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Im Schatten des Pferdemondes

Im Schatten des Pferdemondes

Titel: Im Schatten des Pferdemondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evita Wolff
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mir.«
Excalibur reckte den Kopf nach ihm. Eric trat einen halben Schritt zurück, und der Hengst folgte ihm.
Ein ganzer Schritt rückwärts. Excalibur zauderte, scharrte, warf einen prüfenden Blick zu seinen Stuten, dann konzentrierte er sich wieder auf Eric. »Komm, mein Junge, komm zu mir.« Der Hengst schnaubte, scheute halbherzig mit kaum erhobenen Vorderläufen, aber seine Augen waren beständig auf Eric gerichtet, der nicht einen Millimeter Boden preisgab, ihm nur weiter die ausgestreckte Hand voller Hafer hinhielt. Dann stand er still, am ganzen Leibe zitternd vor Spannung über dieses unerklärliche, nie dagewesene Ereignis; und doch fühlte er nicht den Wunsch zu kämpfen, sondern vielmehr Vertrauen. – In diese Hand, die ihm den köstlichen Hafer hinhielt, konnte er die Verantwortung für seine Herde legen, ebenso seine nie endende Wachsamkeit; zu dieser Hand konnte er in einem schweren langen Winter kommen, und sie würde die Furcht vor der Macht des weißen Sturms von ihm nehmen.
Excalibur sog Erics Wesen noch einmal tief in sich hinein, ließ die Ohren spielen, wandte den Kopf in den Wind und kam wieder zu der Hand zurück. Endlich dann schob sich sein samtiges Maul in Erics Handfläche und las behutsam die Körner mit den Lippen auf. Seine großen dunklen Augen ruhten fragend und verwundert auf diesem unbegreiflichen Geschöpf.
Eric ging noch einen Schritt weiter. Er nahm den Hafereimer hinter seinem Rücken hervor und präsentierte ihn Excalibur. Wieder wich der Hengst zurück – der Geruch des Metalls war ihm widerlich.
»Schütten Sie den Hafer aus, Eric! Er wird Sie doch schlagen, wenn Sie es nicht tun!« »Schütten Sie ihn aus! Sogar Vater hat das immer getan!« »Schütten Sie den Hafer auf den Boden, Junge! Der bringt Sie um!« »Ruhe! Eric weiß schon, was er tut!«
»Würdet ihr alle endlich mal still sein!« flüsterte Eric wütend. Oh, er haßte Zuschauer! Da – sie hatten das Band zwischen dem Hengst und ihm zerstört; Excalibur jagte über den Abhang davon, schnaubend, mit hochgerecktem Schweif und fliegender Mähne.
Wütend raffte er den Eimer an sich, bereit, zum Wagen zurückzugehen – da, ein Flüstern: »Oh mein Gott, er kommt zurück!« und noch bevor er die Worte völlig erfaßt hatte, war der riesige rote Hengst wieder da. Er stand still nach seinem fliegenden Lauf, mit stolz hoch gewölbtem Hals und wartete. Eric löste sich aus der Gruppe, trat zu ihm, streckte ihm einmal mehr den Eimer entgegen. Excaliburs Nüstern zitterten. Eric sprach leise zu ihm. Niemals hatte der Hengst eine solche Stimme gehört. Sie vergewisserte ihn seiner eigenen Kraft und gestattete ihm doch, sich der Entspannung hinzugeben, seinen Kopf in den Eimer mit Hafer zu tauchen, in dem allmählich nicht nur die Nase, sondern auch die Augen verschwanden – neben seinen unablässig spielenden Ohren seine wichtigsten Sinne, um über seine Stuten zu wachen.
»Mußt dich nicht um sie sorgen, mein Junge«, sagte die leise dunkle Stimme wohltönend und beruhigend. »Ruh dich ein wenig aus, ich achte auf sie.« Und tatsächlich blickte Eric beständig entweder auf die ruhig grasende Stutenherde oder auf Excaliburs bildschönes Gesicht, das in den Hafer eintauchte und mahlend wieder daraus hervorsah. Während er den langsam leichter werdenden Eimer hielt, begannen Erics Gedanken zu schweifen. Auf seine Frage, wie die Pferde eingebracht würden, hatte ihm Grandpa geantwortet: »Wir rufen Excalibur mit der Pfeife. Wir geben ihm Hafer, aber nur wenig, damit er auf den Geschmack kommt. Dann stellen wir den Hafereimer in den Kofferraum und achten darauf, daß er sieht, was wir tun. Wir fahren langsam vor ihm her, und er folgt uns, weil er den ganzen Eimer Hafer will, nicht nur das bißchen. Und die Stuten folgen ihm.«
Was für eine entwürdigende Prozedur! Und alles nur aus Angst vor einem freien, starken Geschöpf! Und wie entwürdigend für einen stolzen Charakter wie Excalibur! Eric wußte, er kam nicht wegen des Hafers, jedenfalls nicht nur deswegen. Er war wie ein König, der sich bereit erklärt, einen anderen König anzuerkennen; eine Allianz zu schließen. Nur
– da war kein anderer König. Es hatte Everett gegeben, und nach ihm Emily, die erschrocken zurücksprang, wenn er sich nur näherte.
Das mußte sich ändern, dachte Eric. Der Herr über die Zuchtstuten und der Herr über das Gestüt sollen zusammenarbeiten; und so ließ er schließlich den leeren Eimer stehen, senkte eine Hand in die lange Mähne

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