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Im Schatten des Pferdemondes

Im Schatten des Pferdemondes

Titel: Im Schatten des Pferdemondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evita Wolff
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in der Nähe sein – in der nächsten Schlucht vielleicht – oder auch meilenweit entfernt. Solange Excalibur sich nicht entschloß, freiwillig zu ihnen zu stoßen, konnten sie nur hoffen, die Stuten durch weiteres Suchen zu entdecken.
Eric hatte das Bedürfnis, seine langen Beine zu strecken. Stundenlang hatte er jetzt vorn im Wagen neben Emily gesessen, und weil er den Sitz aus Höflichkeit gegenüber den anderen im Fond ganz nach vorn geschoben hatte, fühlte er sich schon ganz verbogen. Er trat neben Grandpa. »Wir könnten es mit Hafer versuchen, Sir«, schlug er in respektvollem Ton vor.
»Tja, junger Mann, wenn wir Excalibur wenigstens in Sichtweite hätten – wenn er den Hafer riechen könnte –«
»Mir ist da ein Gedanke gekommen«, sagte Eric.
»So, was denn?«
»Ich zeig's Ihnen, wenn ich darf, Sir.«
Grandpa hatte es offenkundig gern, respektvoll behandelt zu werden. Er stützte sich fester auf seinen Knüttelstock. »Da bin ich ja mal gespannt«, sagte er, und es hätte nur noch einer hoheitsvoll gestattenden Handbewegung bedurft, um ihn wie einen der Chiefs wirken zu lassen, die im alten Schottland die glanzvolle Stellung des Königs auf ihren Ländereien innegehabt hatten.
Eric ging zum Kofferraum, um den Hafereimer zu holen, und warf durch die Heckscheibe einen Blick auf das eingefallene alte Gesicht mit dem sorgfältig gestutzten Backenbart und der ebenso sorgfältig gepflegten Mähne aus schlohweißem Haar, an der der Wind zerrte. Er vermutete, daß Everett ihm sehr ähnlich gesehen hatte. Wenn dem so war, konnte er verstehen, daß Emily »wie geblendet« von ihm gewesen war, denn unter all diesen Runzeln ließ sich die aristokratische Knochenstruktur erkennen, das langgestreckte scharf gezeichnete Kinn, die hohen Jochbögen, die hohe breite Stirn. Der Mund war noch immer fest und hatte wohl auch immer schon diesen Zug von Eigenwillen und Persönlichkeit besessen, und die Augen, obgleich ihre Farbe ausgeblichen und die Augäpfel gelblich waren, blickten noch immer gerade, hellwach, intensiv und aufmerksam. Er fand, daß Grandpa Ehrfurcht verdiente, gleichgültig, was Turner über ihn sagte.
Er kam mit dem Hafereimer wieder zu ihm, stellte ihn auf den höchsten Punkt der Umgebung, suchte sich einen kleinen, kräftigen Ast, und begann gegen den Eimer zu schlagen. »Würden Sie jetzt bitte noch einmal pfeifen, Sir?«
Grandpa tat das, und fragte dann: »Wozu soll das gut sein?«
»Das Pfeifen trägt sehr weit; gerade bei diesem Wind. Ich bin sicher, daß Excalibur die Pfeife gehört hat. Aber er ist trotzdem nicht gekommen.«
»O je.« Grandpa betrachtete die Pfeife auf seiner ausgestreckten Hand. »Sieht aus, als hätten Sie nicht unrecht, junger Mann. Haben Sie eine Idee?«
»Das Geräusch, das ich eben verursachte – es müßte ihn an das Klappern von Hafereimern erinnern. Und wenn es das tut, dann dürften seine Magensäfte jetzt schon gewaltig arbeiten.«
Wieder schlug Eric gegen den gefüllten Eimer. Ein satter, dumpfer Klang erhob sich, wurde vom Wind erfaßt und weit über das Land getragen, gefolgt von einem dünnen Quietschen, als Eric heftig den metallenen Henkel auf und nieder bewegte. »Wenn Sie noch einmal die Pfeife benützen würden, Sir? Vielleicht stellt Excalibur dann eine Verbindung her. Sie rufen ihn doch immer mit dieser Pfeife und geben ihm dann Hafer, damit er Ihnen folgt.«
»Oh – hm, beim letzten Mal taten wir's nicht. Wir hatten es eilig.«
»Verstehe«, murmelte Eric. Excalibur ließ sich nicht an der Nase herumführen. Er war getäuscht worden; erinnerte sich an das letzte Mal und sagte sich jetzt, daß es überhaupt keinen Grund gab, seine Stuten von wer weiß woher zu führen, ohne auf eine Belohnung hoffen zu können. Ein intelligentes und mißtrauisches Pferd. Wie gut, daß Lance nun außerhalb seiner Reichweite war!
Wieder schlug er gegen den Eimer. Die anderen waren nun auch ausgestiegen und beobachteten Erics seltsames Treiben aus der Nähe. »Wieso machst du das?« fragte Turner. Er hielt eine flachgewölbte Hand über seine schmerzenden Augen, um sie vor der Sonne zu schützen, die hell von einem nunmehr wie blank geputzten Himmel strahlte.
»Ja, Eric, was bezwecken Sie damit?« fragte auch Emily und trat etwas dichter zu ihm. Louise beobachtete dies mißlaunig und sagte plötzlich laut: »Er spielt sich auf! Er macht sich wichtig! Das ist alles!«
»Louise! Wo bleiben deine Manieren!« Grandpa richtete sich an seinem Knüttel auf. »Kürzlich erst diese

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