach ihrer Tasse. »Natürlich.« Sie trank einen kleinen Schluck.
»Gut. Sehr gut.« Er schlug die Beine übereinander und sah sie nachdenklich an. »Vermutlich sollte ich euch von mir erzählen«, sagte Iker und drehte sich zu Naomi. »Dann fühlst du dich in meiner Gegenwart vielleicht etwas wohler.«
Die Tasse in Händen lehnte sich Iker in den Sessel zurück. »Nun, da Romina gegen die Regeln verstoßen hat, und ihr deswegen hier seid, spielt es keine Rolle mehr, wenn ich die Fakten vor Leandra auf den Tisch lege. Immerhin bist du meine Halbschwester und hast ebenfalls ein Recht auf die Wahrheit.« Geräuschvoll schlürfte er an seinem Kaffee. »Aus den Briefen wisst ihr ja schon, wie es dazu kam, dass ich die Gedanken der Clanmitglieder lesen kann. Was zuerst harmlos begann, wurde bald sehr ernst. Der feindliche Clan erfuhr von meinen Fähigkeiten, als ich zwölf war. Schon vorher durfte ich alleine nicht mehr auf die Straße. Um mir etwas mehr Platz zu bieten, zogen Jorge und die anderen mit mir in dieses Haus.«
Naomi zog die Stirn kraus. »Wer ist Jorge?«
»Mein verstorbener Großvater. Ach stimmt, Romina hat ihn immer George genannt. Auf Reisen nannte er sich auch so, aber hier in Spanien rief man ihn Jorge. Aber der Name spielte keine Rolle.« Iker machte eine Pause. »Die Familienzusammenhänge sind weit verzweigt. Morgen soll euch Romina den Ahnenplan zeigen. Sie konnte die Tafel bis ins sechzehnte Jahrhundert zurückverfolgen.«
»Von allen?«, unterbrach ihn Naomi. »Es soll sieben Clans geben.«
»Ob es tatsächlich sieben gab, lässt sich nicht mehr genau nachvollziehen. Neben dem feindlichen Clan, den Nachfahren von Neophar, sind offenbar nur zwei Linien übrig geblieben. So viel ergab die Recherche, aber wir können uns auch irren. Es gibt noch viele Lücken zu schließen, denn es ist möglich, dass im Verborgenen ein weiterer Clan existiert oder einzelne Mitglieder überlebt haben, die sich bedeckt halten. Alle, die wir im Laufe der Jahre getroffen haben, waren entweder unsere direkten Nachfahren, aus der zweiten Linie, wie zum Beispiel Kai und John, oder sie waren vom feindlichen Clan. Unsere Gruppe ist stark, wir wissen viel. Und das ist Rominas Verdienst. Darum will unser Feind ihren Tod.« Iker erhob sich und trat ans Fenster. »Aus diesem Grund verstehe ich nicht, weshalb Romina beim letzten Vollmond Walter Thursfield davonkommen ließ. Er zieht in London immer noch die Fäden und hält Kontakt zu seiner Verwandtschaft in den Vereinigen Staaten. Sie hätte ihn töten müssen!«
»Walter Thursfield ist alt. Wie sollte er uns schaden?« Naomi zuckte
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