Im Schatten des Mondlichts - Das Erwachen - Die Fährte - SOMMER-SONDEREDITION (German Edition)
auch nicht so gut wie Karsten. Bei ihm bin ich mir nicht sicher. Er sagte zwar nichts, aber das lag eher daran, dass Alice dabei war.« Naomi griff nach dem Handtuch, um sich trocken zu rubbeln. »Da kommt mit Sicherheit noch was nach.«
Leandra betrachtete ihre Kleidung. »Hm, die Wahrheit errät er jedenfalls nicht. Soviel steht fest.« Sie streckte Naomi eine geblümte Bluse hin. »Die und das blaue Kostüm?«
»Wenn du wie deine eigene Oma aussehen willst.«
Ihre Großmutter zog eine Schnute. »Das habe ich extra für unser Treffen eingepackt.«
»Zieh deine Jeans an, die Stiefel und die rote Bluse. Damit wirkst du zwanzig Jahre jünger. Glaub mir.«
Um ein Uhr hielt der Taxifahrer vor Rominas Haus. Leandra strich sich erneut übers Haar. »Sehe ich auch präsentabel aus?«
Naomi umarmte sie. »Besser denn je.« Sie hatte sich ebenfalls für eine Jeans und ein weißes T-Shirt entschieden. Darin fühlte sie sich am Wohlsten. »Viel schlimmer finde ich, dass wir eine Stunde zu früh hier sind.«
Iker empfing sie lächelnd vor der Haustür. »Warum wundert es mich nicht, dass ihr schon da seid?«
»Zeit vertrödeln war noch nie meine Stärke«, sagte Leandra und zupfte nervös an ihrer Bluse. »Stören wir?«
»Natürlich nicht.« Iker küsste Leandra auf die Wangen, bevor er ihr den Weg ins Haus freigab.
»Buenos días«, grüßte Naomi.
»Du sprichst Spanisch?«, fragte Iker und küsste sie ebenfalls zur Begrüßung.
Naomi lachte und schüttelte den Kopf. »Mehr als das und einen Kaffee bestellen, kann ich leider nicht. Ich würde es aber gerne lernen.«
»Dann bist du hier richtig.« Iker ging voran ins Wohnzimmer. »Romina ist eben aufgestanden. Sie kommt gleich. Wie war der gestrige Abend?«
»Freunde zu belügen ist einfach schrecklich.« Naomi setzte sich in einen Sessel mit Blick zur Tür. Keinesfalls wollte sie den Moment verpassen, wenn Romina hereinkäme. Leandra nahm ihr gegenüber Platz.
Iker blieb im Türrahmen stehen. »Naomi, leider geht es nicht anders.«
»Ich weiß«, flüsterte sie. »Trotzdem muss es mir nicht gefallen, oder?«
»Kann ich euch etwas zu trinken anbieten?«
»Wasser bitte«, sagte Leandra. »Wenn ich noch einen Kaffee trinke, bekomme ich einen Herzinfarkt.«
»Bin gleich wieder zurück. Fühlt euch wie zu Hause.«
Kaum war Iker verschwunden, sprang Naomi auf und ging zu Leandra. »Glaubst du, ich erfahre heute endlich die ganzen Hintergründe?«, flüsterte sie. »Vielleicht gibt es noch mehr Verwandte. Ich fand es immer schrecklich, nur euch beide zu haben.«
»Herzlichen Dank!«, knurrte Leandra.
»Ach Omi, du weißt genau, wie ich das gemeint habe.« Naomi drückte Leandras Hand. »Ich habe mich schon immer nach einer großen Familie gesehnt.«
Mit einer Flasche Wasser und zwei Gläsern in der Hand kam Iker ins Wohnzimmer zurück. »Romina kommt jeden Moment herunter. Sie ist nervös, weil sie nicht weiß, ob du ihr böse bist.«
Leandra presste die Lippen aufeinander und schwieg.
Naomi sah besorgt, wie auf dem Gesicht ihrer Großmutter rote Flecken erschienen. Das Treffen machte ihr mehr zu schaffen, als sie jemals zugegeben hätte. Sie hörte Schritte nahen. Erst klangen sie eilig, gleich darauf langsamer, bis sie schließlich stoppten.
Naomi zog hörbar die Luft ein.
Jeden Augenblick käme Romina herein.
Leandra erhob sich schwerfällig. Ihre Augen fixierten den Zimmereingang.
Mit geballten Fäusten stand Naomi da und starrte zur Tür. Ihre Hände fühlten sich eiskalt und feucht an.
»Komm schon, Mutter«, forderte Iker Romina auf.
Ein Räuspern war zu hören. Dann trat sie durch den Türrahmen, ging einen Schritt in den Raum und blieb unsicher stehen.
Naomi schüttelte unmerklich den Kopf. Sie sah sich selbst; etwas älter zwar und in anderer Kleidung, doch das war sie! »Das gibt es doch gar nicht«, flüsterte sie.
Dann erklang hinter Naomi ein Seufzer. Romina eilte in ihre Richtung, doch sie erreichte Leandra nicht mehr rechtzeitig. Ohnmächtig brach Leandra über dem Sofa zusammen.
Iker kam zuerst bei Leandra an. Er bettete sie auf die Couch und fächelte ihr Luft zu.
»Es ist meine Schuld«, flüsterte Romina. »Ich hätte nicht ohne eine Vorwarnung ins Zimmer kommen dürfen. Es muss ein Schock für sie gewesen sein, mich so jung zu sehen. Ich ...« Zärtlich strich sie ihrer Tochter über die Stirn. »Meine arme Kleine. Mein Liebling.«
Naomi starrte sie immer noch an. »Es ist ... unfassbar. Wir ähneln uns wie
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