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Im Schatten des Schloessli

Im Schatten des Schloessli

Titel: Im Schatten des Schloessli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Kahi
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worüber.
    «Wahrscheinlichkeit geht vor Wahrheit», verlangt die doctrine classique . Wenn das, was der Mann während der vergangenen Stunde dargelegt hat, auch nur annähernd wahr ist, hätte es nicht mal ansatzweise als Stoff für ein klassisches Drama getaugt, ging es Unold durch den Kopf. Er stand vom Fensterbrett auf, blickte wieder nach draussen und massierte sich mit beiden Händen den Hintern. «Da geht der CEO der wichtigsten Aargauer Bank joggen, stolpert über einen vermutlich eigens für ihn gespannten Draht, stürzt die Treppe hinunter und erleidet exakt in der Sekunde des Anschlags ein tödliches Hirnaneurysma. Was immer man über das Leben sagt: Wahrscheinlich ist es nicht.»
    «Und auch nicht fair.»
    Geigys Stimme liess Unold herumfahren.
    «Bevor Sie was sagen: Ich habe geklopft. Ehrenwort. Noch was: Wenn Sie zur Kripo wollen, gewöhnen Sie sich die lauten Selbstgespräche ab. Und jetzt kommen Sie, es geht weiter im Bunker.»
    * * *
    «Jetzt, wo die Rechtsmedizin das mit dem Stolperdraht bestätigt hat, haben wir wenigstens eine ungefähre Ahnung, wie der Angriff abgelaufen ist. Ein betrügerischer oder blitzartiger Überfall war’s jedenfalls kaum. Mit grosser Wahrscheinlichkeit hat sich der Täter im Hintergrund gehalten, bis der Draht seine Arbeit getan hat.»
    «Schön und gut, aber woher stammt der Kratzer an Mortons Hals?»
    Geigy zuckte mit den Schultern. «Für mich ergibt es anders einfach keinen Sinn, Iris. Einer, der sich dazu zwingen muss, auf sein Opfer einzuschlagen, wenn es bewusstlos vor ihm liegt, hätte es vorab ganz bestimmt nicht auf einen Kampf ankommen lassen. Wahrscheinlich hatte der Täter nicht mal eine Waffe bei sich.»
    «Ausser Hammer und Draht meinst du wohl.»
    «Apropos Hammer und Draht.» Geigy wedelte ein Mäppchen durch die Luft. «Hier sind die Virtopsie-Ergebnisse der Rechtsmedizin. Ich brauche sämtliche Bezugsmöglichkeiten für diesen Hammer- und Drahttyp in und um Aarau. Teilt die in Frage kommenden Baumarktketten und Fachgeschäfte bitte unter euch auf.»
    «Na super.» Desnoyer überflog die Unterlagen, die Geigy eben verteilt hatte. «Ich kann dir genau sagen, was dabei herauskommt.»
    «Nicht nötig. Du tust einfach, was ich dir sage.»
    «Zum Kratzer hätte ich noch was.»
    «Hört, hört, Gunnar will uns etwas mitteilen.»
    «Im Gegensatz zu dir, Bernhard, habe ich zumindest Ergebnisse.»
    «Ich bin ja so gespannt.»
    «Ich weiss. Wer selbst nichts leistet, ist geradezu geil auf die Resultate anderer. Also, der Kratzer. Der stammt nicht von Sarasin. Meine Leute sind mit der Auswertung der Spuren zwar noch nicht fertig, aber so viel steht fest: Hautfetzen hatte es unter Sarasins Fingernägeln keine.»
    «Dann hat Sarasin mit Mortons Tod nichts zu tun?» Iris Häuptlein klang erleichtert.
    «Das wiederum habe ich nicht gesagt. Er könnte Morton trotzdem umgebracht haben.»
    «Das könnten auch wir.»
    «Jetzt hör aber auf, Bernhard. Ich werde das Gefühl nicht los, dass du in dieser Sache nicht objektiv bist. Persönliche Sympathie und Betroffenheit hin oder her: Sarasin hatte ein Motiv. Zudem würde ich mir an deiner Stelle nicht noch mehr Leichen aufladen. Sarasin, seine Frau und seine Tochter: die vollkommene Zahl. Die Vier steht zwar auch für Ganzheit und Totalität, aber …»
    «Wie steht’s eigentlich mit ’ner Tatortüberwachung?», warf Nasser dazwischen, bevor die Spannung zwischen Geigy und Norberg ins Unerträgliche stieg.
    Geigy schien die Frage nicht gehört zu haben. Die Ader an seiner Stirn trat rot und knotig hervor. «Schwer zu sagen, wie wahrscheinlich es ist, dass der Täter an den Tatort zurückkehrt», begann er stockend.
    «Ich weiss. Ich bin trotzdem dafür, dass wir jemanden beim Wasserrad postieren. Zumindest in den nächsten Tagen. Die Kollegen von der Stadtpolizei könnten das übernehmen. Wollte der Täter tatsächlich was wiedergutmachen, ist keineswegs ausgeschlossen, dass er irgendwann beim Wasserrad auftaucht und dort um sein Opfer trauert.»
    Geigy nickte. «Hat was. Dann lasst uns hoffen, dass er sich dabei auffällig genug benimmt, dass der Kollege ihn als mutmasslichen Mörder Mortons erkennt.»
    «’nen Versuch ist’s auf jeden Fall wert. Du weisst ja selbst, wie oft der Täter in der Nähe seines Tatorts wohnt oder arbeitet.»
    «Ich sagte ja, der Gedanke ist gar nicht mal so abwegig. Du kannst deinen Vorschlag nachher gleich der Stapo verklickern. Die wird begeistert sein. Sonst noch

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