Im Schatten des Vaters
Sonne hoch oben stand, passierte er die Stelle, von der er losgelaufen war, und ging noch ungefähr eine Stunde lang weiter, bis er den Strand vor der Hütte erreichte. Er blieb stehen und stand da und betrachtete sie eine Weile, dann ging er hinein.
Alles war so, wie er es verlassen hatte, und Roy war noch im Schlafzimmer. Jim aß Suppe direkt aus der Dose, ohne sie aufzuwärmen, legte sich auf den Fußboden, wickelte sich in die Decke und schlief.
Als er aufwachte, fror er heftig, und es war Nacht. Er fand die Lampe und machte Feuer im Ofen. Ich werde ab jetzt vorsichtigersein, sagte er, während er Holz nachlegte. Und ich kümmere mich um alles. Ich finde jemanden auf dieser Insel und benachrichtige Roys Mutter und bereite Roy eine zünftige Beerdigung. Heute gehe ich los.
Er aß noch eine Dose Suppe, danach Instant-Kartoffelbrei und schlief noch ein paar Stunden und wachte am Morgen auf. Okay, sagte er, sobald er die Augen geöffnet hatte, ich gehe.
Er steckte den Ofen wieder an und machte Frühstück. Beim Essen fiel ihm ein, dass er eine Nachricht hinterlassen sollte. Wer die Hütte so vorfand, aufgebrochen mit Roy hinten im Schlafzimmer, und merkte, dass er hier gehaust hatte, würde auf falsche Gedanken kommen. Und das Küchenfenster musste er auch verschließen, damit nichts hereinkam und sich über das Essen hermachte oder über Roy.
Jim kramte in den Schubladen und fand einen Stift und einen Umschlag, auf den er schreiben konnte. Ich bin Hilfe holen, schrieb er. Mein Sohn hat sich umgebracht und ist im hinteren Zimmer. Ich konnte niemanden erreichen. Mit dem Boot bin ich nicht weitergekommen. Ich laufe jetzt die Insel ab und versuche, Hilfe zu holen, dann komme ich zurück. Er las die Notiz mehrmals durch, und als ihm nichts Besseres einfiel, unterschrieb er sie, nahm sich einige Vorräte und steckte die Decke in einen Müllbeutel für den Fall, dass er draußen würde übernachten müssen.
Das Fenster war ein Problem. Er hatte keinen Hammer und keine Nägel oder überhaupt nur brauchbare Bretter. Also schleppte er den kaputten Außenborder zum Schuppen und zertrümmerte damit die Tür wie zuvor das Küchenfenster. Als das geschafft war, ruhte er sich aus und schöpfte Atem, befreite sich von den Holzsplittern und ging die Lampe holen, um den Schuppen zu durchsuchen.
Alle Werkzeuge waren dort: Axt, Schaufel, Sägen, Hammer, Nägel, selbst eine Schleifmaschine und eine Kettensäge und Ketten und eine Ratsche und Schraubenzieher und -schlüssel, alles rostete hier vor sich hin. Jim schlug mit der Axt ein großes Stück aus der Tür und trug es zum Küchenfenster, um es anzunageln. Zuvor allerdings ging er noch einmal hinein, um sich von Roy zu verabschieden und ihn von seinem Vorhaben zu unterrichten. Ich kümmere mich jetzt um alles, sagte er von der Schlafzimmertür aus. Tut mir leid, dass bisher alles so schiefgelaufen ist, aber jetzt habe ich den Dreh raus. Dann nahm er den Proviant und die Decke und die Nachricht, nagelte das Brett übers Fenster, nagelte die Nachricht an und zog los.
Es war bereits später Vormittag. Er hätte sich früher aufmachen sollen. Immerhin gehe ich überhaupt, sagte er sich. Er wanderte die Küste entlang über die gestrige Stelle hinaus. Er ging zügig weiter und hielt Ausschau nach Booten oder Hütten oder Trampelpfaden, die vielleicht von Menschen genutzt wurden. Es herrschte so klare Sicht, dass ein Boot sein Winken sehen könnte. Die Luft war auch nicht zu kalt, und die einzigen Wolken waren dünn und hoch oben.
Dieser Küstenstreifen mit gebändertem Stein und Sturmholz und dunklem Sand erschien Jim archaisch, prähistorisch. Auf seiner stundenlangen stillen Wanderung, während der er nichts weiter hörte als seine Schritte und hin und wieder einen Vogel und den Wind und kleine Wellen, kam er sich vor wie der einzige Mensch, der hergekommen sein mochte, um nachzusehen, was sich tat auf der Welt. Während er darüber nachsann, lief er katzenhafter, hüpfte von Stein zu Stein und sehnte sich nach dieser Schlichtheit, dieser Unschuld. Er wünschte, nicht der gewesen zu sein, der er war, und niemanden zu finden. Wenn er jemanden fand, müsste er seineGeschichte erzählen, die, wie er sich nun selbst eingestand, nur schrecklich klingen konnte.
Er wanderte weiter um eine Landspitze nach der anderen, deshalb war ihm, als würde er die Insel umrunden, sicher war er sich allerdings erst, als die Sonne diesmal etwas weiter hinten unterging. Offensichtlich war es eine
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