Im Schatten des Palazzo Farnese
begreife, habe ich so etwas erwartet. Ich kann mir vorstellen, daß Édouard Valhubert die Angelegenheit um jeden Preis unter Kontrolle bringen will?«
»Sie können sagen, um jeden beliebigen Preis. Er setztdie Sicherheit seines Ressorts und damit das Image einer Regierung aufs Spiel.«
»Sie dürften schon mehr darüber wissen als ich. Ist es indiskret, zu fragen, wie weit wir hinsichtlich Claudius Valhubert sind?«
»Er ist gerade freigelassen worden, ebenso seine beiden Freunde, allerdings mit der Anordnung, der Polizei zur Verfügung zu stehen und Rom nicht zu verlassen.«
»Wie haben sie auf die Vernehmungen reagiert?«
»Ich weiß es nicht. Machen Sie sich Sorgen um sie?«
Der Bischof schwieg einen Augenblick.
»Sie haben recht«, sagte er schließlich und wandte Valence langsam das Gesicht zu. »Womöglich verstehen Sie das nicht, aber es ist nun einmal so, daß ich den drei Jungen sehr verbunden bin. Und ich mache mir Sorgen, weil sie unberechenbar sind. Aus dem Nichts können sie plötzlich irgendwelchen Unfug machen. Es gibt nicht den geringsten Grund, weshalb die Polizei so was schätzen sollte. Aber was genau erwarten Sie von mir?«
»Daß Sie mir von ihnen erzählen. Inspektor Ruggieri findet es merkwürdig, daß ein Mann wie Sie sie schützt.«
Lorenzo Vitelli lächelte.
»Und Sie?«
»Ich? Nichts.«
»Es sind interessante Burschen. Vor allem die drei zusammen. Sie bilden eine Art Block, und man kann nicht umhin, herausfinden zu wollen, warum. Claudius ist von den dreien derjenige, bei dem man am längsten braucht, um ihn zu mögen«, fuhr er fort und stand auf. »Als Henri ihn mir vor fast zwei Jahren mehr oder minder anvertraut hat, war ich ihm gegenüber voreingenommen. Seine hektische Aggressivität hat mich rasend gemacht. Dann habe ich ihn schätzen gelernt. Wenn seine Fiebrigkeit nachläßt, wird er wirklich hinreißend. Das erste Mal finden Sie ihn unangenehm, unddann, nach und nach, finden Sie ihn aufrichtig, anziehend. Verstehen Sie? Das Verhältnis zu seinem Vater war nicht einfach. Die Aussicht, daß Henri nach Rom kommen würde, hat ihn seit zwei Tagen in helle Aufregung versetzt. Die Polizei hat Ihnen sicher gesagt, daß Claudius hier schon ein bißchen aufgefallen ist. Aber keinesfalls ist er fähig, Böses zu tun, und in gewisser Weise bedaure ich das. Als ich Claudius unter meine Fittiche genommen habe, habe ich nolens volens auch die beiden Pakete übernehmen müssen, die er mit sich führte, Tiberius und Nero, oder Lescale und Larmier, wenn Ihnen das lieber ist. Nero ist ein exaltierter, amoralischer Mensch, der zu ziemlich absurdem Verhalten fähig ist. Ich gestehe, daß ich ein gewisses Vergnügen dabei empfinde, zuzusehen, wie er es im Leben anstellt, während ich das ehrlicherweise nicht sollte. Tiberius ist mit Abstand der Schönste von den dreien. Er hat einen bemerkenswerten Verstand, und ihm helfe ich bei seinen Studien am meisten – wobei er es natürlich am wenigsten nötig hat. In Anbetracht all dieser Gaben könnte so einer unausstehlich sein, aber das Gegenteil ist der Fall. Er legt eine Art fürstlicher Unschuld an den Tag, der ich nicht oft begegnet bin. Aber man muß sie alle drei zusammen betrachten. Nur so zeigen sie, was sie können. Was halten Sie von dieser Beschreibung?«
»Schmeichlerisch.«
»Ich habe eine Entschuldigung. Die drei sind auf eine Weise aneinandergeschweißt, die ziemlich selten ist.«
»So fest, daß sie einen Mord begehen, um sich gegenseitig zu helfen?«
»Theoretisch ja. In Wirklichkeit nein. Oder aber ich verstehe nichts von Menschen, und diese Robe gehört weggeworfen.«
»Inspektor Ruggieri mißtraut Claudius Valhubert.«
»Ich weiß. Und ich mißtraue dem Mißtrauen von Polizisten. Und Sie? Was werden Sie von Claudius denken?«
»Ich denke bereits an etwas anderes. Was ist mit diesem Michelangelo?«
Der Bischof setzte sich wieder.
»Möglicherweise hat Henri etwas entdeckt«, sagte er. »Ehrlich gesagt, bin ich mir dessen fast sicher. Er wirkte gestern vormittag wie jemand, der etwas weiß, was ein bißchen zu groß für ihn allein ist. Bei den Menschen, die mich gewöhnlich aufsuchen, führt dieser Zustand rasch zu einer Beichte, immer genau in dem Moment, in dem ich es vermute. Aber nicht bei Henri. Er war ein Mann, der immer alles allein machen wollte. So kam es, daß er mir nichts Genaues gesagt hat, mich aber diesen Zustand unmittelbar bevorstehender Beichte hat spüren lassen.«
»Wer kümmert sich in der
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