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Im Schatten des Teebaums - Roman

Titel: Im Schatten des Teebaums - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran Sylvia Strasser Veronika Duenninger
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Hühner zu füttern, als George herauskam und ihr anbot, die Ställe für sie auszumisten. Da Bill Clifford und Mannie Boyd jetzt wussten, dass Noahs Esel dort war, mussten sie ihn nicht mehr im Stall verstecken und brachten ihn daher auf eine Koppel.
    »Danke, George«, rief Tilly, froh über sein Angebot. Brodie mistete die Ställe aus, seit er im Hanging Rocks Inn wohnte; deshalb hatte Tilly es schon seit einiger Zeit nicht mehr selbst erledigt.
    George fragte sich, ob er Tilly von seinem Gespräch mit Richard erzählen sollte. Es hatte ihn verwirrt, und er war der Meinung, dass Tilly wissen sollte, was Richard empfand. Als er nun den Pferdemist aus den Ställen schaufelte, dachte er ununterbrochen darüber nach. Dann kam Tilly auf ihn zu.
    »Morgens wird es jetzt schon wärmer, nicht wahr?«, sagte Tilly. »Der Frühling liegt in der Luft.«
    »Ja«, erwiderte George.
    Tilly war eine einfühlsame Frau, die spürte, wenn jemandem etwas durch den Kopf ging. »Stimmt was nicht, George?«, fragte sie. »Machst du dir Sorgen, es könnte heute nicht gut laufen?«
    »Ich habe über etwas anderes nachgedacht«, sagte George und nahm all seinen Mut zusammen. »Ich wollte dich fragen, aber … es ist etwas Persönliches, deshalb wusste ich nicht, wie du reagieren würdest oder ob ich überhaupt fragen sollte …«
    »Du hast doch sonst nie ein Blatt vor den Mund genommen, also raus mit der Sprache«, sagte Tilly. Sie war ein wenig verunsichert und ängstlich, versuchte es jedoch zu überspielen.
    »Na schön.« George stellte seine Schaufel ab. »W arum hast du Richard nach deinem Unfall verstoßen?«
    Tilly konnte es kaum fassen. Mit dieser Frage – noch dazu so unverblümt gestellt – hatte sie nicht gerechnet. »W er sagt denn, dass ich das getan habe?«
    »Richard.«
    Tilly starrte ihn offenen Mundes an. Offensichtlich hatten die beiden miteinander gesprochen, seit sie George zuletzt gesehen hatte. Tilly wandte sich zum Futtertrog der Pferde um und mischte Spreu darunter. Das Herz schlug ihr bis zum Hals.
    »Hast du ihn nicht genug geliebt, dass du ihm vertrauen konntest?«, fragte George.
    Tilly gab keine Antwort. Ihre Hand verharrte einen Augenblick lang reglos, doch dann arbeitete sie weiter.
    »Oder hast du ihn zu sehr geliebt«, sagte George, »und es deshalb für richtig gehalten, ihn frei zu geben?«
    »W eder das eine noch das andere, George. Ich konnte nicht mit seinem Mitleid leben«, sagte Tilly, den Blick auf den Trog geheftet. »Ich wollte, dass er seine künftige Frau anschauen kann, ohne abgestoßen zu sein.«
    »W ie konntest du bloß denken, er würde von dir abgestoßen sein?« George konnte Tilly nur im Profil sehen, doch ihm entging nicht, dass ihre Züge sich verhärteten.
    »Ich kann ja nicht einmal mein eigenes Gesicht im Spiegel anschauen, George. Dir ist doch sicher aufgefallen, dass alle Spiegel im Haus zugehängt sind.«
    Das war George in der Tat aufgefallen. »Matilda, du warst vor zwanzig Jahren eine schöne Frau, und das bist du noch immer …«
    »Ach was«, sagte Tilly schroff und wandte sich von ihm ab. »Ich will dein Mitleid nicht, George.«
    »Lass mich ausreden«, sagte George. »Deine Schönheit strahlt von innen, zusammen mit Mut und Wärme. Ja, du hast Narben, aber diese Narben nehmen nichts von der wundervollen Frau, die du bist.«
    »Du bist zu lange allein gewesen, George«, sagte Tilly schnippisch. Mit aller Macht versuchte sie, ihre Verlegenheit zu überspielen.
    »Ich bin eine Zeitlang allein gewesen, aber ich empfinde dasselbe für dich wie vor all den Jahren. Deine Narben sind mir egal. Niemand kommt in unser Alter, ohne ein paar Narben davongetragen zu haben. Wenn ich nicht glauben würde, dass du und Richard, dass ihr euch noch immer liebt, und wenn ich nur eine verdammte Chance hätte – ich würde alles versuchen, um dein Herz zu erobern.«
    Wieder starrte Tilly ihn an. Dann errötete sie. Sie konnte sehen, dass George es ernst meinte, aber er hatte keine Ahnung, was seine Worte für ihr Selbstwertgefühl bedeuteten.
    »Sag mir nur eines, Matilda. Wenn Richard bei einem Unfall verletzt und entstellt worden wäre, hättest du ihn dann verlassen?«
    »Natürlich nicht«, sagte Tilly, ohne zu zögern.
    »Hätte er dich verstoßen?«
    »Nein, aber das ist etwas anderes …«
    »Ist es nicht. Denk mal darüber nach, Matilda.«
    Die verschiedensten Emotionen huschten über Tillys Gesicht. »Das spielt jetzt keine Rolle mehr«, sagte sie. »Richard hat meine Schwester

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