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Im Schatten des Pferdemondes

Im Schatten des Pferdemondes

Titel: Im Schatten des Pferdemondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evita Wolff
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Arbeitskleidung, und mit Wolf an seiner Seite, überhaupt hereinlassen? Er gab sich Mühe, alle beunruhigenden Gedanken zu verdrängen, und öffnete entschlossen die massive Tür des Restaurants, die in einen kleinen Vorraum führte. An dessen Wänden hing unter den Argusaugen eines kleinen verhutzelten Männleins, das sich mit seinem Stuhl hinter einem niedrigen Tisch verbarrikadiert hatte, die Garderobe der Gäste. Eric blieb wie vom Donner gerührt stehen: Eine elegant gekleidete, hochgewachsene, schlanke Frau mit aufgesteckten dunkelroten Haaren stand mit dem Rücken zu ihm, und der kleine Mann huschte soeben diensteifrig herbei, um ihr in den Mantel zu helfen. Er streckte den Arm danach aus, als etwas sehr Seltsames geschah: Ein empörend rauh gekleideter Mann nahm den Mantel vom Bügel und sah dabei den Garderobier mit einem so einschüchternden Blick an, daß dieser sich hinter sein Tischchen flüchtete.
    Elaine, die von diesem Vorgang hinter ihrem Rücken nichts mitbekommen hatte, hörte auf einmal eine vertraute Stimme: »Erlauben Sie, daß ich Ihnen helfe, Dr. Mercury.« Sie schlüpfte in die Ärmel und drehte sich langsam um. Ein Leuchten glitt über ihre Züge, als sie zu ihm aufblickte, aber dann überschattete sich ihr Blick. »Es ist schön, Sie wiederzusehen, Eric. Wie geht es Ihnen?«
    »Danke, bestens. Und Ihnen?« Er überlegte, wie er es anstellen könnte, daß sie noch ein wenig Zeit miteinander verbrachten, als ein großer, kräftiger Mann aus dem Speisesaal trat und seine Hand unter Elaines Ellenbogen schob. »Du bist soweit, meine Liebe, ja?« Er nickte Eric freundlich zu, während er sprach.
    Sie lächelte von einem zum anderen. »Darf ich die Herren miteinander bekannt machen? – Alan Perth. Eric Gustavson.«
Verdammt, er ist sympathisch, dachte Eric, als er Alan Perth die Hand reichte. Sieht auch gut aus.
Und ich könnte ihm verdammt noch mal seinen verdammten Hals umdrehen.
»Du bist ja auch da, mein Lieber.« Elaine beugte sich über den erfreut wedelnden Wolf und streichelte ihn. »Nun, wie geht's dir?«
Stumm und verbissen beobachtete Eric aus den Augenwinkeln, wie Perth sich währenddessen seinen Mantel überstreifte. Seine und Elaines elegante Kleidung stachen von Erics Arbeitskluft ab wie Diamanten von Kohlenstaub. Es war eine völlig hirnverbrannte Idee gewesen, dieses noble Etablissement in seinem Aufzug aufzusuchen, und wie hatte er annehmen können, daß eine Frau wie Elaine allein bleiben würde?
»Kommen Sie öfter hierher, Eric?« Taktvoll versuchte sie, die Jeans und schweren Lederschuhe und die legere Lederjacke zu übersehen. Eric spürte, wie der giftige Blick des kleinen Garderobenhüters zwischen seinen Schulterblättern brannte. »Nein, gar nicht. – Ich sah Ihren Wagen im Vorbeifahren. Dachte, ich sollte kurz anhalten und Hallo sagen.«
»Das ist sehr aufmerksam von Ihnen«, sagte Alan Perth da, bevor Elaine antworten konnte. Er legte den Arm um sie und blickte mit einem liebevollen Lächeln auf sie nieder. »Natürlich ist Elaine eine Frau, die jede Aufmerksamkeit verdient.«
»Natürlich. Ich bin ganz Ihrer Ansicht.« Eric ballte die Fäuste in den Jackentaschen.
»Also, weißt du, Alan –« Sie lachte leise und drückte seinen Arm. Eric war nur froh, daß sie jetzt draußen im Nebel standen. Nicht eine Minute länger würde er dieses verliebte Geturtel mit ansehen können. »Ja, also dann, ich muß weiter.« Er streckte Perth die Hand hin. »Hat mich sehr gefreut, Sie kennengelernt zu haben, Mr. Perth.«
»Mich ebenso, Mr. Gustavson.« Sie blickten einander in die Augen, und Perths Blick war freundlich.
»Elaine.« Er wandte sich ihr zu. Was sollte er sagen? Hat mich sehr gefreut, Sie wiederzusehen? Ich wünsche Ihnen alles Gute? Na klar, am besten sollte er gleich zur Verlobung gratulieren.
Nein, danke schön. Keine Heuchelei. Nicht auch noch das.
Er reichte ihr die Hand, ohne sie zu umfassen; nur die Handflächen streiften einander, und er zog seine Hand zurück, bevor Elaine sie umschließen konnte. »Einen schönen Tag wünsche ich Ihnen.«
Er nickte ihnen zu und ging über die Straße zu seinem Wagen. Abblätternder Lack und kleine Wolken von Rost rieselten in feinen Schauern nieder, als er die Tür für Wolf öffnete. Er glitt auf den Fahrersitz und drehte den Zündschlüssel. Als der Motor ansprang, glitt der elegante japanische Wagen mit einem kurzen Hupen an ihm vorbei. Er starrte den Rücklichtern nach, bis die Nebelwand sie verschluckt hatte. Dann

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