Im Schatten des Palazzo Farnese
Kaiser«, sagte Nero lächelnd und sah Tiberius an. »Er kennt die Tricks, um Rivalen und Verschwörer auszuschalten.«
»Das Leben der Verschwörer kennt auch Rückschläge«, erwiderte Tiberius und legte sich aufs Bett. »Nun geh schon, Claudius. Geh allein. Du bist sehr schön. Deine Augen glänzen, du bist sehr schön.«
Als die Tür hinter Claudius zugefallen war, stützte sich Tiberius auf einem Ellbogen auf.
»Sag, Nero, hat er sehr geweint?«
»Wie ein Schloßhund.«
»Was denkst du über diese ganze Sache?«
»Ich denke gut darüber.«
»Wie, gut?«
»Du müßtest es dir denken können, Tiberius. Dieses ganze Pathos, diese Turbulenzen, sie gefallen mir, tut mir leid. Sie machen mir Vergnügen, du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr.«
»Das wundert mich bei dir nicht.«
»Ich mache es nicht absichtlich. Ich bin nun mal so. Jetzt, siehst du, würde ich am liebsten in die Hände klatschen.«
»Versuch dich zu beherrschen.«
»Zu spät«, murmelte Nero. »Gefleckter Schierling, sein faseriger, rotgefleckter Stengel. Das ist schon ziemlich bemerkenswert.«
14
Der Hotelboy klopfte an die Zimmertür.
»Inspektor Ruggieri möchte Sie sehen, Signore«, sagte er. »Der Inspektor erwartet Sie unten an der Rezeption.«
»So spät? Ist er allein?« fragte Valence.
»Nein, Signore. Er ist mit noch zwei Polizisten da.«
Valence runzelte die Stirn und zog sich ein Jackett an. Ruggieri würde begreifen müssen, daß er es nicht schätzte, gestört zu werden, wenn ihm nicht danach war.
Raschen Schrittes kam der Inspektor auf ihn zu und gab ihm wortlos die Hand.
»Ich dachte mir, Sie würden bestimmt gern mitkommen«, erklärte er.
Valence zog eine Augenbraue hoch: »Wohin?«
»Ins Hotel ›Garibaldi‹. Madame Laura Valhubert ist eingetroffen und erwartet uns. Es geht um die Identifizierung der Leiche, je früher, desto besser. Kommen Sie?«
»Nein.«
Ruggieri betrachtete das verschlossene Gesicht von Valence. Er stand mit verschränkten Armen da und sah nicht sehr angenehm aus.
»Ich hatte gedacht, Sie würden gern ihre erste Reaktion beobachten«, fuhr Ruggieri fort.
»Da haben Sie sich getäuscht. Und was das übrige angeht, weiß ich, daß Sie mir alles sehr gut berichten werden. Nicht wahr?« fügte er hinzu und streckte ihm die Hand hin.
Valence hatte nur drei Minuten darauf verwendet, die Polizisten loszuwerden, dennoch fühlte er sich gereizt undgestört. Er aß in seinem Zimmer zu Abend und versuchte dabei zu arbeiten. Schließlich stand er unvermittelt auf und verließ das Hotel, um ein Stück zu gehen.
Natürlich hatte Ruggieri recht. Er hätte sie zum Leichenschauhaus begleiten sollen. Er hätte die Reaktionen der Frau überwachen und sofort erste Anweisungen geben sollen, daß sie Stillschweigen zu bewahren habe. Statt dessen hatte er sich geweigert, mitzufahren, ohne irgend jemandem eine Erklärung zu geben. Das heißt, im Grunde war ihm keine Erklärung eingefallen. Ziemlich verdrossen beschloß Richard Valence, schnellen Schritts den Weg zum »Garibaldi« einzuschlagen. Nein, das war sinnlos. Laura Valhubert und die Bullen hatten das Hotel sicher schon längst verlassen, inzwischen dürften sie im Leichenschauhaus sein. Dort würde er Ruggieri bestimmt noch rechtzeitig erreichen. Unnötig, nach einer Entschuldigung für sein Verhalten zu suchen. Schon lange hatte er es sich abgewöhnt, Entschuldigungen zu suchen. Valence winkte ein Taxi heran.
Ruggieri beobachtete Laura Valhubert, während ein Mann das Tuch zurückzog, das die Leiche ihres Mannes bedeckte. Ruggieri hatte den Toten bereits gesehen und wußte, daß er den Mund offen behalten hatte und sehr unerquicklich anzusehen war. Laura Valhubert hatte stehen bleiben wollen. Sie hatte die Arme um sich geschlungen, hielt das Kinn gesenkt und kämpfte gegen ihren Widerstand. Ruggieri hatte es hingenommen, daß sie sich eine Zigarette anzündete, auch wenn das den Vorschriften nach strengstens untersagt war. Er hatte es nicht gewagt, sie daran zu hindern. Aufmerksam betrachtete er ihr Profil, das sie von Zeit zu Zeit enthüllte, wenn sie ihr Haar zur Seite schob, er beobachtete die provozierende Entschlossenheit in ihrer Haltung und lauerte zugleich darauf, daß sie schwach würde, denn siehielt die Lippen fest zusammengepreßt. Er hatte nicht recht gewußt, was er ihr sagen sollte. Er hatte mehr oder weniger nur Blödsinn gesagt, schien ihm. Im Grunde fühlte er sich von Laura Valhubert beeindruckt.
Sie betrachtete prüfend das
Weitere Kostenlose Bücher