Im Schatten des Mondlichts - Das Erwachen - Die Fährte - SOMMER-SONDEREDITION (German Edition)
verlaufen!«
Naomi scharrte mit der Fußspitze im Waldboden. Sie hätte wissen müssen, dass Karsten ihr das nicht abnehmen würde. Trotzdem konnte sie nicht klein beigeben. »Hätte ich dir gesagt, wir machen nur einen Waldlauf, dann wärst du nicht mitgekommen! Selbst Schuld!« Sie boxte ihn auf den Oberarm und rannte los. »Wer zuerst zu Hause ist, bekommt die Brötchen!«
Mit einem Spurt legte sie einige Meter Sicherheitsabstand zwischen sich und Karsten. Er versuchte, sie einzuholen und rief ihr nach, sie solle langsamer laufen. Naomi verlangsamte das Tempo, lief aber trotzdem noch so schnell, dass Karsten sie nicht einholen konnte und ihr Zeit blieb, darüber nachzudenken, was sie bei ihrem Waldlauf falsch gemacht hatte. Sie war denselben Weg wie immer gelaufen, ohne sich treiben zu lassen. Selbst, wenn sie nicht auf den Weg achtete, landete sie immer auf der Lichtung. Es war merkwürdig. Auf der Brücke hielt sie an und wartete auf Karsten, der mit hochrotem Kopf auf sie zugelaufen kam.
»Nur damit eines klar ist, die Brötchen gehören mir!«
Zehn
Naomi schaltete einen Gang zurück und drosselte das Tempo. Sie sah zu Alice. »Wie? Du hast mit Sammy Schluss gemacht? Warum?«
Alice nickte. »Hm. Gar nicht so leicht zu erklären. Er ist irgendwie ... komisch.«
»Was meinst du mit komisch?« Naomi fuhr langsam weiter. Sie hatte sich immer noch nicht an den Pick-up gewöhnt.
»Zum Beispiel hätte er mir nie seinen Wagen geliehen. Schon gar nicht, um ausgerechnet Karsten zum Flughafen zu bringen.« Alice sah auf ihre Fingernägel.
»Er ist eifersüchtig. Kein Wunder, so wie Karsten mit dir geflirtet hat.«
»Das ist es ja eben. Sammy hat nie mit mir geflirtet. Zumindest nicht so wie Karsten.« Alice sah starr auf die Straße. »Das hat mir irgendwie gefehlt. Auch kam er mir immer abwesend vor, wenn wir alleine waren. Offensichtlich redet er nicht gerne.«
Naomi ging der Oldiesender auf die Nerven. Sie suchte im Radio einen Sender der Rock oder wenigstens Popmusik spielte. »Nicht jeder hat so eine Riesenklappe wie Karsten.«
»Komm, lass mich suchen.« Alice schob Naomis Hand vom Radio zurück ans Lenkrad und drückte auf die Sendeknöpfe, bis rockige Musik aus den Lautsprechern dröhnte. »Das alleine ist es auch nicht. Sammy und ich, wir sind einfach zu verschieden.«
»Und nach einem Treffen weißt du, dass du mit Karsten mehr Gemeinsamkeiten hast?«
Alice nickte. »Er ist witzig. Darum habe ich auch einige Vorlesungen geschwänzt, um mich mit ihm zu treffen. Ich mag ihn, und du hattest wegen dieser Prüfung in amerikanischer Sportgeschichte ja keine Zeit für ihn.« Sie drehte die Lautstärke herunter.
»Und das erfahre ich erst jetzt? Karsten hat gar nichts erzählt.«
»Wir waren gestern den ganzen Tag zusammen unterwegs. Haben uns toll unterhalten und auch ein bisschen geflirtet.« Alice lächelte. »Karsten kennt dich eben. Du hättest ihm Vorhaltungen gemacht, weil ich geschwänzt habe. Schade, dass er schon wieder nach Barcelona musste.«
Naomi grinste. »Als ob ich deine Mutter wäre? So schlimm bin ich nun auch wieder nicht. Vielleicht kannst du ihn ja besuchen«, schlug Naomi vor. Mit Sicherheit hätte sie Alice dazu gedrängt, die Vorlesungen zu besuchen. Es war ihr Ehrgeiz. Sie schüttelte leicht den Kopf. Was für sie selbst wichtig war, musste nicht gleichzeitig auch für Alice wichtig sein.
»Vielleicht mache ich das auch.« Alice sah zu Naomi. »In den Semesterferien.«
Naomis Handy klingelte. Alice nahm es aus der Mittelkonsole und warf einen Blick darauf. »Sammy.«
»Du machst Schluss, und ich darf ihn trösten.« Naomi verdrehte die Augen. »Herzlichen Dank auch!«
Sie überquerten die Brücke des Stillwater Rivers. Wenig später stellte Naomi den Wagen auf dem Parkplatz des Unigeländes ab. Wie mit Roman vereinbart, deponierte sie den Autoschlüssel auf dem rechten Hinterrad des Pick-ups und zückte ihr Handy. »Erst melde ich mich bei Roman zurück, und dann habe ich die große Ehre, mich um Sammy und sein gebrochenes Herz zu kümmern.« Alice klopfte ihr freundschaftlich auf die Schulter, bevor sie sich umdrehte und in Richtung ihrer Studentenbude schlenderte.
Naomi ging mit nassem Haar und nur mit einem Bademantel bekleidet zur Haustür. Der Blick auf die Uhr sagte ihr, dass sie entweder unerwarteten Besuch erhielt, oder Roman zu früh hier war. Auf jeden Fall war sie noch nicht fertig. Sie öffnete die Tür einen Spalt. Sammy. Was wollte der denn hier? Sie
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