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Im Schatten des Palazzo Farnese

Im Schatten des Palazzo Farnese

Titel: Im Schatten des Palazzo Farnese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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einem Mord bewegen.«
    Der Bischof hatte sich erneut erhoben und überragte den Polizisten. Wieder drückte er die Hände an den lila Gürtel seiner Robe. Valence sah ihn mit Wohlgefallen an und fand ihn schön in dieser etwas kriegerischen Haltung.
    »Erdreisten Sie sich, Gabriella zu beschuldigen?« fragte Vitelli.
    »Ich sage nur, daß sie ausgezeichnete Gründe hatte.«
    »Das ist zuviel.«
    »Das ist die Wahrheit.«
    »Am Abend des Festes war sie bei einem Freund, das weiß ich.«
    »Nein, Monsignore. Ich muß Sie enttäuschen, aber der Sohn der Hausmeisterin hat sie am Abend des Mordes auf der Piazza Farnese gesehen. Er wollte sie ansprechen, aber Gabriella schien ihn nicht zu erkennen.«
    Ruggieri war ein wenig leiser geworden. Er hatte die Stimme gesenkt und instinktiv die Hand ausgestreckt, wie um Vitellis Reaktion abzuwehren. Er bedauerte, anfangs so schroff gewesen zu sein, denn nun sah er den echten Schmerz auf dem Gesicht des Bischofs, und das war ihm unangenehm. Er hätte seine Worte gern rückgängig gemacht, um die Dinge anders zu formulieren.
    »Gehen Sie«, sagte Vitelli. »Gehen Sie, alle beide! Sie haben, was Sie wollen.«
    Langsam verließen Ruggieri und Valence den Raum. Die Stimme des Bischofs rief sie noch einmal zurück, als sie die Treppe hinuntergingen. Sie wandten sich um.
    »Aber ich habe Ihnen gesagt, daß ich eine Spur habe!« rief Vitelli ihnen zu. »Ich werde Ihnen den Dieb aus der Vaticana finden, und Sie werden begreifen, daß er auch Henris Mörder ist! Hören Sie, Ruggieri? Sie Polizist sind nur Mittelmaß! Und Sie verwandeln Gold in Blei!«
    Der Bischof trat von der Balustrade zurück und verschwand mit großen Schritten. Die Tür des Arbeitszimmers schlug heftig zu. Ruggieri blieb erstarrt auf seiner Treppenstufe stehen und griff nach dem Geländer. Er verwandelte Gold in Blei.
    Als er sich nach Valence umsah, war dieser ohne jede Erklärung verschwunden.

17
    Richard Valence war auf direktem Weg ins Hotel zurückgegangen. Am frühen Abend verließ er es in kämpferischer Laune. Er hatte mehrere Stunden telefoniert und die erhaltenen Informationen, die sich wie von selbst seinem Verständnis darboten, miteinander verknüpft. Er hatte nur die richtige Perspektive einnehmen müssen, und schon hatte sich das Unerklärliche in eine Abfolge von Klarheiten verwandelt. Das Ergebnis war endgültig und von tödlicher Einfachheit. Niemand schien daran gedacht zu haben. Und doch hatte er Ruggieri, wenn man recht überlegte, bereits bei ihrer ersten Begegnung den Schlüssel dazu geliefert.
    Gerade eben hatte er ihm die Erlaubnis abgerungen, ihn überholen zu dürfen und die drei Kaiser als erster zu befragen. Zunächst hatte Ruggieri entschieden abgelehnt. Aber Valence verstand es, fast jeden Widerstand zu überwinden, weil sein eigener Widerstand aus einem Block gehauen war, ohne jene Bruchlinien, die die anderen unter Druck oder dem Einfluß der Zeit nachgeben ließen. Ruggieri hatte immerhin zehn Minuten gebraucht, um sich zu ergeben. Das war lang. Ruggieri war ein kleiner, hartnäckiger Polizist.
    Im spiegelnden Lack eines Autos zog Valence die Krawatte fester und warf sein Haar nach hinten. Er fühlte sich Herr seiner selbst, und trotz des nachsichtigen Porträts, das der Bischof von den drei Kaisern gezeichnet hatte, rührten sie ihn nicht. Um genau zu sein, stand er solcherart exemplarischen Freundschaften mißtrauisch gegenüber.
    Die Eingangstür war nicht sehr hoch, und er zog beim Betreten der Wohnung den Kopf ein. Claudius hatte ihm geöffnet und ihn in einem überladenen Raum allein gelassen, dessen Funktion unbestimmbar war, wahrscheinlich das gemeinsame Zimmer, eingerichtet nach den Marotten aller drei. Claudius hatte sich entschuldigt und war gegangen, um bei Nero und Tiberius zu klopfen. Valence hatte Claudius’ Art sofort verstanden. Ein hübsches, aber fiebriges Gesicht, eine sehr schmale Silhouette, die ein Viertel von der seinen ausmachen dürfte. Er hatte den Eindruck, er könne ihn mit dem Handrücken beiseite fegen, Claudius habe keine Wurzel, die ihn auf der Erde halten würde.
    Mit gedrechselten, ironischen Schritten kam ihm Nero entgegen. Er verbeugte sich, indem er eine unsichtbare Toga um sich schlang, gab ihm jedoch nicht die Hand.
    »Haben Sie bitte die Nachsicht, die Augen vor meiner Aufmachung zu verschließen«, sagte er mit lauter Stimme. »Die Plötzlichkeit Ihres Besuchs ließ mir nicht die Muße, dem Anlaß angemessen zu erscheinen.«
    Nero trug

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