Im Schatten des Mondlichts - Das Erwachen - Die Fährte - SOMMER-SONDEREDITION (German Edition)
wir doch, oder?«
Naomi schluckte trocken. Als Roman ihr gesagt hatte, wo er mit ihr hinfahren wollte, war sie im ersten Moment enttäuscht gewesen, weil es ihr so vorkam, als wolle er ihre Beziehung geheim halten. Erst die Fahrten zu seinem Onkel an den See, dann das Planetarium; immer waren sie alleine gewesen, ohne dass jemand sie hätte sehen können. Bei den Essen im Ort waren sie nie nur zu zweit gewesen, sondern immer in Begleitung von Sammy und Alice, oder zuletzt auch mit Karsten. Sie hatte es Roman nicht übel genommen, doch einen kleinen Stich hatten ihr die heimlichen Treffen doch versetzt. Wenn es auch romantisch war, sich an verschwiegenen Orten zu treffen und Roman ganz für sich zu haben.
»Du musst nicht«, riss Roman sie aus ihren Gedanken. »Ich kann verstehen, wenn es dir zu schnell geht. Es wird Gerede geben. Und du wirst dir einiges anhören müssen. Selbst wenn du in keinem meiner Kurse bist.«
»Das ist es nicht. Ich bin nur überrascht. Damit habe ich einfach nicht gerechnet.« Sie sah nachdenklich den Wellen zu, die geräuschvoll an die Felsen klatschten. »Mir kam es bisher so vor, als wolltest du mich verstecken.«
»Verstecken?« Roman rückte näher an sie heran. »Nein, so war das nicht. Ich wollte es nur langsam angehen lassen. Obwohl sowieso schon vermutet wird, dass wir zusammen ausgehen. Mit einem gemeinsamen Auftritt auf dem Fest wäre es offiziell. Kein Getuschel mehr auf den Gängen, wenn ich in den Vorlesungssaal gehe.«
Naomi verzog ihren Mund zu einem schiefen Lächeln. »Es wird also über uns getuschelt, ja? Dann wollen wir den Klatschmäulern mal ausreichend Stoff liefern!« Sie beugte sich über den Tisch und küsste Roman. »Ich muss nicht darüber nachdenken. Ich begleite dich sehr gerne. Wann ist das genau?«
Elf
Naomi kam aus der Umkleidekabine und drehte sich vor Alice. Der grüne Seidenstoff umspielte ihre Beine. Das Kleid war tief ausgeschnitten, eng an der Brust bis zur Taille, der Rock weit und bodenlang. Sie sah unsicher zu Alice. »Und? Was denkst du?«
»Was ich denke? Es ist wie für dich gemacht! Das rote Kleid war auch toll, aber irgendwie zu rot. Das Grün bringt deine Augen zum Leuchten wie Smaragde.« Alice stand auf, befingerte den Stoff, zupfte am Ausschnitt herum und lachte. »Nur musst du aufpassen, dass deine Brüste nicht herausspringen.«
Naomi sah erschrocken an sich hinunter. Der Ausschnitt war zwar tief, aber nicht aufreizend. Außerdem waren ihre Brüste kaum groß genug, um aus dem Oberteil zu springen.
»Hey, das war ein Witz. Das Kleid ist perfekt.« Alice seufzte. »Wenn ich nur auch mal ein solches Kleid tragen könnte. Karsten würde es umhauen.«
Naomi drehte sich vor dem Spiegel hin und her. »Ihr mailt euch immer noch?«
»Wir telefonieren auch jeden Tag.« Alice beobachtete mit einem schelmischen Grinsen, wie Naomi am Oberteil herumzupfte. »Da verrutscht schon nichts. Roman wird dich nicht aus den Augen lassen. Es würde mich nicht wundern, wenn ihr die Veranstaltung früher verlassen würdet, um euch zu amüsieren.« Alice nickte bekräftigend. »Das wird er sich kaum entgehen lassen. Das ganze Outfit schreit danach.« Alice verstellte die Stimme. »Roman, los, nimm mich!« Sie prustete laut los.
»Wer sagt denn, dass wir nicht längst miteinander geschlafen haben?«, frotzelte Naomi zurück. Doch den gleichen Gedanken hatte sie selbst gehabt. Auch ohne dieses Kleid. Nach der Feier wollte sie mit Roman nach Hause gehen. Nach so vielen Jahren und den eigenen Zweifeln, ob sie denn normal wäre, weil sie nie das Bedürfnis gehabt hatte, mit einem Mann ins Bett zu gehen, war sie sich endlich sicher. Sie wollte mit Roman schlafen. Er war der Richtige. Der einzig Richtige.
Alice jaulte auf. »Sag, dass das nicht wahr ist. Warum hast du mir das nicht erzählt?«
»Weil es nicht stimmt. Du Heulboje.« Naomi warf einen letzten Blick in den Spiegel. »Dann nehm ich es?«
Alice nickte.
Naomi bog auf die Stillwater Avenue ein, die sie auch damals im Taxi entlang gefahren war. Der Taxifahrer hatte Recht gehabt. In dem Einkaufszentrum am Flughafen gab es alles. Eine so große Einkaufsmeile hatte sie vorher noch nie gesehen. Das Gebäude war eine Stadt für sich, die anstelle von Häusern aus Läden bestand. Alice und Karsten, ging es ihr durch den Kopf. Da hatte es also kräftig gefunkt. Ihre Nase hatte sich nicht geirrt. Trotzdem konnte sie es sich nicht vorstellen, dass die beiden ein Paar wurden. Durch die Distanz wäre es
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